Ex-BVT-Chef sieht "Beschädigung der nationalen Sicherheit"

Gert-René Polli (rechts), Anwalt Farid Rifaat.
Heutiger FPÖ-Berater Gert-René Polli absolvierte Auftritt im U-Ausschuss mit dramatischen Schilderungen und Wortgefechten.

„Die Hausdurchsuchung war weit überzogen und absurd. Das BVT ist zerstört“, sagt Gert-René Polli. „Der U-Ausschuss tanzt auf der Asche des BVT. Ich kenne kein Land, in dem ein solcher Ausschuss möglich wäre. Die Razzia, die Medienberichte und der Ausschuss sind eine massive Beschädigung in der Außenreputation des BVT und der nationalen Sicherheit.“

Am Tag neun im U-Ausschuss um die Razzia im Bundesamt für Verfassungsschutz ( BVT) wurde am Mittwoch der frühere BVT-Chef befragt. Polli ist bekannt für dramatische Schilderungen. Er sei kürzlich in der Slowakei gewesen, sagte Polli in einer Sitzungspause zum KURIER. Dort sei er von Geheimdienstlern auf die Razzia im BVT angesprochen worden. „Die Slowaken haben zu mir gesagt: ,Bei uns wären alle tot’“, sagt Polli. Sie meinten damit, sie hätten bei einer Razzia zu ihren Waffen gegriffen.

Der frühere Heeresoffizier Polli machte in der Ära von ÖVP-Minister Ernst Strasser Karriere im Innenministerium. Er baute die „rote“ Staatspolizei zum Verfassungsschutz um und war bis 2008 erster BVT-Direktor. Im Zuge der Regierungsverhandlungen hat er die FPÖ in Sicherheitsfragen beraten und ein Grundhonorar in Höhe von 6000 Euro brutto im Monat von der FPÖ-Parteiakademie kassiert, seine Vorträge wurden extra bezahlt. Deshalb habe er sich auch Anfang Dezember mit Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) getroffen und ihm „eine Auswahl an Vorträgen“ vorgelegt.

Wortgefechte

Mittlerweile ist er nach zehn Jahren Karenz ins Innenministerium zurückgekehrt und als Migrationsbeauftragter tätig. Künftig soll er als Verbindungsbeamter für Kickl von Spanien aus die Migrationsprobleme im Mittelmeer und in Nordafrika beobachten. Dabei war er eigentlich als Nachfolger von BVT-Chef Peter Gridling gehandelt worden, doch dessen Suspendierung wurde vom Gericht aufgehoben. Im U-Ausschuss dementierte Polli solche Pläne.

Eigentlich sollte er zu den angeblichen „schwarzen Seilschaften“ im BVT befragt werden. Kurz nach der Razzia hatte er in einem ORF-Interview behauptet, „im BVT hätten Personen Führungsposition erhalten, die außer einem Parteibuch keine Qualifikation hätten“. Nun sollte er dem Ausschuss Namen des „Netzwerks der Günstlinge“ nennen. Doch dabei wurde ihm der „Boden“ anscheinend zu heiß. Seine Ausflüchte führten zu Wortgefechten.

Polli sagte zu dem Abgeordneten Peter Pilz: „Das ist ein Kasperltheater“. Pilz konterte: „Da gehört ein Kasperl dazu.“ Polli: „Der ist eh da.“ Polli konnte sich für keine Begründung entscheiden, die für den Ausschuss annehmbar war. Er räumte später ein, bei Namensnennung Klagen wegen Kreditschädigung zu fürchten. „Es ist traurig, dass jemand der BVT-Direktor war, so ein schlechtes Gedächtnis hat“, ätzte VP-Abgeordneter Werner Amon.

BVT-U-Ausschuss: Koalitionsdifferenzen

Politische Wunschliste?

Schließlich nannte Polli nur den „Ex-Leiter der Spionage“ des BVT, aber ohne dessen Namen explizit zu nennen. Gemeint ist damit der frühere Europasprecher der Jungen ÖVP Bernhard P., der vom BMI mittlerweile entlassen wurde. Doch der kam erst nach Pollis Amtszeit ins BVT.

„Ich hatte den Eindruck, dass es eine politische Wunschliste gab“, sagte Polli zu seiner Amtszeit. „Es ist einmalig in Europa, dass der BVT-Direktor keine Personalhoheit hat.“ Es seien zu viele neue Personen ohne Staatsschutz-Erfahrung in das BVT aufgenommen worden.

