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Politik Inland

Finanzsektionschef im U-Ausschuss: "Mein Herz blutet"

Befragt werden der Leiter der Internen Revision im Finanzministerium und ein Fachvorstand sowie der Chef der Sektion Steuerpolitik und Steuerrecht.

03/10/2022, 08:37 AM

Einer der wichtigsten Schauplätze für den ÖVP-U-Ausschuss ist das Finanzministerium (BMF). Denn hier wurden die zentralen Steuerthemen, um die es im Ausschuss geht, behandelt. Allen voran ist das die Causa Siegfried Wolf. 

Dabei geht es ja um den Verdacht eines verbotenen Deals zwischen dem Unternehmer Wolf und einer Finanzbeamtin. Diese soll Wolf einen Steuernachlass gewährt haben, Wolf soll sich im Gegenzug beim früheren Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid, dafür eingesetzt haben, dass die Beamtin an ein anderes Finanzamt versetzt wird.

Als Auskunftsperson geladen sind Gunter Mayr, Sektionschef im Finanzministerium, sowie zwei weitere Beamte. Wolf war eine Steuernachzahlung um vier Millionen Euro reduziert worden, nachdem der ehemalige Generalsekretär Thomas Schmid interveniert hatte.

"Steuerberater für die Reichen"

SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer nutzte die Zeit vor der Befragung der ersten Auskunftsperson, um die ÖVP als "Steuerberater für die Reichen und Mächtigen" darzustellen. Auch der Freiheitliche Christian Hafenecker will sich die Causa näher anschauen, ebenso die Grüne Nina Tomaselli, die von einer "Spezialbehandlung für Superreiche im Finanzministerium" sprach.

Auch für ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger sind die Vorgänge rund um Wolf nicht richtig. Er merkte aber an, dass die Kontrollsysteme im Ministerium funktioniert und sich am Ende des Tages durchgesetzt hätten. Aus den Empfehlungen der internen Revision zu lernen sei auch Aufgabe des Untersuchungsausschusses.

122 Tage geprüft

Der Leiter der Internen Revision - er ist seit 43 Jahren im Ressort tätig, seit fast 20 Jahren in dieser Funktion - war dann auch die erste Auskunftsperson am Donnerstag. Er erläuterte gleich in seinem Eingangsstatement den Ablauf der Überprüfung jener Studien der Meinungsforscherin Sabine Beinschab, die im Mittelpunkt der Inserate-Causa stehen. Auch er selbst sei in den Vorgang Ende des vergangenen Jahres eingebunden gewesen.

Der zeitliche Aufwand: 122 Tage. Insgesamt haben die Beinschab-Studien 587.000 Euro gekostet. Wie viel Geld davon tatsächlich für Studien aufgewendet wurden und wie viel für Umfragen, die dann mutmaßlich in der Tageszeitung Österreich,  ist noch von der WKStA zu klären. Sabine Beinschab gab bei ihrer Einvernahme an, dass das Verhältnis bei 80:20 lag. 80 Prozent der verrechneten Kosten wurden  für Studien verwendet, 20 Prozent für die Kostenabdeckung der Umfragen. 

Bericht wurde versteckt

Was die Abgeordneten Stefanie Krisper und Jan Krainer heute herausgearbeitet haben, liest sich so: Der 144-seitige Revisionsbericht zu den Beinschab-Studien sollte in den "Akten versteckt werden". Wie hat das Finanzministerium das versucht? Ganz einfach.

Die Zusammenfassung, die allerdings nur 18 Seiten hat, wurde als Revisionsbericht im Akt tituliert, die ausführliche Analyse der internen Revision nur als "Anhang". "So wollte man den Bericht aus der Akteneinsicht ausnehmen", sagt Krisper.

In den 144 Seiten ist dokumentiert, wie Inseratenbudget mit einem Einzeiler vom Kabinett des Finanzministers um zwei bis drei Millionen Euro einfach erhöht wurden. "All diese Mails fehlen in der Zusammenfassung, die als Hauptgericht veröffentlich wurde", kritisiert Krainer. 

