Umweltverfahren: Warum Behörden schneller werden müssen

Umweltverfahren: Warum Behörden schneller werden müssen
Einjahresfrist kommt; Justiz befürchtet, dass knifflige Fälle auf sie abgewälzt werden.

Der erste Entwurf zum neuen Standortentwicklungsgesetz ließ Juristen des Landes kollektiv mit dem Kopf schütteln: Eine automatische Genehmigung für Bauprojekte, wenn das Verfahren zu lange dauert? „Das war ganz klar verfassungswidrig“, sagt Experte Bernd-Christian Funk.

Auch Anwalt Michael Mendel, der Projektwerber vertritt, hielt den Entwurf im Sommer für „juristischen Humbug“.

Dieser Giftzahn wurde dem neuen Gesetz, das am Freitag vom Wirtschaftsausschuss von ÖVP, FPÖ und Neos abgesegnet wurde, gezogen. Kommenden Mittwoch soll es im Nationalrat beschlossen werden.

Skeptisch sind die Juristen, ob es wirklich zum Ziel führt, zur schnelleren Genehmigung von „standortrelevanten“ Projekten. Dieses Prädikat muss zunächst von einem Beirat – gebildet aus Fachleuten von sechs Ministerien – verliehen werden. Dann wird die Stoppuhr für die Umweltverträglichkeitsprüfung gestellt: Zwölf Monate hat die zuständige Umweltbehörde Zeit, zwingende Argumente gegen das Projekt zu finden.

Gibt es die nicht, und wird nach einem Jahr dennoch das Projekt nicht genehmigt, kann der Projektwerber sofort in die zweite Instanz gehen und muss nicht länger auf die Behörde warten; das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) entscheidet dann, ob das Projekt realisiert werden darf oder nicht.

Eine „Verfahrensförderungspflicht“ soll künftig verhindern, dass Projekte blockiert werden – darunter fallen eine eingeschränkte Redezeit der Streitparteien bei der Verhandlung oder Einschränkungen beim Vorlegen neuer Beweise. „Die Frage ist, wie gut dann die Grundlage für die Entscheidung ist. Es könnte passieren, dass nicht ausreichend in alle Richtungen ermittelt wird“, gibt Experte Funk zu bedenken.

Gerichte überlastet

Das Bundesverwaltungsgericht befürchtet indes, mit Arbeit zugeschüttet zu werden: In einer Stellungnahme zum Gesetzesentwurf heißt es, Beamte der ersten Instanz könnten „verleitet werden, nicht den gesamten Sachverhalt ordnungsgemäß zu erheben und die Angelegenheit an das Verwaltungsgericht zu delegieren“; sprich: die Frist verstreichen zu lassen, um komplizierte Fälle abzuwälzen. Dann würde es sich beim Gericht stauen – dort fehlten die Ressourcen, schreibt das BVwG-Präsidium.

Dass sich das Problem also zum Teil verlagert, kann auch Anwalt Mendel nicht ausschließen. Er betont aber: „Ich erlebe seit 20 Jahren, wie Verfahren verschleppt werden. Das ist nun der erste sinnvolle Versuch des Gesetzgebers, Verfahren zu beschleunigen. Schauen wir doch, ob es funktioniert. Schlimmer kann es nicht mehr werden.“

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