VfGH vertagt Entscheidung zu oberösterreichischer Mindestsicherung

VfGH vertagt Entscheidung zu oberösterreichischer Mindestsicherung
Höchstgericht leitet Prüfung der burgenländischen Mindestsicherung ein. Bedenken wegen Wartefrist und Deckelung.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der oberösterreichischen Mindestsicherung auf seine nächste Beratungsrunde vertagt, die Ende November beginnt. Zugleich hat der VfGH eine amtswegige Prüfung von Bestimmungen des burgenländischen Mindestsicherungsgesetzes angemeldet.

Die Vertagung der Prüfung der oberösterreichischen Mindestsicherung auf Dezember könnte zu einer Verzögerung der Regierungspläne zu einer bundesweiten Reform der Mindestsicherung auf nächstes Jahr führen. Im Sozialministerium rechnet man wegen der Vertagung der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs zur Rechtmäßigkeit der oberösterreichischen Mindestsicherung aber nicht damit. Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) werde den Entwurf wie geplant im November in Begutachtung schicken, hieß es aus ihrem Büro.

Die Bundesländer machen bei der Neuordnung der Mindestsicherung Druck: Bei einem Treffen in Salzburg haben die Sozialreferenten der Länder Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) am Freitag einstimmig aufgefordert, "ehestmöglich" einen Entwurf für ein Grundsatzgesetz des Bundes vorzulegen und sich mit den Ländern noch vor Beginn der Begutachtung fachlich und politisch auszutauschen.

"Eine Husch-Pfusch-Aktion wollen wir für die Mindestsicherung vermeiden, weil diese ein ganz wesentlicher Baustein in der Sozialpolitik ist. Und da sollen die Länder berücksichtigt werden", betonte der Salzburger Sozialreferent LHStv. Heinrich Schellhorn (Grüne) als derzeit Vorsitzender nach dem Treffen vor Journalisten. "Es ist ein fein ziseliertes Thema, weil es sich um das unterste soziale Auffangnetz handelt", ergänzte sein Wiener Kollege Peter Hacker (SPÖ). "Wir sind sehr unzufrieden, dass eine essenzielle Frage wie die der Armutsbekämpfung so lange in der politischen Warteschleife hängt", so Hacker. Angekündigt war der Entwurf der Ministerin laut Schellhorn bis Ende Juni. Zuletzt hat Hartinger-Klein den Entwurf für November in Aussicht gestellt und diesen Termin trotz der Vertagung der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs zur Rechtmäßigkeit der oberösterreichischen Mindestsicherung am Freitag nochmals bekräftigt. 

Spielräume

Einig waren sich die Bundesländer auch darin, dass ein Bundesgesetz noch genug Freiraum für Länderspezifika lassen muss. So würden beispielsweise im Burgenland Mietkosten keine Rolle bei der Mindestsicherung spielen, im Vorarlberg hingegen sehr stark. 

Die türkis-blaue Regierung orientiert sich ja punkto Deckelung und Bestimmungen für Fremde an den Eckpunkten der oberösterreichischen Regelung. Regierungsvertreter hatten zuletzt anklingen lassen, dass man vor einem Beschluss der Mindestsicherung neu noch die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs abwarten wolle. Bei der Prüfung durch den VfGH, die vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich angefordert wurde, geht es um die Frage der "Verfassungsgesetzmäßigkeit der Leistungsdeckelung".

Eine Punktation zur neuen Mindestsicherung wurde schon Ende Mai im Rahmen der Regierungsklausur in Mauerbach präsentiert. Demnach planen ÖVP und FPÖ, dass die Mindestsicherung in Zukunft maximal 863,04 Euro für Einzelpersonen beträgt. 300 Euro davon erhalten Personen nur mit österreichischem Pflichtschulabschluss oder wenn sie gewisse Voraussetzungen wie das Deutschniveau B1 oder Englischlevel C1 erfüllen. Wer nicht ausreichend Deutsch kann, bekommt nur 563 Euro. Das entsprechende Grundsatzgesetz soll den Ländern einen relativ engen Rahmen vorgeben, ihnen in der Ausführung aber gewissen Spielraum lassen.

Beschwerde einer Familie

Anlass für die amtswegige Prüfung des burgenländischen Mindestsicherungsgesetzes ist die Beschwerde einer sechsköpfigen Familie, die als Mindestsicherung eine gedeckelte Leistung von 1.500 Euro pro Monat zuerkannt bekommen hat. Bei der Berechnung waren zudem die niedrigeren "Mindeststandards Integration" zur Anwendung gekommen. Im Prüfungsbeschluss verweist der VfGH darauf, dass er bereits in seiner Entscheidung zur niederösterreichische Mindestsicherung festgestellt hat, dass die Aufenthaltsdauer im Inland kein sachliches Kriterium für die Gewährung geringerer Leistungen ist. Wie die damals aufgehobene Bestimmung scheine auch die burgenländische Regelung "sowohl Staatsbürger untereinander, als auch Fremde untereinander - abhängig von ihrem bisherigen Aufenthalt im Inland - ungleich zu behandeln".

Bedenken hat der Verfassungsgerichtshof außerdem punkto Deckelung der Mindestsicherung. Diese scheint dazu zu führen, dass für unterschiedliche Bedarfslagen betragsmäßig gleich hohe Leistungen zur Anwendung kommen und daher Ungleiches gleich behandelt wird. Eine Entscheidung über die burgenländische Mindestsicherung fällt ebenfalls frühestens in der nächsten Session. Diese beginnt am 26. November 2018.

Grüne orten "Peinlichkeit"

In der burgenländischen Landesregierung reagierte man unterdessen gelassen auf die Ankündigung einer Prüfung. Aus dem Büro des burgenländischen Soziallandesrates Norbert Darabos (SPÖ) hieß es dazu lediglich, dass man die Entscheidung abwarten werde. Die beste Lösung wäre eine bundeseinheitliche Regelung. Derzeit werde darauf gewartet, dass der Bund etwas vorlege.Die Grünen haben von einer "Peinlichkeit" gesprochen, die sich das Land hätte ersparen können. Sie habe bereits vor der Beschlussfassung davor gewarnt, dass die Passagen einer verfassungsrechtlichen Prüfung nicht standhalten würden, meinte Landessprecherin Regina Petrik.

Kommentare