U-Ausschuss: Stolper-Start für die Kanzler-Vertraute
Als Nationalratspräsidentin Doris Bures Donnerstagmittag in den Empfangssalon des Parlaments kam, um die neuesten Entscheidungen in Sachen U-Ausschuss zu verkünden, wirkte sie zufrieden und entspannt. Als Verfahrensrichter für den Hypo-U-Ausschuss präsentierte sie den früheren Tiroler OLG-Präsidenten Walter Pilgermair. Dieser berät die Vorsitzende und befragt Zeugen. Als Verfahrensanwalt wurde der Linzer Uni-Professor Bruno Binder auserwählt. Er muss auf die Rechte der Zeugen achten. Auch die beiden Stellvertreter (Hellmich, Hoffmann) wurden vorgestellt.
Anderer Vorschlag
Verwerfungen habe es wegen der Personalentscheidungen keine gegeben, behauptete Bures. Alles sei „einvernehmlich“ abgesegnet worden, also mit Zustimmung aller Fraktionen. Ganz so friktionsfrei ist es freilich nicht abgelaufen. Letztlich haben sich zwar alle Parteien auf das erwähnte Juristen-Quartett festgelegt. Bures hat ihren ursprünglichen Vorschlag aber nicht durchgebracht. Die Präsidentin hatte dafür plädiert, einen ehemaligen (SPÖ-nahen) Sektionschef zum Verfahrensrichter und einen (ÖVP-nahen) Verwaltungsjuristen zum Verfahrensanwalt zu machen. Das akzeptierten die Grünen nicht – und attackierten Bures.Erstaunlich war, dass sogar ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka öffentlich querschoss. Via Kleine Zeitung pochte er auf einen Verfahrensrichter mit „einschlägigen Erfahrungen in der Verhandlungsführung“. Das traf auf den Bures-Kandidaten nicht zu.
Die Kritisierte ließ verlauten, dass sie die Aufregung nicht verstehe. Sie habe doch ein Vorschlagsrecht. „Das ist formal zwar richtig, es entspricht aber den parlamentarischen Usancen, alle Parteien einzubinden“, entgegneten mehrere Mandatare. Letztlich geschah das auch, Bures rückte von ihren Vorschlägen ab. Wieso hat sie sich nicht von Beginn an mit allen abgesprochen? Wollte die Rote schlicht einen SPÖ-Kandidaten durchdrücken? Ist es der Mangel an Erfahrung in der parlamentarischen Spitzenfunktion? Schwarze, Blaue und Grüne berichten, dass die Nachfolgerin von Barbara Prammer, die seit einem halben Jahr im Amt ist, jedenfalls nicht in allen Bereichen firm sei. „Das Modul Ordnungsruf hat sie zum Beispiel eindeutig noch nicht absolviert“, ätzt ein FPÖ-Abgeordneter. Bures hat bis dato keinen erteilt – „egal, was vorgefallen ist“.
Das sehen ihr noch viele nach. Der grüne Abgeordnete Dieter Brosz ortet aber mangelnde Kommunikation: „Bures pflegt bis dato keine intensiven Kontakte zu allen Klubs. Prammer hat sich hingegen sehr um eine Vertrauensbasis zu allen Fraktionen bemüht.“ Ein Insider, der nicht genannt werden will, meint, das liege wohl daran, dass Bures als Ministerin vieles alleine (oder in Abstimmung mit der ÖVP) entscheiden konnte. Mit der Opposition war sie nur bei ihren Auftritten im Parlament konfrontiert. Dabei hatte die 52-Jährige anfangs laufend betont, sie wolle eine unabhängige Präsidentin sein. Polit-Gegner hatten große Zweifel geäußert, weil Bures als Vertraute von Kanzler Faymann gilt.
Verwunderung
Ganz kann die ehemalige SPÖ-Bundesgeschäftsführerin ihre früheren Rollen auch merkbar nicht abschütteln. Das zeigte sich, als sie dem kolportierten Faymann-Konkurrenten und ÖBB-Chef Christian Kern die Fähigkeit absprach, ein guter Politiker sein zu können. Das sorgte im Hohen Haus für Verwunderung, weil eine derartige Aussage nicht wirklich mit einer sachlichen und objektiven Präsidentin kompatibel ist. Dieter Brosz formuliert es so: „Damit verwirkt man sich, in eine überparteiliche Rolle hineinzuwachsen.“ Überparteilichkeit ist jedenfalls ab kommender Woche gefragt. Da übernimmt Bures den Vorsitz im U-Ausschuss – die erste große Bewährungsprobe für die noch relativ neue Präsidentin.
Mittwochabend bekam Walter Pilgermair einen Anruf aus Wien. Er solle am Donnerstag in die Bundeshauptstadt kommen, wurde ihm aus dem Parlament mitgeteilt. Donnerstagmittag wurde der 67-jährige Tiroler dann im Hohen Haus als Verfahrensrichter für den Hypo-U-Ausschuss präsentiert – eine neue und zentrale Funktion: Der Verfahrensrichter führt die Erstbefragung der Zeugen durch, er berät die Vorsitzende (Nationalratspräsidentin Bures) – und schreibt den Abschlussbericht.
In den kommenden Tagen und Wochen wird Pilgermaier also mit „lesen, lesen, lesen“ beschäftigt sein. Es warten Tausende Seiten an Hypo-Akten. „Das ist für mich aber nichts Neues.“ Der Jurist war Staatsanwalt und Richter. Von 2002 bis 2004 war er zudem Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Linz. Von 2005 bis 2013 leitete er das Oberlandesgericht Innsbruck. Pilgermair gilt als streng und integer – und sagt, er sei „niemandem verpflichtet“. Der Vater zweier Söhne ist mit der Innsbrucker Oberstaatsanwältin Brigitte Loderbauer liiert. Er mag Jazz, geht gerne auf den Berg – oder auf Reisen. Dafür wird in den kommenden Monaten wenig Zeit bleiben. Pilgermair wird einen Zweitwohnsitz in Wien benötigen. Der U-Ausschuss kann eineinhalb Jahre dauern.
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