Amtsgeheimnis gebrochen? Freispruch für Pilnacek

Christian Pilnacek
Der suspendierte Justizsektionschef Christian Pilnacek wurde vom Vorwurf, Amtsgeheimnisse verraten zu haben, freigesprochen.

Christian Pilnacek hat sich korrupt verhalten und sein Amt missbraucht. Das war im Kern der Vorhalt, den die Staatsanwaltschaft Innsbruck dem suspendierten Sektionschef und früherem Generalsekretär im Justizministerium macht. Pilnacek stand gerade im Wiener Straflandesgericht vor einer Richterin, ihm wurde vorgeworfen, das Amtsgeheimnis gebrochen zu haben.

Die Richterin folgte allerdings nicht den Vorhalten der Anklagebehörde und sprach Pilnacek frei. Ihm sei es tatsächlich um die Aufklärung eines Missstandes gegangen, sagte die Richterin.

Christian Pilnacek

Pilnacek und Verteidiger Rüdiger Schender

Konkret hat die Anklage behauptet, Pilnacek habe Amtsgeheimnisse verraten, weil er einer KURIER-Journalistin von einer Anzeige der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft erzählt hat. Die WKStA hatte Strafanzeige gegen eine Kollegin der Tageszeitung Die Presse eingebracht. Der Grund: Die Presse hat kritisch über die WKStA berichtet.

Öffentlich wurde die Korrespondenz zwischen Pilnacek und dem KURIER  deshalb, weil die Justiz das Handy des Sektionschefs beschlagnahmt hat. Laut dem anklagenden Staatsanwalt hatte Pilnacek nicht das Wohl der Justiz, sondern eigene Interessen - nämlich die öffentliche Diskreditierung der WKStA - im Blick.

Pilnaceks Verteidiger, Rüdiger Schender, erklärt in der Hauptverhandlung, sein Mandant habe ein "strukturelles Problem" aufdecken wollen. Kritischer Journalismus müsse möglich sein, ohne dass die betroffene Behörde mit Anzeigen reagiere. Pilnacek erklärt sich für nicht schuldig. 

Der Angeklagte  reagierte in seinen Wortmeldungen streckenweise durchaus emotional. Es sei nicht nur völlig falsch, dass er die WKStA habe schädigen wollen. Pilnacek warf dem Staatsanwalt zudem vor, im Eröffnungsplädoyer untergriffig agiert zu haben. "Sie zeichnen das Bild des ach so mächtigen Sektionschefs", sagte Pilnacek. 

"Es gibt keine Korruption, es gibt keinen Machtmissbrauch"

von Christian Pilnacek

All das, was ihm der Staatsanwalt nun im Eröffnungsplädoyer vorgeworfen habe, sei aber nicht Gegenstand der Anklage. "Es gibt keine Korruption, es gibt keinen Machtmissbrauch", so Pilnacek. Ihm das - auch im Hinblick auf das große mediale Interesse - nun öffentlich zu unterstellen, sei ein "persönlicher Untergriff".

Die Staatsanwälte Georg Schmid‐Grimburg sowie Andreas Leo räumten in ihren Vorträgen ein, dass die Anzeige der WKStA "überzogen“ gewesen sei und die Strafverfolger "dünnhäutig“ agiert hätten. Allerdings sei das Verfahren ohnehin eingestellt worden. Pilnacek sei es bei der Weitergabe der Information darum gegangen, dieses "Insiderwissen“ zu seinem privaten Vorteil zu verwenden ‐ und zwar um der WKStA zu schaden, mit der er seit längerem im Clinch gelegen sei, so Schmid‐Grimburg.

Belegt sei dies durch die Chatverläufe: So habe Pilnacek etwa geschrieben "Da zeige ich Ihnen etwas, was so erbärmlich ist“ oder "Bin noch am Überlegen, was ich mit diesem Wissen machten möchte“. Woher er die Anzeige überhaupt hatte, wurde im Verfahren nicht geklärt ‐ Pilnacek verweigerte dazu Angaben. Die Ankläger gehen jedenfalls davon aus, dass der Sektionschef diese aus der Oberstaatsanwaltschaft ﴾OStA﴿Wien erhalten hat, da der Leak an Pilnacek unmittelbar nach Vorlage des Aktes an die OStA erfolgte.

"Wie geht die Justiz mit Kritik um?"

"Ja, mir ist das passiert“, räumte Pilnacek vor Gericht die Weitergabe der Info ein. Er habe aber darauf gedrängt, dass die Information nicht unmittelbar veröffentlicht wird ‐ sondern erst nach Abschluss des Verfahrens und Verständigung Thalhammers. Das habe die „Kurier“‐Journalistin auch zugesichert. Als Motivation für die Weitergabe habe auch nicht die Schädigung der WKStA gedient, betonte Pilnacek. Ja, er sei über die Anzeige gegen Thalhammer empört gewesen ‐ hätte er der WKStA aber schaden wollen, hätte er auf eine unmittelbare Veröffentlichung gedrängt. In dem Chat bzw. darauffolgenden Gespräch mit der Journalistin sei es um eine grundsätzliche Frage gegangen, die ihn schon sein ganzes Berufsleben beschäftige: "Wie geht die Justiz mit Kritik um?“

Schlussplädoyer

Im Schlussplädoyer blieb die Staatsanwaltschaft dabei: Pilnacek hat das Amtsgeheimnis wissentlich gebrochen. "Und es ist hier nicht so, dass zwei wildgewordene Staatsanwälte gegen den Herrn Sektionschef vorgehen", so einer der Anklagevertreter.

Pilnaceks Anwalt, Rüdiger Schender, verwies einmal mehr darauf, dass Pilnacek selbst kein Interesse daran gehabt habe und hat, der WKStA zu schaden oder sie öffentlich bloßzustellen. Denn wenn er dies wirklich gewollt hätte, so Schender, so wäre es ein Leichtes gewesen, Journalisten zu finden, die die problematisierte Anzeige öffentlich machen. "Christian Pilnacek ist freizusprechen."

Die Richterin folgte der Argumentation der Verteidigung. Sie, die Richterin, habe den Eindruck, dass es Pilnacek darum ging, einen Missstand zu beheben.

Die Staatsanwaltschaft hat vorerst keine Erklärung abgegeben. Das Urteil ist damit noch nicht rechtskräftig.

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