BVT-U-Ausschuss: Tag 9 im Liveticker

  • |Dominik Schreiber

    Tag 9 beginnt

    Guten Morgen,

    die ersten Abgeordneten treffen zu Tag neun ein. Als erstes kam Stephanie Krisper (Neos) mit dem Rad, auch Werner Amon (ÖVP-Fraktionsführer) ist bereits eingetroffen. Als erstes wird Ex-BVT-Chef Gert-Rene Polli heute befragt.

  • |Dominik Schreiber

    Den Tag acht gibt es noch zum Nachlesen, bevor Tag neun startet.

  • |Dominik Schreiber

    Eröffnungsstatements

    Hans-Jörg Jenewein (FPÖ), Jan Krainer (SPÖ) und Peter Lpiz (Liste Pilz) sind eingetroffen und geben einen Einblick auf Tag neun. Vor allem Gert-Rene Polli ist für alle die heutige Schlüsselfigur. Bei Neos-Krisper wirkt noch der gestrige Tag etwas nach....

  • |Dominik Schreiber

    Polli ist eingetroffen, jetzt beginnt seine Befragung. Er wird begleitet von Staranwalt Farid Rifaat, der seine Vertrauensperson ist.

  • |Dominik Schreiber

    Ein paar Informationen zum Hintergrund des Ex-BVT-Chefs, während nun die Befragung beginnt.

  • |Dominik Schreiber

    Polli am "Schleudersitz"

    "Einer der größten Schleudersitze der Republik", nennt Polli den Posten des BVT-Direktors. BVT-Mann W., der gestern aussagte, kennt Polli, im Dezember habe er ihn nach über neun Jahren wieder getroffen und mit ihm über das Konvolut gesprochen. Zuletzt habe er ihn vor 14 Tagen auf der Kärntner Straße getroffen. Kickls Kabinettsmitarbeiter Udo Lett kenne er nicht, Generalsekretär Peter Goldgruber habe er in zwei oder drei Arbeitsgruppen getroffen. Innenminister Herbert Kickl habe er in der Vorphase der Regierungsverhandlungen getroffen und beraten. "Das BVT ist mein Baby", deshalb habe er sich mit dem Konvolut sehr beschäftigt, der Verfasser sei er "keinesfalls, mit dem Konvolut habe ich nicht irgendwas zu tun". Über die Verfasser könne er nur spekulieren. Ambitionen, den BVT-Direktor-Posten noch einmal einzunehmen habe er nicht gehabt.

  • |Dominik Schreiber

    Polli im Koalitionsübereinkommen

    Im Juli 2017 hat seine Firma einen Vertrag mit der FPÖ geschlossen, sagte Polli zuvor, er habe gegen Geld (rund 6000 Euro im Monat) "über die Terrorlage informiert", sagt er zu Peter Pilz. Das Innenministerium habe er darüber nicht informiert, obwohl er karenzierter Beamter war. Polli war in der Expertenrunde Nachrichtendienste für die FPÖ, dabei ging es etwa um den Bundestrojaner. "Der eine oder andere Satz der Koalitionsübereinkommen stammt aus dem Papier", das Polli verfasst hat.

  • |Dominik Schreiber

    Pollis Theorien zum Konvolut

    "Ich habe es studiert", sagt Polli als er von einem Journalisten das Konvolut mit Vorwürfen (im September 2017) bekam. Das Papier habe er an einen Journalisten weitergegeben. Später habe es er mit dem Belastungszeugen W. in einem Hotel besprochen. Dadurch sei er überzeugt worden, dass W. nicht der Autor des Konvoluts sei. Großbuchstaben und fabliche Unterlegung seien das Schriftbild der CIA in Wien, deshalb habe er als "reine Spekulation" angenommen, dass dies von dort stammen könne. "Belastbar" sei das nicht, aber die Überlegung sei, dass es mehrere Verfasser gebe. Er habe nie ein Papier über derartige "Drecksgeschichten" und "Fehler der österreichischen Politik" gesehen. Er kenne "niemand in Österreich, dem ich so etwas zutrauen würde". Darin seien "Sexgeschichten und Ungustiöses" genannt. Er kenne niemanden im Lande, der die Qualität habe "das so zu Papier zu bringen".

