Heimische Betriebe buhlen um ausländische Uni-Absolventen
Der Name ist unaussprechlich, die Deutsch-Kenntnisse perfekt: Nyamdelger Sukhbaatar studiert Biotechnologie in Wien und möchte danach vielleicht ganz in Österreich bleiben. „Es gefällt mir sehr gut hier, alle sind so offen und freundlich“, schwärmt die junge Mongolin und schaut sich beim ersten „Speed-Dating“ der Wirtschaftskammer nach Karrieremöglichkeiten um.
80 Studierende der so genannten MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) aus Nicht-EU-Ländern trafen am Dienstagabend mit den Personalisten von 30 österreichischen Technologieunternehmen zusammen, um Kontakte zu knüpfen. Beim ersten „Speed-Dating“ ging es darum, Österreich als Arbeitsstandort für Hochqualifizierte aus Drittstaaten attraktiv zu machen und die Rot-Weiß-Rot-Card zu bewerben.
Im Vorjahr schlossen 1284 Nicht-EU-Bürger ein Studium in Österreich ab. Trotz erleichterter Zuwanderungsregeln tut sich Österreich aber schwer, diese Absolventen als oft dringend benötigte Fachkräfte im Land zu halten. Von den bisher vergebenen 2971 Rot-Weiß-Rot-Karten waren lediglich 300 für Uni-Absolventen, davon 80 aus Bosnien und 30 aus China. Obwohl schon jeder vierte Student aus dem Ausland kommt, bleiben nach dem Abschluss nur 16 Prozent im Land – in Deutschland sind es im Vergleich dazu 25, in Kanada 33 Prozent.
Bürokratiehürden
Die Bosnierin Alma Salibasic sucht nach ihrem Uni-Abschluss ganz konkret einen Job. Durch Bürokratiehürden und oft lange Wartezeiten für die Arbeitsbewilligung hätte sie einen Nachteil gegenüber inländischen oder EU-Bewerbern, berichtet sie, während sie beim Stand des Autozulieferers Pollmann ihre Jobchancen auslotet. Pollmann-Personalchef Ernst Wurz ist ganz Ohr, will er doch den Technikerinnen-Anteil weiter erhöhen.
Maschinenbauer, Elektrotechniker und Mechatroniker sind bei den Firmen besonders begehrt. 80 Stellen hat die Medizintechnik-Firma Otto Bock jährlich zu besetzen, die Rekrutierung läuft längst international. „Deutsch-Kenntnisse sind bei uns aber ein Muss“, sagt Personalchef Roland Uccusic. Beim Chemiekonzern Borealis ist die Unternehmenssprache hingegen Englisch.
Beim Halbleiterkonzern Infineon Österreich kommen die Mitarbeiter aus 55 Nationen, jeder fünfte ist ausländischer Staatsbürger. Der Nationenmix hat das Unternehmen veranlasst, in Villach eine eigene internationale Schule zu gründen.
200.000 Euro koste dem Staat eine Uni-Ausbildung, erklärt Peter Moser, Vizerektor der Montanuniversität Leoben. „Wir bilden viele junge Menschen aus, aber die heimische Wirtschaft hat nichts davon, weil ein Großteil der ausländischen Studierenden wieder zurück in ihre Heimat geht.“
Besonders in den naturwissenschaftlichen Fächern gäbe es aber akuten Fachkräftemangel. Die Technischen Universitäten bündeln daher ihre Kräfte und wollen ausländische Studierende verstärkt auf die Karrierechancen im Inland hinweisen. Laut aktuellen Daten des AMS erhielten bisher 2971 Arbeitskräfte aus Drittstaaten mittels Rot-Weiß-Rot-Card erleichterten Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt. Der Großteil davon waren Manager (673), Techniker (534) sowie Sportler (357), vor allem Eishockey-Spieler. Von den Herkunftsländern liegt Bosnien vor Russland und Kroatien. Lediglich 300 RWR-Karten gingen an Studienabsolventen.
Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz will daher ebenso wie die WKÖ eine Reform der RWR-Card. Konkret soll die Einkommensgrenze für Uni-Absolventen (derzeit 2000 Euro monatlich) herabgesetzt und auch Bachelor-Absolventen einbezogen werden. Sozialminister Hundstorfer ist mit Verweis auf den angespannten Arbeitsmarkt dagegen.
Die WKÖ hat auf ihrer internationalen Homepage www.advantageaustria.org eine eigene Kategorie „Working in Austria“ eingerichtet. Hier wird in 18 Sprachen über die RWR-Card informiert.
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