Volksbegehren für psychische Gesundheit Jugendlicher startet
von Antonia Fließer
Mit Montag startet die Eintragungswoche des Mental Health Jugendvolksbegehrens. Unterschrieben werden kann es bis zum 9. Mai entweder online mit der Bürgerkarte beziehungsweise Handysignatur oder persönlich im Gemeindeamt oder Magistrat. „Jede Unterschrift bedeutet für uns eine weitere Person, die sich mit uns gemeinsam für die psychische Gesundheit von uns Kindern und Jugendlichen einsetzt“, sagt Carina Reithmaier, Initiatorin des Jugendvolksbegehrens, die so viele Stimmen wie möglich sammeln möchte. Bisher konnten 20.000 Unterstützungserklärungen gesammelt werden. Damit das Volksbegehren in den Nationalrat kommt, sind noch weitere 80.000 Unterschriften nötig.
"Ja, wir müssen etwas tun"
Barbara Haid, Präsidiumsmitglied des Österreichischen Bundesverbands für Psychotherapie, bewertet die Zahlen zur psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Österreich bei der Pressekonferenz am Montag als erschreckend und alarmierend. „Ja, wir müssen etwas tun“, appelliert Haid. Jeder zweite Jugendliche leide an depressiven Symptomen und jeder sechste Jugendliche habe wiederholt Selbstmordgedanken. Suizid sei unter Jugendlichen die zweithäufigste Todesursache.
In einer Schulklasse mit beispielsweise 24 Schülerinnen und Schülern würden demnach zwölf von ihnen depressive Symptome aufweisen und vier davon würden wiederholt darüber nachdenken sich das Leben zu nehmen. Den neuen Zwischenergebnissen einer Studie der Uni Krems zufolge würde sich die Situation weiter verschlechtern. Beispielsweise weisen 72 Prozent der an der Studie teilgenommenen Mädchen depressive Symptome auf.
Mangelware: Kinder- und Jugendpsychiater
Problematisch in dieser Situation sei laut Thomas Szekeres, Präsident der Österreichischen Ärztekammer, der große Mangel an Kinder- und Jugendpsychiatern. Österreichweit gäbe es nur 36 Kinder- und Jugendpsychiater mit Kassenarztvertrag. Gebraucht werden würden wesentlich mehr. Gleichzeitig betreue eine Schulpsychologin derzeit alleine 6.077 Schüler und Schülerinnen. „Unserer Meinung nach muss bei dem Thema vor allem präventiv angesetzt werden. In der Schule verbringen Kinder und Jugendliche die meiste Zeit und deshalb wollen wir auch genau da mit unserem Volksbegehren ansetzen“, sagt Reithmaier.
Niederschwellige und präventive Maßnahmen
„Was es braucht sind ein niederschwelliger Zugang zur Medizin, präventive Angebote und wir brauchen eine gute Versorgung unserer Kinder und Jugendlichen“, sagt Szekeres. Es müsse in die Ausbildung von Kinder- und Jugendpsychiater investiert werden, um den Fachpersonalmangel zu beseitigen.
In der psychologischen Betreuung soll besonders die Prävention und Früherkennung gefördert werden. Reithmaier erklärt, dass eine frühe Unterstützung drastischen Veränderungen bei Kindern und Jugendlichen potentiell vorbeugen kann. An jeder Schule bräuchte es zumindest einen Schulpsychologen oder einen Schulpsychotherapeuten und einen Schulsozialarbeiter. Der Zugang zu Vertrauenspersonen, Schulpsychologen und Schulsozialarbeiter soll für Kinder und Jugendliche so niederschwellig und diskret wie möglich gestaltet werden.
Auch das Lehrpersonal gehöre im Umgang mit psychologischen Problemen aus- und weitergebildet, um ebenfalls Präventionsarbeit leisten zu können. Die Kinder und Jugendlichen sollen präventiv mehr über Psychische Gesundheit lernen, beispielsweise sollen die Themen Teil des Unterrichtstoffs werden. Themen wie psychische Krankheiten und Therapie sollen an der Schule enttabuisiert und entstigmatisiert werden. Haid sieht trotz der alarmierenden Situation Hoffnung durch das Volksbegehren. „Nicht jedes psychisch belastete Kind, nicht jeder psychisch belastete Jugendliche muss das auch dauerhaft bleiben. Und zwar dann nicht, wenn etwas getan wird.“
Kommenden Freitag lädt die Initiatorin des Jugendvolksbegehrens um 20 Uhr am Heldenplatz ein, mit einem Lichtermeer ein Zeichen für die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen zu setzen.
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