  • |Dominik Schreiber

    Razzia "abartig"

    "Das Klientel, das die FPÖ wählt, will, dass das Innenministerium von der FPÖ besetzt wird", sagt Polli. Das habe er der FPÖ so gesagt. Von der Hausdurchsuchung im BVT habe er "aus den Medien erfahren, wie alle anderen auch". Eine solche Razzia habe er sich nie vorstellen können, das sei "abartig". Die Hausdurchsuchung sei "überzogen" gewesen, sagt er auf ÖVP-Frage.

  • |Dominik Schreiber

    Polli und die AfD

    In der Parteizentrale der FPÖ Anfang Dezember hat Polli zweimal mit Innenminister Herbert Kickl gesprochen: "Auf meinen Antrieb". Er wollte Vorträge halten, sagt Polli zu Jan Krainer (SPÖ). Für die hätte er zusätzliche Honorare bekommen. Diese wurden über das "Standardhonorar" (von 6000 Euro) honoriert worden. Er habe mit ihm "über unterschiedliche Dinge geredet". Auf Krainers Nachfrage präzisiert er, er habe darüber gesprochen, was passiert, wenn die FPÖ das Innen- oder Verteidigungsministerium übernimmt. Er selber wollte frühpensioniert werden, ein Buch schreiben und sich um die Familie zu kümmern. Was ihn zum Umdenken bewogen habe, will Krainer wissen: "Die Berechnung meiner Pension", sagt Polli. Vorsitzender Eduard Strauß mahnt Krainer, zum Untersuchungsgegenstand zurückzukehren. Polli habe Kickl auch seine Liste für Vorträge übergeben, das hätte er "auch für jede andere Partei gemacht, wenn ich gefragt werde". Er habe auch bei der deutschen AfD (Alternative für Deutschland) an einer Podiumsdiskussion teilgenommen, die Kritik daran verstehe er nicht: "Das ist Demokratie und das habe ich deshalb gemacht", er habe seinen Standpunkt klargemacht, das sei wichtig. "Das hat auch mit der FPÖ nichts zu tun. Ich bin sehr stolz darauf, was ich dort gesagt habe." Es sei ein Honorar ausgemacht worden, das er aber noch nicht bekommen habe.

  • |Dominik Schreiber

    Runden durch das BMI

    Seit zwei Jahren und im vergangenen Jahr "intensiv" hat Polli "Runden durch das Innenministerium gemacht", wie er sagt. "Um mich in Erinnerung zu rufen". Udo Lett kenne er nicht, betont er. Mit Generalsekretär Goldgruber habe er auch einmal Kaffee getrunken. Auf die Hausdurchsuchung habe er keine Hinweise gehabt, betont er noch einmal auf Frage von Jan Krainer (SPÖ). Jetzt fragt FPÖ-Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein, der betont, dass er Polli nur aus den Medien kennt und noch nie getroffen hat.

  • |Dominik Schreiber

    "Massive Beschädigung der nationalen Sicherherheit"

    "Ich weiß, dass die Tendenz, die dieses Papier aussagt, korrekt ist", meint Polli zu FPÖ-Jenewein. Das BVT sei nun "zerstört, der Ausschuss tanzt auf der Asche des BVT". In keinem Land sei so etwas möglich, dass ist "eine massive Beschädigung der nationalen Sicherheit". Das beginne mit der Hausdurchsuchung gehe über die mediale Aufarbeitung bis zum U-Ausschuss.

  • |Dominik Schreiber

    Geiselnahmen

    "Eine Katastrophe" nennt Polli auch, dass klassifizierte Daten bei Mitarbeitern zu Hause herumliegen würden. Das sei ein Fall "für das Disziplinar- und das Strafrecht". Über Vorwürfe im Konvolut, wonach Lösegelder für österreichische Geiseln im Ausland abgezweigt wurden, sei er nie befragt worden. Aber jeder Österreicher würde in der Wüste mit einem unsichtbaren Shirt herumlaufen auf dem steht: "Fünf Millionen Euro, wenn ihr mich fängt". Bei Geisellagen gehe es um viel Geld. Für alle Beteiligten - außer die Familien - sei das eine angenehme Sache, denn es fallen viele Überstunden an. Außerdem würden Kontakte geknüpft, die künftig interessant sind. "Das ist die Oberliga eines Nachrichtendienstes."
  • |Dominik Schreiber

    Polli und Hauptbelastungszeuge W. haben sich "drei Mal getroffen" und nicht nur einmal, wie W. am Vortag ausgesagt hat. Sein "ganze Freundeskreis" ist auch im Innenministerium, sagt der Ex-BVT-Chef, der offenbar nur bezahlte Interviews im TV gibt. Ein interessanter Nebenaspekt.

