Ausländische Absolventen "ideale Zuwanderer"

Ausländische Uni-Absolventen sind für den Vizerektor der Universität Wien, Heinz Faßmann, "ideale Zuwanderer". Sie seien hoch qualifiziert, hätten gute Deutschkenntnisse und erste Integrationsschritte hinter sich. "Doch Österreich ist nicht in der Lage oder bereit dazu, sie im Land zu halten", kritisierte Faßmann am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Wien Mängel bei der Rot-Weiß-Rot-Card.
Nur rund 16 Prozent der Studenten aus Drittstaaten bleiben nach ihrem Studienabschluss in Österreich, in Deutschland seien es 25 Prozent, in Kanada 33 Prozent, nannte Faßmann OECD-Zahlen. Er forderte Verbesserungen bei der 2011 eingeführten Rot-Weiß-Rot-Card, etwa die Ausweitung auf Bachelor-Studenten (derzeit erst ab Master-Level, Anm.), die Festlegung realistischer Einkommensgrenzen oder die Erhöhung der Job-Suchdauer von derzeit sechs auf zwölf Monate, denn Deutschland habe auf 18 Monate erhöht.
Keine Vereinfachung
Die Rot-Weiß-Rot-Card, über die Zuwanderer eine Aufenthaltsmöglichkeit in Österreich erhalten, habe zu keiner Vereinfachung bürokratischer Abläufe geführt, diese seien in Österreich "mühsamer als in Deutschland". So werde die Karte etwa von drei Ministerien administriert, es sei ein "komplexes und langsames System mit Schnittstellenproblemen", so Faßmann.
Eine Beschleunigung und Vereinfachung der Verfahren wäre nach Ansicht Faßmanns möglich. So müsste derzeit etwa ein kanadischer Wissenschafter, der in Vancouver lebt und ein Visum für Österreich braucht, Tausende Kilometer zur österreichischen Botschaft in Ottawa reisen, um die notwendigen Fingerprints abgeben zu können.
Deutschland aktiver
Deutschland, mit dem Österreich im Wettbewerb um Fachkräfte und Hochqualifizierte in Konkurrenz stehe, sei hier "ganz aktiv" geworden, verwies Faßmann etwa auf das Koalitionsabkommen der neuen Regierung. Darin strebt das Nachbarland an, bis 2020 den Anteil ausländischer Studenten auf ein Drittel zu steigern, die Hälfte aller Studenten sollte Auslandserfahrung haben.
Aber schon jetzt ist Deutschland deutlich weniger bürokratisch, wie die Erfahrungen des erst kürzlich an die Uni Wien berufenen Chemikers Nuno Maulide zeigen. Er wechselte mit seinem international zusammengesetzten Forschungsteam - und einem hochdotierten "Starting Grant" des Europäischen Forschungsrat (ERC) - vom Max-Planck-Institut für Kohlenforschung auf eine Professur nach Wien. Ein chinesischer Post-Doc aus seiner Arbeitsgruppe habe ungefähr doppelt so viele Dokumente für sein Visum in Österreich benötigt als für das Visum in Deutschland. Von März bis Oktober habe es gedauert, bis er alle Unterlagen zusammen hatte und das Verfahren beendet war. "Österreich will sicher so erfolgreich sein wie Deutschland, warum sind dann die Bedingungen so unterschiedlich", so Maulide, der auf die Vorteile von Leuten "mit unterschiedlichem Hintergrund und Erfahrungen" in einer Arbeitsgruppe verwies.
28 Prozent der Studenten aus Ausland
Die Uni Wien selbst sei "eine wirklich globale Universität", meinte Faßmann unter Berufung auf Zahlen aus dem kürzlich veröffentlichten "International Report" der Hochschule. 28 Prozent der rund 92.000 Studenten kämen aus dem Ausland, womit man weit vor anderen Unis liege. Die wichtigsten Herkunftländer seien Deutschland, Türkei und Italien, wobei die Zahl der Studenten aus Ost- und Südosteuropa fast so groß sei wie jene aus Deutschland.
Knapp 29 Prozent der Uni Wien-Absolventen haben einen Auslandsaufenthalt absolviert, von 100 wissenschaftlichen Mitarbeitern würden 36 eine nicht-österreichische Staatsbürgerschaft aufweisen, von 100 neuen Professoren wurden 70 aus dem Ausland berufen. 20 Prozent der 2012 eingeworbenen Drittmittel in Höhe von 77 Mio. Euro käme aus internationalen Töpfen, "weil die inländischen Töpfe nicht größer werden, bleibt uns nichts Anderes übrig", so Faßmann.
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