Wie das "von" von von Künsberg Sarre in ihren Namen kam

Für ungewöhnliche Rückmeldungen sorgte ein KURIER-Vorschauartikel auf die Plenarwoche. So erkündigten sich Leser, warum der Redakteur "mit seltsamer Hartnäckigkeit" den Namenszusatz "von" bei der Neos-Bildungssprecherin Martina von Künsberg Sarre erwähnte. Immerhin verbiete das Adelsverbotsgesetz von 1919 diesen Namenszusatz: "Das sollte ein Journalist wissen!"
Das stimmt grundsätzlich: Das "von" ist laut dem Gesetz, das nach dem Zerfall Österreich-Ungarns beschlossen wurde, ebenso untersagt wie das Führen anderer adeliger Standesbezeichnungen oder Prädikate – sei es Freiherr, Ritter oder Fürst; Edler, Durchlaucht oder Hoheit. Ebenso verboten: Familienwappen sowie ausländische Adelstitel, ob Conte oder Marchese.
Eine Fall für den EGMR
Doch der Fall "von Künsberg Sarre" ist anders gelagert. 2018 hatte die Stadt Graz der Familie von Künsberg Sarre aufgrund des Adelsverbotsgesetzes untersagt, das "von" in ihrem Namen zu verwenden. Dagegen legten wiederum vier Künsberg Sarres – die Neos-Politikerin nicht – Beschwerde ein.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg gab der Familie im Jänner 2023 Recht. Mit welcher Begründung? Nun, die Betroffenen hatten das "von" seit Jahrzehnten in ihren Ausweisen und Urkunden geführt.
Bis 2018 war das der Justiz egal. Der EGMR erachtete es deshalb als nicht gerechtfertigt, dass das Gericht nach so langer Zeit den Namenszusatz untersage und damit stark in das Privat- und Familienleben der Personen eingreife.
Die von Künsberg Sarres argumentieren übrigens auch, dass ihr "von" gar kein Adelstitel sei. Laut EGMR beharrten sie "insbesondere darauf, dass sie nicht adeliger Herkunft seien und dass ihr Nachname ein Phantasiename sei, der durch die Wirren des Zweiten Weltkriegs und der kubanischen Revolution entstanden sei". Doch das spielte beim EGMR-Spruch keine Rolle.
Nun müsste Neos-Politikern Martina von Künsberg Sarre das "von" natürlich nicht verwenden – was sie auch in den vergangenen Jahren nicht tat. Etwa seit Jahresbeginn taucht der vermeintliche Adelstitel aber wieder in Aussendungen der Neos, der Parlaments-Homepage oder ihrem Newsletter zur Bildungspolitik auf. Warum? Weil das eben ihr korrekter Name sei, heißt es von Seiten der Neos.
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