  • |Karl Oberascher

    Stefanie Krisper zur Befragung von Gert-Rene Polli

    Was hat sich NEOS-Abgeordnete Krisper heute für die Befragung von Gert-Rene Polli vorgenommen? Wir haben sie kurz vor dem U-Ausschuss-Beginn vor die Kamera bekommen: 

  • |Dominik Schreiber

    "Bilderbuchkarriere" von Extremismusleiterin

    Ein "Spannungsverhältnis" und "konkurrierendes Verhältnis" habe es stets zwischen Analysten und Kriminalbeamten gegeben, konstatiert Polli. Aber das sei kein Mobbing gewesen, das "ist Unsinn", wenn BVT-Extremismusleiterin G. so etwas behauptet. Polli betont auch, dass er "Politik aus meinem BVT raushaben wollte", deshalb habe es Konflikte mit G. gegeben. Personalpolitik solle auch im BVT besprochen werden, nicht im Kabinett. Für G. hat er dennoch lobende Worte, sie sei bemüht und habe "eine Bilderbuchkarriere hingelegt".

  • |Dominik Schreiber

    Eduard Strauss greift ein

    "Wir sind jetzt sehr weit weg gewesen immer vom Befragungsthema", sagt Verfahrensrichter Eduard Strauss. "Wieso ist immer mein Mikro aus? Ach, weil sie immer drücken", weist er Peter Pilz zu Recht und erntet Lacher im Raum.

  • |Dominik Schreiber

    Polli sprach in einem Interview von einem "Netzwerk von Politgünstlingen" im Innenministerium. Peter Pilz möchte Namen hören. Nun wird diskutiert, ob das medienöffentlich abgehandelt werden kann und überhaupt Thema des Ausschusses ist. Die Sitzung wird deshalb kurz unterbrochen.

  • |Dominik Schreiber

    Namensnennung oder nicht Namensnennung?

    Es geht weiter. Pilz möchte Namen hören, ob diese dann im Protokoll aufscheinen wird noch gesprochen. Polli meint, wenn er Namen nennt, würde er "Informanten von Herrn Pilz aufdecken. Nein, ich werde keine Namen nennen." Die Vorsitzende Doris Bures weist daraufhin, dass es kein Entschlagungsrecht gibt, Polli müsse die Frage beantworten, wen er bei dem Interview gemeint habe. Polli meint, dass sein Personalchef oder der Kabinettschef befragt werden müsse, er habe nur "allgemeine Eindrücke" wiedergegeben. "Wenn Sie Namen wollen, schauen Sie sich die Personalzugänge an". Pilz betont: "Das war keine Antwort. Haben Sie Entschlagungsgründe?". "Ja, ich bin ein anständiger ehemaliger BVT-Direktor", sagt Polli. Werner Amon (ÖVP) will nun Antworten, wenn man das in der ZiB2 kundtue und "einem dann nichts einfalle vor dem Ausschuss". Verfahrensrichter Strauss fordert eine Antwort ein. Polli kann sich nun "an die Namen nicht mehr erinnern". Aber er berichtet davon, dass zehn Akademiker aufgenommen wurden (darunter der ehemalige Leiter der Spionageabteilung, P., der schon ausgesagt hat). Diese seien politisch motiviert gewesen, die Namen der anderen neun könne man nun herausfinden. "Haben sie die Namen beim Interview eigentlich gewusst", will Pilz wissen. "Wenn Sie so den Eindruck haben", entgegnet Polli. Zum ebenfalls erhobenen Vorwurf der Korruption im BVT habe er "das Konvolut" als Basis gesehen, selbst wenn nur ein Teilt stimme, sei seine Aussage richtig.

  • |Dominik Schreiber

    Bücher besser als Geheimdienste?

