Viele kleine Schritte statt eines großen New Deals

Froh zu sein bedarf es wenig: Gewerbeordnung wird leicht vereinfacht.
Analyse: Um ihr Image zu verbessern und zu beweisen, dass nicht nur gezankt wird, haben Rot und Schwarz Reformen am laufenden Band versprochen. Tiefgreifendes ist ein knappes halbes Jahr nach Antritt von Kanzler Kern aber ausgeblieben.

Im Mai, als Christian Kern Kanzler wurde, war sein Urteil über das bisherige Wirken der Koalitionäre hart: "Wenn wir weiter ein Schauspiel der Machtversessenheit und der Zukunftsvergessenheit liefern, haben wir nur noch wenige Monate bis zum endgültigen Aufprall." Er gelobte neuen Stil und einen New Deal. Tatsächlich ging es großteils weiter wie gehabt: Viel Zwist, wenig Arbeitsnachweis.

"Im Herbst müssen wir beweisen, dass es geht", hatte Kern Anfang September befunden. Fünf inhaltsschwere Pakete kündigten er und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner an, einen Zeitplan legten sie bei. Bis 8. November soll alles abgearbeitet sein. Wurde und wird erledigt, was versprochen worden ist?

Gewerbeordnung

Nach Hängen und Würgen haben Rot und Schwarz gestern ihre Pläne für die künftige Gewerbeordnung präsentiert. Die Zahl der reglementierten Gewerbe bleibt mit rund 80 fast gleich, Unternehmer bekommen aber etwas mehr Freiheiten (Seite 3). Der große Wurf ist das nicht, man hat sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner verständigt.

Entbürokratisierung

Ab 2017 gibt es den automatischen Lohnsteuerausgleich. Für die Bürger soll es weniger Behördenwege geben (siehe unten).

Sicherheit

Das Heer soll mehr Kompetenzen im Inland bekommen (Botschaftsüberwachung etc.). Geheimdienste von Polizei und Heer sollen besser kooperieren.

Bildungsreform

Mitte Oktober haben Rot und Schwarz eine Reform präsentiert, die den Schulen mehr Autonomie bringt. Der Direktor entscheidet künftig, welche Lehrer aufgenommen werden, wann die Schule offen hat, ob sie ganztägig ist, wann und wie unterrichtet wird. Klassen- und Gruppengrößen sowie die Dauer der Unterrichtseinheiten können nach Bedarf festgelegt werden. Gesetzlich ist allerdings noch nichts davon fixiert.

Wirtschaftsförderung

Für Klein- und Mittelunternehmen gibt es in den kommenden zwei Jahren eine 175 Millionen Euro schwere "Investitionszuwachsprämie". Mit der sollen Investitionen von 1,2 Milliarden Euro bewirkt werden – um 25.000 Jobs zu sichern. Analog zur KMU-Prämie gibt es 2017 ein Anreiz-Programm für die Gemeinden, die Projekte mit bis zu zwei Millionen Euro zur Förderung einreichen können.

Start-ups

Schon im Sommer haben die Regierenden Neuerungen vorgelegt, um junge Firmen mit innovativen Geschäftsideen zu fördern. Es gibt 185 Millionen Euro, zudem 100 Millionen Euro an Garantien für die Startphase. Damit sollen 1000 Start-ups und bis zu 15.000 neue Jobs entstehen.

Ganztagsschulen

Ebenfalls im Sommer wurde vereinbart, die Bankenabgabe zu reduzieren – von 640 auf 100 Millionen Euro jährlich. Die Banken zahlen aber einmalig eine Milliarde Euro, die für Bildung und Forschung zweckgewidmet wird. 750 Millionen davon werden für den Ausbau von Ganztagsschulen verwendet. Bund und Länder streiten aber noch immer, wer wie viel bekommen soll.

Weiters offen sind Reformen bei:

Forschung

Diese sind für den 8. November angekündigt.

Integration

Mangels Konsenses gab es Mitte Oktober nur einen Zwischenbericht über bisherige Aktivitäten – etwa den Ausbau der Deutsch- und Wertekurse.

Mindestsicherung

Über die Sozialhilfe-neu wird seit Langem debattiert (siehe Seite 3).

Pensionen

Im Februar hat die Regierung eine Pensionsreform in Aussicht gestellt. Es gibt mittlerweile einen Entwurf, Strittiges wurde aber großteils ausgespart.

Flüchtlinge

Auf Drängen der Gemeinden hat die Regierung eine Liste jener gemeinnützigen Tätigkeiten (32) veröffentlicht, zu denen Asylwerber herangezogen werden können – deren Einverständnis vorausgesetzt. Sie reicht von Unterstützung in der Verwaltung bis zu Straßenreinigung und Schülerlotsendienst. Offen ist die Entlohnung: Die SPÖ will, dass es fünf Euro pro Stunde gibt, die ÖVP will nur 2,50 Euro.

"Kalte Progression"

Mit dem Wirtschaftspaket hätte es auch das Aus für die "kalte Progression" geben sollen. Das wurde aufgeschoben.

Sozialversicherung

Es wird eine Studie erstellt, eine Reform für 2017 angepeilt.

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