"Sie nannte ihn Sigi"

Als zweite Auskunftsperson war heute der Fachvorstand des zuständigen Finanzamtes in der Steuer-Causa Wolf im Parlament geladen. Er erklärt sehr technisch, wie solche Finanzverfahren ablaufen. Auf die Frage, ob er eine Wahrnehmung hätte, wie gut sich Wolf und die Vorständin des Finanzamtes (sie genehmigte eine Nachsicht von Strafzinsen in der Höhe von über 600.000 Euro) verstanden, antwortet der Beamte nüchtern: "Es war bekannt, dass sie ihn Sigi nannte". 

Auch geladen war Gunter Mayr, Sektionschef im Finanzministerium. Bis zur Schlussbesprechung sei in der Causa Wolf alles "recht normal gelaufen", berichtete er . Ungewöhnlich sei aber schon gewesen, dass ein Sektionschef mit einer derartigen Sache öfter befasst wird. Dann habe ihn Schmid zu sich zitiert, was ein "besonders unerfreulicher Termin" gewesen sei. 

Dass die Schlussbesprechung, bei der es zur Reduktion der Steuernachzahlung für Wolf gekommen war, 2016 verschoben worden war, sei ihm erst im Dezember des Vorjahres durch Medienberichte bekannt geworden. Davor hatte er die Sache für erledigt gehalten, auch von einem möglichen Hintergrunddeal habe er nichts mitbekommen. Steuerrechtlich sei dann nichts mehr zu machen gewesen, die Bescheide waren rechtskräftig, die Causa verjährt. Bei er Nachsicht der Zinsen hätten - ab 150.000 Euro - Generalsekretär und Sektionschef eingebunden werden müssen. Man habe die Aufhebung des Bescheids veranlasst und Anzeige erstattet.

Dass der frühere ÖVP-Finanzminister Hans-Jörg Schelling je mit ihm über die Causa geredet hätte, sei ihm nicht erinnerlich, so Mayr. Sehr wohl erinnerte sich der Sektionschef aber an einen Essentermin mit Immobilieninvestor Rene Benko, zu dem Schmid ihn mitgenommen habe. Er habe dort klargestellt, dass die Finanz nur im Rahmen der Gesetze handle - und habe daraufhin nie mehr von Benko gehört. Fragen der NEOS nach sonstigen Interventionen waren Mayr zu allgemein. "Mir ist die Causa Wolf in besonderer Erinnerung", meinte er schließlich: "Ich kann mich in diesem Ausmaß jetzt nicht an einen anderen Fall erinnern." Vergleichbares habe es im Untersuchungszeitraum nach seiner meiner Einschätzung nicht gegeben.

Außerdem nahm er  die "erstklassige" Beamtenschaft des Finanzministeriums in Schutz. Ihm blute das Herz, wenn eine Handvoll Personen die Reputation des Ressorts beschädige: "So ist die Finanzverwaltung nicht."

U-Ausschuss: Tag 4 im Live-Ticker

  • 03/10/2022, 05:29 PM

    Auf Wiederstehen

    Damit dürfen wir uns an dieser Stelle von Ihnen verabschieden. Jetzt ist zwei Wochen Pause, dann geht es weiter. Schön, dass Sie dabei waren.

  • 03/10/2022, 05:28 PM

    Die Befragung ist zu Ende

    Sowas haben wir bei diesem Ausschuss noch nicht erlebt - der Befragungstag endet planmäßig.

  • 03/10/2022, 05:22 PM

    Wolf und Russland

    Und wir erfahren noch ein Detail aus dem "unerfreulichen Termin" von Mayr bei Schmid. Wolf könne in Russland dienlich sein, soll Schmid gesagt haben. Das ändere nichts daran, dass auch Topmanager ihre Steuern zahlen müssten, will Mayr entgegnet haben. 