    "Deutschland zwischen den Fronten", hat Polli als letztes Buch gelesen. Über solche Bücher halte er Kontakt zu den Nachrichtendiensten. "Den Teufel habe ich getan", um Kontakte zu anderen Diensten zu nutzen. "Ihre Interviews bauen darauf auf", fragt Gabriel Obernosterer (ÖVP) etwas überascht. Polli spricht nun darüber, dass er mit dem aktuellen BVT-Chef Peter Gridling zwei Mal Kaffee getrunken habe, aber dort wurde nur über belangloses gesprochen. Polli meint, dass in Büchern mehr stehe als die Geheimdienste wissen würde. Er habe das gelesen und dann von seiner Expertise gelebt.
  • |Dominik Schreiber

    Polli hatte einen Werkvertrag mit dem Innenministerium, der etwa 2009 (nach rund einem Jahr) geendet hat. Er durfte aber seine Visitenkarte als „Senior Security Adviser“ („Leitender Sicherheitsberater“) weiter verwenden, offenbar bis 2018. Mehr dazu:

     

  • |Dominik Schreiber
    Die FPÖ ist wieder am Zug. Hans-Jörg Jenewein spricht die (genehmigten) Nebenbeschäftigungen der BVT-Mitarbeiter an. Polli: "Das hätte es bei mir nicht gegeben." Gerade im EDV-Bereich sei das "sehr, sehr kritisch". Mehr will die FPÖ nicht fragen.
  • |Dominik Schreiber

    Wieder geht es um Namen, diesmal will Stephanie Krisper (Neos) die Parteigünstlinge im BVT und Innenministerium wissen. Polli befürchtet Klagen wegen Kreditschädigung und spricht von Loyalität. Verfahrensrichter Eduard Strauss meint, wenn ihm wirtschaftliche Nachteile drohen, dann könne er das verweigern. Es folgt wieder eine Sitzungsunterbrechung.

  • |Dominik Schreiber

    "Keine Wahrheitspflicht in der ZiB"

    Es geht weiter, Krisper will nun wissen, wer aufgrund "parteipolitischer Gründe" im BVT aufgestiegen ist. Polli spricht von Extremismusleiterin G. (sagte an Tag sieben aus), aber Namen fallen nicht. Krisper bohrt nach: "Es geht um Jobs, die parteipolitisch vergeben wurden." Polli redet über den "Korpsgeist, der gekippt ist". Namen will er nicht nennen, manches habe er vielleicht überzogen dargestellt. Er habe Vermutungen, aber will diese nicht kundtun. "Ich habe keine eigenen Wahrnehmungen", sagt er jetzt. Krisper will weiter Namen, Polli spricht von "acht oder neun Zugängen, die es gab". Krisper nennt nun konkrete Namen. Der Belastungszeuge W.? "Der ist Gründungsmitglied des BVT, der war immer dabei", sagt Polli. Krisper will alle Namen durchfragen. "Das sind 400 Leute", warnt Polli. Er spricht von einer "Wunschliste" des Ministeriums, Namen kenne er nicht. "Vielleicht bin ich etwas übers Ziel hinausgeschossen. Bei Interviews in der ZiB steht man nicht unter Wahrheitspflicht" VP-Amon: "Das sollte man vielleicht den ORF fragen." Polli spricht nur von einer "launischen Bemerkung".

  • |Dominik Schreiber

    Kasperltheater

    Polli nennt die Befragung ein "Kasperltheater", Peter Pilz meint: "Dafür muss auch ein Kasperl da sein". Polli entgegnet: "Der ist eh da." Vorsitzende Bures ruft zur Ordnung. Beide müssen keine Namen nennen, wen sie gemeint haben.

  • |Dominik Schreiber

    "Ich bin für Spanien vorgeschlagen", sagt Polli über seinen Posten, den er künftig einnehmen soll. Eine Arbeitsplatzbeschreibung gebe es bereits. Darüber hat der KURIER bereits berichtet. Auf die Frage, ob er einen Diplomatenpass bekomme, sagt Polli "nein".

  • |Dominik Schreiber

    Es geht endlich wieder um Namen

    Im BVT gebe es "die Herrschaft eines Netzwerks", habe Polli gesagt, das halte er auch Aufrecht. "Er habe Beobachtungen, aber kann keine Namen nennen." Pilz ätzt: "Namenlose Günstlinge?". "Traurig, dass jemand, der BVT-Chef ist, so ein schlechtes Gedächtnis hat", legt Werner Amon (ÖVP) nach.
  • |Dominik Schreiber

    Namen, Namen, Namen

    Die Zunahme des Personals, die mangelnde Qualität des Berichtswesens ("vom Hörensagen") - das nennt Polli nun als Gründe für seine Annahme für ein politisches Netzwerk. Wie schon das eine oder andere Mal erwähnt, kenne er aber keine Namen.

