Spindelegger verspricht schnelle Reformen

Michael Spindelegger: "Ich möchte ernsthaft reden und nicht ideologisch."
Der Finanzminister will Steuersenkungen nun doch durch Bürokratie-Abbau ermöglichen.

KURIER: Herr Vizekanzler, der Druck von allen Seiten wird größer. Gibt es doch noch im Jahr 2015 eine Steuerreform?

Michael Spindelegger: Damit wir uns eine Steuerreform leisten können, brauchen wir eine Strukturreform. Dafür starte ich jetzt eine Initiative. Ich fordere alle auf, springen wir über unsere Schatten, machen wir endlich Reformen.

Da werden Sie über viele Schatten springen müssen. Wenn Sie es schaffen, ist dann eine Steuerreform 2015 realistisch?

Es ist dann realistisch, wenn sie leistbar ist. Also reden wir über Reformen.

Welchen Spielraum für eine Steuerreform planen Sie?

Für eine richtige Entlastung, also eine Senkung des Eingangssteuersatzes Richtung 25 Prozent, brauchen wir um die 4,5 Milliarden Euro.

Wir haben einen kompliziert aufgebauten Staat, das ist schon mal teuer. Und dann vergibt noch jeder Förderungen.

Wir brauchen eine Kompetenzbereinigung zwischen Bund und Ländern. Beispiel Bildung, da müssen wir über einen Schatten springen. Ich bin dafür, dass wir die Verwaltung der Lehrer den Ländern übertragen, die Gesetzgebung muss beim Bund bleiben. Da sparen wir Geld.

Da müssen Sie erst die SPÖ gewinnen.

Ja, aber ich sage ja, wir müssen über mehrere Schatten springen.

Wie wird die Bürokratiereform?

Umfassend. Wir haben zu viel Bürokratie aufgebaut. Ich möchte die besten Köpfe des Landes versammeln und erwarte von diesen auch unkonventionelle Vorschläge. Der neue Präsident des Verwaltungsgerichtshofs Thienel wäre bereit, eine solche Kommission zu leiten.

Aber das kann doch ganz schnell gehen, die Vorschläge hat Präsident Fiedler schon vor 10 Jahren ausgearbeitet.

Ja, da gibt es viele Vorschläge, die müssen wir schnell auf den letzten Stand bringen. Ich möchte aber auch noch bei den Pensionen und bei den Sozialversicherungen nachschärfen, da gibt es auch noch etwas zu sparen. Dort galoppieren uns die Kosten noch immer davon. Die Struktur der Sozialversicherung muss reformiert werden.

Spindelegger verspricht schnelle Reformen
Interview mit BM Michael Spindelegger im Finanzministerium. Wien, 20.03.2014
Und dann gibt es noch die vielen Milliarden Förderungen. Da ist ja nicht einmal bekannt, wenn eine Firma oder ein Verein von mehreren Stellen gefördert wird.

Bund, Länder und Gemeinden sollten definieren, welche Förderungen die Gebietskörperschaften ausgeben, und dann müssen alle ohne Scheuklappen darüber nachdenken, wo man etwas wegzwicken kann.

Die Leute sind auch ungeduldig, weil diese Reformen immer so lange dauern. Muss man nicht auch den Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, der für 2016 geplant ist, vorziehen?

Wir brauchen Reformen als Grundlage für den nächsten Finanzausgleich.

Wo wollen Sie bei den Pensionen sparen?

Da gibt es noch immer Länder, die keine Reformen gemachthaben.

Aber das können Sie vom Bund aus nicht ändern.

Aber ich muss das Bewusstsein schärfen. Ich will nicht immer nur beim Zuwachs der Pensionen kürzen, wir müssen eine Antwort auf die alternde Gesellschaft finden.

Kommen wir zur Bundesverwaltung, da gibt es allein vier IT-Rechenzentren, eines würde auch reichen.