  • 03/10/2022, 05:12 PM

    Es geht weiter

    Wir sind wieder bei der Causa Wolf und der Schlussbesprechung. Er mache der Finanzverwaltung keinen Vorwurf, sagt Mayr. "Da war nicht das Topteam da", erklärt er.

  • 03/10/2022, 05:01 PM

    Dringende Pause

    Kurze Pause, verordnet Hofer. Kripser: "So dringend war's noch nie."

  • 03/10/2022, 05:00 PM

    Tomaselli fragt jetzt zu den Illwerken

    Zur Erinnerung: Der Tiroler Landeshauptmann Wallner soll das Finanzministerium in der Steuersache Illwerke kontaktiert haben - der Standard berichtete das damals. Eine Intervention will Mayr das aber nicht nennen. 

  • 03/10/2022, 04:39 PM

    Zanger fragt

    "Sind Ihnen Fälle bekannt, in denen mit einer ähnlichen Intensität interveniert wurde wie in der Causa Wolf?" Mayr verneint. Und Zanger schlussfolgert "Quod licet Iovi non licet bovi" (Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Rindvieh verboten - glaubt sich Ihre Tickerin zu erinnern.) Als Frage ist das nicht zulässig. 

  • 03/10/2022, 04:16 PM

    Krainer fragt

    Ist Mayr im Zusammenhang mit der Steuersache Pierer angesprochen worden? "Nein, kein einziges Mal." In einem anderen Fall bezüglich eines Süßigkeitenunternehmers, habe ihn Schelling gebeten, sich das anzusehen aber ihn inhaltlich zu nichts gedrängt.

    Und gibt es so etwas wie Einzelfallbesprechungen mit dem Minister? Ja, das habe es auch außerhalb des Untersuchungsgegenstandes gegeben, aber nur in absoluten Ausnahmefällen. 

  • 03/10/2022, 03:49 PM

    Krisper fragt

    Mayr erzählt jetzt, er könne sich an Zeiten erinnern, als Steuerberater quasi täglich ins BMF kamen. Krisper legt einen Chat zwischen Schmid und Schelling vor: "Solche Deals spielen sich nicht mehr auf der Ebene, sagten Gunter und K." Was heißt nicht mehr? Mayr sagt, es mag früher vielleicht etwas gegeben haben aber das sei außerhalb des Untersuchungsgegenstands.

    Ihm sei die Causa Wolf in besonderer Erinnerung, an etwas Vergleichbares könne er sich im Untersuchungszeitraum nicht erinnern. 

  • 03/10/2022, 03:39 PM

    Ein Essen und ein Angebot

    Es gab auch ein Essen mit Benko, Schmid und Mayr. Schmid hat Benko laut Mayr dabei angeboten, dass er sich melden solle, wenn er "Themen" hätte. Er, Mayr, habe aber klar gemacht, dass das für ihn nur im Rahmen der Gesetze möglich sei. Benko habe sich dann nie bei ihm gemeldet. Dass er mit Steuerpflichtigen essen gehe, sei bei ihm übrigens die Ausnahme. Er habe das auf Bitte von Schmid gemacht. 

  • 03/10/2022, 03:35 PM

    "Nicht optimal"

    Warum die Fachvorständin der Großbetriebsprüfung nicht bei der Schlussbesprechung war? Mayr wiederholt, dass die Zusammensetzung "nicht optimal" war, mehr weiß er aber nicht. 

  • 03/10/2022, 03:21 PM

    Tomaselli fragt

    Ihr geht es um die Nachsichtsthematik 2019. Man habe eine Anfrage an W. gestellt, warum das ohne Einverständnis des BMF passiert sei. Die Antwort war, dass es ein Einvernehmen mit dem Herrn Generalsekretär dazu gegeben habe. (Das hat ja auch W. ausgesagt.) Mayr wollte dann eine Aufhebung des Nachsichtsbescheides. Dazu kam es auch. Man sei nach Beratungen dann auch zum Schluss gekommen, man müsse Anzeige erstatten, ohne aber die Personen explizit zu nennen. Aber es ging um Herrn W., Frau K. und einen Teamleiter. 

