Viele Austrotürken würden Land für Geld verlassen

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53,5 Prozent würden in Umfrage von Erdogan-naher UETD sofort das Land verlassen. 39,8 Prozent wollen finanzielles Angebot des Staates.

"Als Aufforderung, Österreich zu verlassen" will UETD-Vorsitzender Cem Aslan die Umfrage seiner Organisation auf keinen Fall verstanden wissen. Man wolle damit lediglich das Stimmungsbild in der türkischen Community verdeutlichen, erklärt er gegenüber kurier.at.

Und dieses Stimmungsbild ist ziemlich eindeutig.

"Würden Sie aus Österreich wegziehen?", fragte die Erdogan-nahe UETD 1270 türkischstämmige Österreicher. "Selbstverständlich", sagten 53,5 Prozent. Weitere 39,8 Prozent würden auf ein finanzielles Angebot eingehen. Nur 6,7 Prozent beantworteten diese Frage mit "Nein, Österreich ist meine Heimat."

Von dem guten Drittel, die auf ein entsprechendes Angebot reagieren würden, gaben wiederum 43,8 Prozent an, Österreich für 100.000 Euro zu verlassen. 16,6 Prozent wollen 50.000 Euro. 27,6 Prozent würden sich mit einer Summe zwischen 10.000 und 20.000 Euro zufrieden geben und rund 30 Prozent würden ein individuell ausgehandeltes Ergebnis bevorzugen, berichtet die Presse.

Und wohin würden sie ausreisen? 88,8 Prozent beantworteten diese Frage mit Türkei.

Vor einem Jahr, ist sich Aslan sicher, wäre das Ergebnis der Umfrage jedoch noch ganz anders ausgefallen. Es seien die jüngsten Wortmeldungen österreichischer Politiker, die die türkische Community schwer getroffen, hätten. "Keiner scheint daran zu denken, dass in Österreich 300.000 Menschen mit türkischem Hintergrund leben." Als repräsentativ kann die Umfrage jedoch nicht bezeichnet werden. Die "Union Europäisch-Türkischer Demokraten" gilt als konservative Lobby-Organisation der türkischen Regierungspartei AKP.

Demonstrationen in Wien sorgten für Unmut

Von der UETD organisierte Demonstrationen sorgten in der Vergangenheit auch für innenpolitischen Unmut. "Wer sich in der türkischen Innenpolitik engagieren will, dem steht es frei, unser Land zu verlassen", sagte Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) in Richtung UETD-Demonstranten, nachdem diese nach dem gescheiterten Putschversuch in der Türkei für Präsidenten Erdogan auf die Straße gegangen waren.

Die Umfrage ist laut Aslan auch als Reaktion auf den Offenen Brief der "Neuen Bewegung für die Zukunft" (NBZ) gedacht. Wie der KURIER berichtete, verfasste die NBZ vor wenigen Wochen einen Offenen Brief an Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) und stellte darin fest: "Dutzende Arbeiter wären bereit, Österreich mitsamt ihren Familien zu verlassen" - allerdings nicht ohne finanziellen Zuschuss. Konkret wurden die Auszahlung bisher eingezahlter Sozialleistungen wie auch Beiträge in die Pensionskassa gefordert.

Der Brief spiegle die Meinung von Hunderten türkischstämmigen Migranten aus ganz Österreich wider, hieß es damals von Seiten der NBZ.

Wie die Umfrage der UETD reflektierte sie aber vor allem das politische Hick-Hack zwischen der Türkei und Österreich, das nach dem gescheiterten Putschversuch mit täglich neuen Wortmeldungen aus Ankara und Wien weiter angefacht wurde. Seit dem Putschversuch in der Türkei habe das "Vertrauen und das Zugehörigkeitsgefühl von Menschen, die seit einer geraumen Zeit in Österreich leben, aber immer noch im ursprünglichen Heimatland verwurzelt sind, rapide abgenommen".

Laut Statistik Austria lebten vergangenes Jahr 273.000 Menschen mit türkischem Migrationshintergrund in Österreich. Davon gehörten etwa 155.400 der ersten Generation an. 117.000 Menschen werden der zweiten Generation zugerechnet.

Bericht von diePresse.com

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