Van der Bellen: "Bin überzeugt, dass ich eine Chance hab"
Alexander Van der Bellen hat sich am Sonntag erstmals seit der Bekanntgabe der Präsidentschaftskandidatur der Öffentlichkeit gestellt. In einer Pressekonferenz versprühte der grüne Ex-Parteichef Zuversicht. "Ich bin überzeugt, dass ich eine Chance habe; eine Chance, hinreichend viele Bürger zu überzeugen, ihr Vertrauen zu gewinnen und schlussendlich gewählt zu werden."
Er sei aber nicht naiv. "Ich weiß, ich bin ein Außenseiter." In den roten und schwarzen Parteiapparaten gebe es genügend Personen, die es für undenkbar hielten, dass nicht einer der ihren den Bundespräsidenten stellt. "Aber die Zeiten ändern sich, und ich bin überzeugt, ich habe eine Chance - eine ernste Chance." Und: "Meine Zeit wäre mir zu schade als Zählkandidat."
"Jetzt weiß ich endlich, wie es einem mittleren Hollywood-Schauspieler geht"
Erwartet wurde Van der Bellen von einer Vielzahl an Journalisten, das Klicken der Kameraauslöser wollte bei seinem Eintreffen kein Ende nehmen. "Danke für das Kommen", meinte er dazu mit einem Lächeln. "Jetzt weiß ich endlich, wie es einem mittleren Hollywood-Schauspieler geht."
"Ich bin ein verbindlicher Charakter"
Er sei überzeugt, dass er die Position des Bundespräsidenten gut wahrnehmen könne, sagte Van der Bellen. "Ich bin ein verbindlicher Charakter." Er würde nach innen parteiübergreifend verbinden und nach außen Österreich gut repräsentieren, versicherte er.
"Österreich hat mir als Flüchtlingskind viel geschenkt"
Die Herausforderungen bezeichnete er als enorm. Er verwies auf die Schere zwischen Arm und Reich, das kein Ende nehmende "Flüchtlingsdrama", den Klimawandel und den Umstand, dass sich Europa und die EU in der "wahrscheinlich tief greifenden Krise seit ihrer Geburt" befinde. Die Sprengung der Union hielte er für den "größtmöglichsten Fehler", betonte er.
"Ich würde vorschlagen, für den Moment der FPÖ nicht größere Bedeutung zuzumessen, als ihr zukommt"
Er hoffe aber ohnehin, dass die Österreicher klug genug seien, sich nicht für eine "Verzwergung" der einzelnen Staaten Europas einzusetzen. "Ich würde vorschlagen, für den Moment der FPÖ nicht größere Bedeutung zuzumessen, als ihr zukommt. Wer weiß, ob der Hype nicht in zwei Jahren vorbei ist, sie ihren Plafond schon überschritten haben. Ich kann mir ja was wünschen", so Van der Bellen.
"Da muss man sich ein bisschen zusammennehmen als Bundespräsident"
"Ich hoffe, dass ich nicht so ganz gebrechlich auf Sie wirke"
Fragen zu seinem fortgeschrittenen Alter ließ er nicht gelten, denn der vermutliche ÖVP-Kandidat Andreas Khol sei sogar einige Jahrgänge über ihm ins selbe Gymnasium wie er gegangen. "Ich hoffe, dass ich nicht so ganz gebrechlich auf Sie wirke." Dass er nicht auf den Griff zur Zigarette verzichtet, verteidigte er mit einer persönlichen Hypothese. "Die Summe der persönlichen Laster ist konstant. Was ist dann wenn?", so Van der Bellen. Unterstützen wird Van der Bellen übrigens Lothar Lockl. Er war von 2000 bis 2009 Kommunikationschef der Grünen unter Van der Bellen und wird nun sein Wahlkampfleiter.
Kritik von Jungen Grünen
Die Jungen Grünen warnen anlässlich der Kandidaturbekanntgabe von Alexander Van der Bellen vor einer "Fehleinschätzung". In einer Aussendung nach seiner Pressekonferenz am Sonntag kritisierten sie dessen "mittlerweile teils neoliberale wirtschaftspolitische Positionen". Die gesellschaftspolitisch liberalen Einstellungen hingegen begrüßen die Jungen Grünen.
"Van der Bellen ist der ideale Kandidat für Raiffeisen und Co. Er gilt als allwissende, ideologiefreie Instanz, steht in wirtschaftlichen Fragen aber weiter rechts als viele denken würden," so Bundessprecher Kay-Michael Dankl. Zwar hieß es, "mit Blick auf die anderen Kandidaturen wäre er nicht die schlechteste Wahl". Man werde jedoch auch die "politischen Schattenseiten und Risiken" bei Van der Bellen beleuchten.
Porträt:
ÖVP nominiert heute Kandidaten
Der ÖVP-Vorstand nominiert am Sonntagabend den Kandidaten der Volkspartei für die Bundespräsidentenwahl im April. Nachdem der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll ein Antreten abgelehnt hatte, dürfte die Entscheidung nun laut Medienberichten auf Seniorenbundobmann Andreas Khol fallen. Parteichef Reinhold Mitterlehner präsentiert den Kandidaten dann um 19 Uhr bei einem Fototermin.
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