  • 03/10/2022, 03:14 PM

    Das Protokoll der Besprechung

    Frau K. habe ihm später mitgeteilt, dass man sich an das Ergebnis der Großbetriebsprüfung halten werde. Damit sei die erste Phase für ihn erledigt gewesen, sagt Mayr. 

    Als dann alles medial aufgeschlagen sei, sei er grad auf dem Weg nach Tirol gewesen - es waren Weihnachtsfeiertage. Er habe sich dann das Protokoll der Schlussbesprechung kommen lassen und erfahren, dass das Finanzamt dabei nicht den Vorsitz geführt hat - weder W. noch Frau K. waren dabei. Und er habe sich angeschaut, wie es zur Reduktion von 11 auf 7 Millionen kam. Machen habe man da aber nichts mehr können, weil die Sache verjährt war. 

  • 03/10/2022, 03:02 PM

    Wieder der "Sigi"

    Danach hatte er einen Termin mit Schmid, erzählt Mayr. Der sei sehr unfreulich gewesen. Schmid und er hätten dann Frau K. angerufen und er habe gehört, dass Schmid und K. immer über "den Sigi" sprachen. Das sei ihm seltsam vorgekommen, sagt Mayr sinngemäß. Er habe dann die Besprechung verlassen. 

  • 03/10/2022, 03:00 PM

    Der Ablauf

    Wie vorher W. sagt nun auch Mayr, dass die spannende Frage war, ob das zu versteuernde Einkommen aus selbständiger oder nicht selbständiger Tätigkeit stamme.

    Nach der Großbetriebsprüfung habe Schmid dann ihn, Mayr, einbezogen, weil die Großbetriebsprüfung eine so "strenge Ansicht" habe. Dann gab es noch den Wunsch, er solle an einer Besprechung mit den Steuerberatern Wolfs teilnehmen. Er habe aber die Meinung der Großbetriebsprüfung geteilt. Er sei aber informiert worden, dass die Finanazamtsvorständin K. das anders sehen. Er habe es sich dann nochmal angesehen, blieb aber bei seiner Meinung und habe ein Mail an Schmid verfasst, dass eine Schlussbesprechung stattfinden müsse. Bis dahin seien die Abläufe noch nicht über die Maßen ungewöhnlich. 

  • 03/10/2022, 02:55 PM

    Drei Phasen

    Mayr will zu Beginn etwas zur Abgabenrechtlichen Geheimhaltungspflicht sagen. 2016 habe er das erste Mal von der Steuersache Wolf gehört. Dann dachte er, das sei alles erledigt. Weiter ging es mit der Nachsicht 2019 und schließlich, als alles an die Medien kam.
  • 03/10/2022, 02:49 PM

    Mayrs Eingangsstatement

    Die Beamtenschaft im BMF sei eindeutig und funktioniere, sagt er. Er will aber nicht verhehlen, dass ihm "das Herz blutet" wenn eine Hand voll Personen die Reputation des BMF beschädige. "So ist die Finanzverwaltung nicht."

  • 03/10/2022, 02:44 PM

    Es geht weiter

    BMF-Sektionschef Gunter Mayr ist da und wird belehrt. Norbert Hofer hat den Vorsitz übernommen.
  • 03/10/2022, 02:10 PM

    Die Verfahrensrichterin hat keine Fragen mehr

    Die Befragung ist beendet. Wir machen Pause bis 14.30 Uhr. 

  • 03/10/2022, 02:08 PM

    Und jetzt also eine vierte Fragerunde

    Tomaselli darf fragen. W. arbeitet jetzt anderswo wieder mit Frau K. zusammen. Wie kam es dazu? Alle seien gefragt worden, in welcher Dienststelle sie tätig sein wollen. Er habe zwei Möglichkeiten genannt und sei dann an jenes Finanzamt zugeteilt worden, an dem auch Frau K. arbeitet. Zu einer Zusammenarbeit kam es aber nicht, weil W. gerade in einem Abwesenheitsjahr ist. 

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