Kickl gab im BVT-U-Ausschuss den unwissenden Minister

Kickl gab im BVT-U-Ausschuss den unwissenden Minister
Der FPÖ-Innenminister wies einmal mehr alle Vorwürfe in der Causa Verfassungsschutz von sich

Er startete souverän, war gewohnt schlagfertig. Doch je länger der Fragemarathon im BVT-U-Ausschuss dauerte, umso öfters gab Herbert Kickl den „unwissenden Innenminister“. Er spulte mehrfach Stehsätze ab, wie „Ich weiß nicht.“ „Ich bin im Nachhinein informiert worden.“ Oder: „Ich bin nicht hellseherisch veranlagt, denn ich war nicht dabei und kann mich nicht duplizieren.“

Zusehends legte Kickl seine Souveränität ab, die Ungeduld gewann die Oberhand. Am Ende blieb eine Frage im Raum stehen: Kann ein Innenminister tatsächlich so unwissend sein, vor allem wenn die Medien wie ein Haftelmacher in der Causa BVT aufpassen?

Kickl wollte glaubhaft machen, dass die Causa BVT für ihn nicht oberste Priorität war. „Da halte ich das ehrlich gesagt für ein bisserl weltfremd, wenn man glaubt, dass das der Hauptfokus der Beschäftigung ist. Es ist meine 25. Nebenbeschäftigung.“

Das Fazit der Opposition fiel nach Kickls Auftritt mehr als zynisch aus. „Einen Innenminister Herbert „ich weiß von nichts“-Kickl verträgt diese Republik sicher nicht“, formulierte Peter Pilz den allgemeinen Tenor.

Der Live-Ticker von Tag 12 im BVT-Untersuchungs-Ausschuss zur Nachlese: 

„Bekam 370 Fragen“

Denn wie kann es sein, dass ein Innenminister erst Anfang November 2018 davon erfährt („Ich wurde von Generaldirektorin Michaela Kardeis informiert“) , dass sich das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (kurz BVT) Ende April freiwillig aus den Arbeitsgruppen der sogenannten Berner Gruppe Internationaler Nachrichtendienste zurückzieht, um nicht suspendiert zu werden? Noch am 3. September informierte Kickl den Nationalen Sicherheitsrat, dass das BVT nicht international isoliert sei. „Für mich ist der entscheidende Punkt gewesen, ob wir tatsächlich von Informationen abgeschnitten worden sind“, so der Minister. Das war laut Auskunft seiner internationalen Gesprächspartner nicht der Fall.

Hier allerdings hat Michaela Kardeis, die Generaldirektorin für Öffentliche Sicherheit, die nach Kickl in den U-Ausschuss geladen war, eine andere Sichtweise. Sie bestätigte, dass es Misstrauen bei den internationalen Geheimdiensten gab. Nämlich aus drei Gründen: Wegen eines Spionagefalls aus dem Jahr 2017, den Hausdurchsuchungen mit der Mitnahme von Unterlagen von Partnerdiensten und problematischen Verbindungen der FPÖ. Vor allem die Geheimdienste der USA, Deutschlands, Hollands und Großbritanniens waren skeptisch.

Innenminister Herbert Kickl als Zeuge im BVT-U-Ausschuss

Der nächste Fauxpas passierte Kickl, als SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer eine parlamentarische Anfragebeantwortung des Innenministers vorlegte. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob der Innenminister von einem Treffen von seinem Generalsekretär Peter Goldgruber und seinem Mitarbeiter Udo Lett mit der Belastungszeugin und ehemaligen BVT-Mitarbeiterin Ria-Ursula Peterlik am 20. Februar wisse.

In der Anfragebeantwortung ans Parlament wollte Kickl nichts davon gewusst haben. Tatsächlich war der Innenminister bei dem Treffen sogar dabei. „Ich blieb aber nur zehn Minuten“, so Kickl. Und setzte nach: „Ich habe 370 Anfragen bekommen. Glauben Sie wirklich, dass ich die Fragen selber ausfülle?“ „Aber Sie suchen sich ihre Mitarbeiter aus, die die Fragen beantworten und setzen ihre Unterschrift darunter“, konterte Ex-SPÖ-Minister Jörg Leichtfried.

Einer brachte Kickl richtig auf die Palme. Es war Peter Pilz. Bei der Frage, ob Kickl oder sein Generalsekretär Goldgruber durch „den geplanten Verrat“ von verdeckten Ermittlern in der Extremismusszene, der für diese lebensgefährlich gewesen wäre, Amtsmissbrauch begangen habe, zuckte Kickl aus. Zur Erinnerung: BVT-Chef Peter Gridling hatte im U-Ausschuss behauptet, dass Generalsekretär Goldgruber die Namen der verdeckten Ermittler wissen wollte.

„Unterstellung“

Es sei eine „wirkliche Unterstellung“, ihm vorzuwerfen, „zum Amtsmissbrauch zu greifen und das Leben von Ermittlern zu gefährden, um Rechtsradikale zu schützen“. Und fuhr wütend fort: „Ich weise das auf das allerschärfste zurück.“ Wenn es um extremistische Aktivitäten gehe, „wird kein Unterschied gemacht, ob das von Rechts kommt oder von Links kommt oder aus dem Bereich des Islamismus“.

Kickl sei bei dem Gespräch zwischen Goldgruber und Gridling nicht dabei gewesen, möglicherweise gibt es „unterschiedliche Wahrnehmungen“ davon. „Ist es so, dass es für einen Minister oder einen Generalsekretär verboten ist, eine solche Auskunft zu bekommen oder nicht?“, fragte Kickl Pilz.

Wenig überraschend will Kickl auch im Vorfeld der Razzia („Ich bin ja kein Einsatztaktiker“) nicht eingebunden gewesen sein.

BVT: Spannung vor Kickls Aussage

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