  • |Dominik Schreiber

    Blog-Übergabe

    Die Befragung von Polli ist beendet. Kollege Kid Möchel und ich werden nun eine Hintergrundgeschichte für die morgige Zeitung vorbereiten. Unser Online-Kollege Tom Schaffer wird Sie nun durch die zwei weiteren Aussagen führen.

  • |Tom Schaffer

    Mahlzeit von meiner Seite. Es geht jetzt weiter mit Auskunftsperson H., der mit seiner Bemerkung über eine mögliche Fernlöschung von Daten eine Rolle bei der Entscheidung zur Razzia gespielt hat.

  • |Tom Schaffer

    H. gibt keine Stellungnahme vor der Befragung ab

    Er hat zwischen 2016 bis Beginn 2018 im BVT gearbeitet - in Abteilung 2 und 3 in Sachen Datensicherheit. Er erklärt das Prinzip von Fernlöschung. Der Systemadministrator im BVT hätte alle Rechte, auch Logfiles oder Metadaten zu löschen.
  • |Tom Schaffer

    Er soll erklären, wie er von der Hausdurchsuchung betroffen war. "Die Kollegen haben uns aufgefordert, nichts mehr anzugreifen." Man sollte sich in den Aufenthaltsraum - eine Teeküche - begeben. Kollegen seien zu den Servern befragt worden, dann hätte er eigentlich nichts mehr mitbekommen.

  • |Tom Schaffer

    H. habe im Jänner P. zufällig getroffen. Sie habe bei einem Kaffee um einen Kontakt zum Ministerium gebeten. H. habe gesagt, er habe Kontakt zu Lett. Er habe Lett die Telefonnummer von Frau P. gegeben. Diese habe ihn dann später kontaktiert und ihm gesagt, dass sie ihn als Auskunftsperson angegeben habe.

  • |Tom Schaffer

    Es habe dann eine zweite Zeugenaussage gegeben, die die Staatsanwaltschaft initiiert hatte. Er habe zu Goldgruber keinen und zu Lett zwei kurze Kontakte dazwischen gehabt. Es sei einmal um die Rolle von Frau P. gegangen - das habe H. ihm nicht genau sagen können, nur dass sie Psychologin war.

    Ob ihm klar war, dass seine Aussage zu einer Hausdurchsuchung führen hätte könne. "Direkt gesagt hat man mir das nicht". Er habe erst am Tag der Hausdurchsuchung davon erfahren, dass es eine gebe. Er sei dabei nicht unter Druck gesetzt worden und niemand habe ihm gesagt, was er aussagen sollte.

    Kennen Sie Goldgruber? "Aus den Medien und von meiner dienstlichen Tätlichkeit, aber nicht persönlich."

    Lett? "Aus seiner Zeit als Inspektor in der Leopoldstadt. Da ist er zu uns auf den Stützpunkt gekommen."

    Hatten Sie nach der Hausdurchsuchung Kontakt zu Kollegen? "Nein"

    Kennen Sie das Konvolut. "Vom Hörensagen, ich habe es nie gesehen."

    Er könne nicht sagen, wer es geschrieben hat.

  • |Tom Schaffer

    Werner Amon fragt

    Was machen Sie jetzt? Er wurde neu zugeteilt und solle sich Gedanken machen, wie Führungspersonen per verschlüsselter Kommunikation geschützt werden könnten. Dass er bei der Reiterstaffel eingesetzt werden solle, könne er jetzt nicht nachvollziehen."

     

  • |Tom Schaffer

    Wie und wodurch ist ihm das Konvolut bekannt geworden, fragt Amon?

    "Ein Kollege aus der WKA hat gefragt, ob er es kennt." Wer? "Weiß ich nicht mehr. Das war bei einem Bier im Wirtshaus mit mehreren Kollegen."

    Wie wurden sie geladen? P. habe ihm das angekündigt, weil sie ihn namentlich angegeben hat. Sie sei "eine Kollegin im BVT wie viele andere" gewesen, die gelegentlich technische Probleme hatte. 

    Das Verhältnis zu W.? Den kenne er schon seit vielen Jahren von einer anderen Abteilung. Dann habe er ihn aus den Augen verloren. Wegen es eines Falls in Graz mit IS-Umfeld sei er dann zum BVT gekommen, da sei W. Abteilungsleiter in der Abteilung 2 gewesen. 

  • |Tom Schaffer

    Ob er sich mit den anderen Belastungszeugen P., W. und M. vor der Aussage bei der Staatsanwaltschaft abgesprochen habe? Nein.