Ich gehe noch darüber hinaus, jedes Ministerium hat eine eigene EDV, das könnten wir alles zentral im Bundesrechenzentrum machen. Und es wird ja das Amt der Bundesregierung geben, wo die Verwaltung zentral abgewickelt werden soll.

Aber da werden Sie den Beamtengewerkschafter Neugebauer an der Hand nehmen und über einen großen Schatten springen müssen.

Ja, das ist ein großer Schatten, aber wir haben uns auch beim Lehrerdienstrecht durchgesetzt. Der Koalitionspartner soll nicht immer sagen, " Bei eure Leut’ müsst’s was tun, aber selber tun wir nichts". Stichwort Pensionen, Stichwort Sozialversicherungen. Wir organisieren jetzt das Frühlingserwachen der Bundesregierung und ziehen in diesem Jahr die Reformen durch.

Und die Länder machen mit?

Ich habe mit allen fünf ÖVP Landeshauptleuten diese Punkte abgestimmt. Die ÖVP-geführten Bundesländer sind bereit, mitzumachen.

Das heißt, Sie wollen mit der SPÖ Reformen abtauschen?

Ich schlage keine Junktims vor und mache auch keine Schuldzuweisungen, aber die Bevölkerung glaubt, wir schützen nur unsere Klientelen. Diese Vorurteile will ich zerschlagen. Mit Strukturreformen erarbeiten wir uns eine Steuerreform.

Für große Reformen müssen Sie die Verfassung ändern.

Ja, da werden wir mit der Opposition reden. Die sagt ja immer, dass sie Reformen will.

Kommen wir zum Steuerrecht. Wann wird das einfacher?

Da wird in Kürze eine Gruppe im Finanzministerium unter Führung von Sektionschef Mayr zusammentreten. Die Experten werden eine einfachere Systematik ausarbeiten. Die müssen den gordischen Knoten der hunderttausend Ausnahmen durchschlagen.

Wie schnell wird das gehen?

Sehr zügig, ich möchte noch in diesem Jahr einen Vorschlag für eine neue Steuersystematik machen. Machen wir es endlich anders.

Aber Sie werden auch um eine Diskussion um vermögensbezogene Steuern nicht herumkommen. Das verlangen ja nicht nur SPÖ und sozialistische Gewerkschafter sondern auch christdemokratische, und sogar Landeshauptmann Haslauer kann sich das vorstellen, wenn die Einkommensteuer gesenkt würde.

Ich möchte ernsthaft reden und nicht ideologisch. Außerdem haben wir schon vermögensbezogene Steuern zuhauf. Wenn ich bei Aktien oder Immobilien einen Gewinn mache, muss ich den versteuern. Lassen wir die Ideologie beiseite und schauen wir uns die großen Brocken an, das sind die vielen Ausnahmen.

Bei unseren hohen Einkommensteuern kann sich auch eine Familie des Mittelstands nur mehr eine Wohnung kaufen, wenn sie etwas erbt.

Immerhin lebt die Hälfte der Österreicher im Eigenheim

Ja, weil es früher möglich war.

Da müssen wir die Preise herunterbringen durch ein höheres Angebot. Und natürlich müssen wir die Steuerzahler entlasten, deshalb ist meine Botschaft: Machen wir jetzt endlich Reformen.

Wenn Ihre Kommission Vermögenssteuern vorschlägt, werden Sie dann darüber reden?

Es wäre eine Illusion zu glauben, mit einer Vermögenssteuer kann ich die Steuerzahler nachhaltig entlasten.

Würden Sie am Ende über den Schatten Vermögenssteuer springen?

Schauen wir, was die Experten vorschlagen wird. Ich will jedenfalls über Entlastungen und Reformen reden, nicht über neue Steuern.

Als Sie meinten, wir könnten uns keine Steuerreform leisten, konterte der Tiroler AK-Chef Zangerl, Ihr Parteifreund: "Wie lange können wir uns noch Spindelegger leisten?

Das halte ich schon aus.

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