Umfrage: Für diese Werte würde die Mehrheit der Österreicher kämpfen
Die persönliche Freiheit, die Menschenwürde, die Demokratie und die nationale Unabhängigkeit Österreichs - das sind jene Werte, für die eine Mehrheit der Österreicher kämpfen würde, um sie zu bewahren.
Das geht aus einer der APA vorliegenden Studie der Meinungsforscher und Politikwissenschafter Peter Ulram und Peter Hajek hervor. Im Vergleich zu früheren Umfragen sind diese Werte gegenüber 2004 zwar gesunken, aber immer noch höher als 1955.
Ukraine-Krieg
Befragt wurden im Juli 2022 800 Personen telefonisch und online, die maximale Schwankungsbreite beträgt plus/minus 3,5 Prozent. Obwohl die Befragung bereits im vergangenen Juli durchgeführt wurde, gehen die Studienautoren aufgrund der bis dato stabilen Einstellung zum Ukraine-Krieg in der österreichischen Bevölkerung von keiner signifikanten Änderung aus.
Verglichen wurden die Daten mit Umfragen aus den Jahren 2004 in einer europäischen Friedensperiode und 1955 zum Beginn der staatlichen Unabhängigkeit Österreichs, letztere Daten ließ noch das "United States Information Service" erheben.
Dafür würden die Menschen kämpfen
Aktuell würde eine deutliche Mehrheit für die persönliche Freiheit (73 Prozent), die Menschenwürde und Achtung vor dem Einzelnen (69 Prozent), die Demokratie (67 Prozent) und die Unabhängigkeit Österreichs (63 Prozent) kämpfen.
Auf den Kampf für Religionsfreiheit (38 Prozent) und die Unabhängigkeit anderer Länder in Westeuropa (33 Prozent) würde man hingegen am ehesten verzichten.
Die Generation 60plus kämpft vor allem für Freiheit und nationale Unabhängigkeit, die Unter-30-Jährigen betonen überdurchschnittlich die Entscheidungsgewalt in Hinblick ihrer staatlichen Zukunft, die Unabhängigkeit anderer Länder in Westeuropa und Religionsfreiheit.
Neos- und Grün-Wähler sind im Vergleich zum Durchschnitt kampfbereiter.
Notfalls kämpfen
Deutlich geringer war die Kampfbereitschaft 1955. Damals äußerte die Mehrheit der Bevölkerung eine Präferenz, notfalls für die persönliche Freiheit der Österreicher (56 Prozent) und die nationale Unabhängigkeit Österreichs (50 Prozent) zu kämpfen, gefolgt von Menschenwürde und Achtung vor dem Einzelnen (46 Prozent).
Die geringste Kampfbereitschaft betraf Religionsfreiheit (33 Prozent) und die Unabhängigkeit anderer Länder in Westeuropa (17 Prozent).
"1955 lag der Zweite Weltkrieg mit seinen katastrophalen Auswirkungen auch im persönlichen Umfeld und die Unmenschlichkeit des NS-Regimes erst zehn Jahre zurück. Man hatte einen Bürgerkrieg, zwei Diktaturen und die alliierte Besatzung erlebt. Die Bereitschaft wieder zu den Waffen zu greifen, hielt sich in Grenzen - und wenn, dann für die Bewahrung der neuen Errungenschaften wie persönliche Freiheit, Menschenwürde und nationale Unabhängigkeit - in erster Linie im eigenen Land und nicht anderswo", analysiert Ulram.
Kampfbereitschaft stieg 2004
2004 legte die Präferenz der Bevölkerung fürs Kämpfen in allen Punkten stark zu - am meisten für die persönliche Freiheit (88 Prozent), Menschenwürde und Achtung vor dem Einzelnen (85 Prozent), Demokratie (83 Prozent) sowie nationale Unabhängigkeit Österreichs (71 Prozent).
"2004 lag inmitten einer längeren Friedensperiode in Europa, die kommunistischen Systeme waren zusammengebrochen und die Kriegsgefahr abstrakt. Die Demokratie war etabliert und weitgehend unumstritten und schien weltweit im Aufschwung. Selbst Russland wurde als stabil und wenig aggressiv eingeschätzt", erläutert Ulram.
Auch Hajek verweist auf die stabile politische und wirtschaftliche Lage Österreichs 2004 und meinte: "Überspitzt formuliert könnte man sagen, die Österreicher sind bei guter politischer Großwetterlage kampfbereiter, weil ein Krieg weit entfernt scheint. Bei einer angespannten Sicherheitslage könnten demokratische Errungenschaften aber unter Druck geraten."
Rahmenbedingungen schlechter
2022 ging die Kampfbereitschaft gegenüber 2004 zurück, sie liegt aber noch in allen Bereichen höher als 1955. 2022 sei alles anders, die Stimmung habe sich eingetrübt, trotzdem seien die Menschen weiterhin bereit für "ihre Sache" einzustehen", sagt Hajek. Die Rahmenbedingungen haben sich aber deutlich verschlechtert.
"Die Wirtschaft lahmt, in der Ukraine tobt ein Krieg mit zigtausenden Toten und zerbombten Städten. Millionen Menschen sind auf der Flucht. Bedrohungen sind näher gerückt. Gerade die russische Invasion und der Angriff auf die Existenzberechtigung der Ukraine führt uns dramatisch vor Augen, wie unmittelbar dieser Kriegsausgang mit unserer eigenen Freiheit und Unabhängigkeit verbunden ist", analysiert Hajek.
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