    Wann sei er von der Amtsverschwiegenheit entbunden wurde? "Ich habe damals Lett gefragt, ob er mitgehen würde." Weil er ihn gekannt habe und Lett Jurist sei. "Der hat mir dann gesagt, du bist mündlich von Goldgruber von der Amtsverschwiegenheit entbunden."

    Amon: "Haben Sie das der Oberstaatsanwaltschaft mitgeteilt?" - Ja, das habe H. gesagt vor der ersten Einvernahme. Amon: "Das geht aus dem Protokoll nicht hervor." - H. "Für das kann ich nix."

  • |Tom Schaffer

    Die Entbindung von der Amtsverschwiegenheit hat H. nur von Lett erfahren und nicht direkt von Goldgruber. "Interessant", sagt Amon. "Auf Treu und Glauben?", fragt Amon. "Wenn ich in meinem eigenen Umfeld jetzt niemandem mehr glauben kann", sagt H. - jemanden den er seit 20 Jahren kenne, würde er glauben. Amon rät zu etwas mehr Vorsicht.

    Warum habe er das bei der zweiten Aussage noch einmal gesagt? Das kann H. nicht mehr so genau sagen.

  • |Tom Schaffer

    Ob er B. für das Öffnen seiner (H.'s) Mails verantwortlich mache? "Das kann man so nicht sagen", sagt H., weil es eine Vermutung sei. Aber er habe auf seinem Computer geöffnete Mails in einem separaten Ordner gefunden. Er habe sie nicht aufgemacht und wisse nicht, wie das passiert sei.

    Amon liest das Protokoll von B. vor. Er sagt, er habe das nicht gemacht. H. verweist darauf, dass B. als Systemadministrator Logfiles verändern könne. "Mehr kann ich dazu nicht sagen."

    Soweit H. weiß, habe es einige Systemadministratoren gegeben. Er zählt 8 oder 9 Namen auf.

  • |Tom Schaffer

    Amon ist fertig. Androsch ist dran.

    Sei Lett die Stelle laut Dienstrecht, bei der er sich seiner Amtsverschwiegenheit entbinden lassen könne? Nein, er habe Lett nur gefragt und Lett habe ihm das dann am Weg zur Staatsanwaltschaft gesagt. 

  • |Tom Schaffer

    Hatten Sie als Zeuge mit dem BMI oder Lett eine Besprechung zu dem Thema BVT? "Nein"

    Androsch: "Das ist interessant, weil in einer Anfragebeantwortung von Juli 2018 steht, dass die Zeugenperson 1 angehört wurde."

    H.: "Das muss ein Missverständnis sein."

    Androsch: "Verwirrend, oder?"

    H. sagt, er habe auch mit P. nicht über ihren Termin im Ministerium vorher gesprochen.

    Androsch: "Das wirft einige Fragen auf." Er meint offenbar die Anfragebeantwortung des Ministeriums.

  • |Tom Schaffer

    Bezüglich der geöffneten Ordner. Er habe einen Kollegen gefragt, ob es möglich wäre, dass jemand seine E-Mails liest. Das sei abgetan worden. Ein oder zwei Tage später noch einmal.

    "Haben Sie das gemeldet?" - "Ja." Auch da sei ihm gesagt, worden, das sei nicht möglich. Das müsse er so zur Kenntnis nehmen. Er sei kein "Servermensch", sagt H., er könne das nicht beurteilen, ob es möglich ist.

    Androsch: "Ich nehme an, dass ein Forensiker da auskennt?" - H.: "Nein, das nehmen Sie falsch an"

  • |Tom Schaffer

    H. begründet seinen Verdacht, dass es möglich sei, weil ihm gesagt wurde, dass er keine Updates mache und seine Mails nicht aufmache, nehme er an "dass das nicht gerade ist". "Verzeihen Sie den kriminalpolizeilichen Slang."

  • |Tom Schaffer

    Zum Thema Fernlöschung fragt Androsch, warum Leuten die Schlüsselanhänger abgenommen werden sollten.Von  "Google ist mein Freund" wisse eH. es gebe Apps, die Datenlöschungen auslösen könnten. 

    All das basiere aber nur auf Annahmen, wissen tue H. das nicht, erklärt er auf Nachfrage von Androsch.

    Über eine angeblich angemietete Cloud weiß H. nichts mehr.

  • |Tom Schaffer

    Jenewein fragt nun

    Er will die Tätigkeit von H. klären. H. "Meine Tätigkeit besteht darin, im Zuge von Terror- oder verdeckten Ermittlungen bei Hausdurchuchungen Geräte sicherzustellen und vor Fremdzugriff zu schützen." Also etwa auch, dass Telefone nicht mehr per Fernzugriff zurückgesetzt werden könnten. Also etwa Telefone sofort in einen Flugzeugmodus zu versetzen. Er sei nicht in der IT, sondern Kriminalbeamter, erklärt H..

    Jenewein versucht zu klären, dass H. mit einem Computer arbeite. Der FPÖ-Abgeordnete bittet darum, technisch verständlich zu erklären, weil das hier im Raum ja nicht jeder immer alles wisse.

    H. weiß nicht, wie Zugriffsrechte definiert sind. Das könne nur ein Systemadministrator wissen.

  • |Tom Schaffer

    Jenewein: "Wurden Sie von Lett angewiesen oder instruiert, was sie wann wem wo sagen sollen?" - H.: "Nein."

    Jeneweil zitiert einen Amtsvermerk.180 Personen hätten einen Remotezugriff auf die BVT-Server. "Ist das der Fernlöschungszugriff?" - H.: "Soweit ich das interpretieren kann, ja."

    Eine frühere Auskunftsperson, ein Datenforensiker, habe angegeben, Metadaten ändern zu können. Sei das im BVT besprochen worden? - H. hat keine Wahrnehmung dazu.

     

  • |Tom Schaffer

    Die Fragerunde geht an Krisper weiter

    Warum er laut Anfragebeantwortung um einen Termin mit dem Ministerium angesucht hatte? 

    Habe er nicht, sagt H..

    "Also gab es keinen Termin am 31.1.?" - "Nein."

    "Also es gab die Gespräche nicht, die der Innenminister hier [behauptet]" - "Nein."

    Gab es ein persönliches Treffen mit Lett? -  "Ich einnere mich nicht." H. nimmt an, dass es telefonisch war.

    Krainer wirft dazwischen ein, er mache sich sorgen wegen der Gedächtnisleistung. 

     

  • |Tom Schaffer

    Krisper sagt, laut Innenministerium habe P. bei Lett angerufen, nicht Lett bei ihr, wie H. behauptet. H.: "Das ist definitiv nicht der Fall."

    Wann habe er von der Ladung erfahren? Erst habe P. es ihm angekündigt, dann eine Staatsanwältin bei ihm angerufen.

    Krisper sagt, das widerspreche dem Tagebuch der Staatsanwältin, laut dem Lett ihr das Kommen von H. angekündigt hätte.

    Bei welchem Themenkomplex sei H. von der Verschwiegenheit entbunden worden? "Meine Tätigkeit beim BVT."

    Was hätten Sie gemacht, wenn Sie Lett nicht erreicht hätten? "Dann wäre ich ohne Vertrauensperson nicht hingegangen."

  • |Tom Schaffer

    Krisper legt ein Dokument über die Vernehmung der Staatsanwälting vor: Dort habe H. die Fernlöschungsmöglichkeiten nach der Vernehmung außerhalb der Wahrheitspflicht angesprochen. H. kann sich nicht mehr erinnern.

  • |Tom Schaffer

    Zadic übernimmt die Fragen

    Sie will die Gefahr der Fernlöschung erörtern und warum die Staatsanwältin S. so entschieden hat? Zadic sagt, H. habe mit dem IT-Experten der WKSTa gesprochen. Was sei da besprochen worden? H. spricht nun die Systemadministratoren an und wiederholt, dass diese alle Rechte hätten.

    Habe er über Server und Cloud gesprochen? Das könne sein, sagt H., aber genau wisse er das nicht mehr.

    Was wird im BVT protokolliert? "Was ich weiß und annehme, dass jedes Dokument und jeder Ordner, das angeklickt oder geöffnet wird, mitgelogt wird."

    Die Löschung von Dokumenten werde mitprotokolliert? "Korrekt."

    Können die Protokolle gelöscht werden? "Ein Systemadministrator kann das. Nach meiner Einschätzung."

    Woher diese Einschätzung kommt? "Man braucht kein IT-Professor sein, dass man mitkriegt, dass ein Systemadministrator grundsätzlich alle Rechte hat."

    Zadic hält fest, dass H. das aber nicht weiß, sondern nur glaubt. Der bestätigt.

Kommentare