Faymann und Mitterlehner im TV: "Wir fürchten uns nicht"

Faymann und Mitterlehner bei Brandstätter und Milborn
Kanzler Faymann und Vizekanzler Mitterlehner diskutierten auf Puls4 über Terror und Flüchtlingskrise.

Am Tag drei nach dem Anschlag in Paris stellte sich die Regierungsspitze erstmals den Fragen der Bevölkerung zum Thema Terror und Flüchtlingskrise. Bei der Puls4-Diskussion Pro und Contra am Montagabend versuchten Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) um Verständnis für die Pannen bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise zu werben. "Wir sind mit einer Herausforderung konfrontiert, die wir in dieser Form noch nie hatten. Da gibt es keine fertigen Rezepte in der Schublade. Aber wir fürchten uns nicht", meinte Mitterlehner. Der Vizekanzler gab zu, dass das Durchgriffsrecht nicht "wunderbar" funktioniert. "Wir sind mit dem Durchgriffsrecht immer hinten nach." Kanzler Werner Faymann versuchte die Ängste der Bevölkerung zu minimieren, indem er meinte: "Bis jetzt haben wir 67.000 Asylwerber, aber wir diskutieren als hätten wir drei Millionen."

Stimmung am Kippen

Faymann und Mitterlehner im TV: "Wir fürchten uns nicht"
BK Faymann bei der Puls4 Sendung Pro und Contra
Doch auch mit diesen Antworten gaben sich die anwesenden Regionalpolitiker im TV-Studio nicht zufrieden. Schärdings Bürgermeister Franz Xaver Angerer (ÖVP) warnte vor einem Stimmungsumschwung. "Im bayrischen Nachbarort Neuhaus ist das schon passiert. Ich weiß nicht, wie ich in Schärding die vielen freiwilligen Helfer noch motivieren kann. Alle haben das Gefühl der Machtlosigkeit. Es fehlt uns die positive Perspektive, wann sich die Situation verbessert."

Auch die SPÖ-Landtagsabgeordnete Cornelia Schweiner aus der Steiermark, obwohl sie 300 Kilometer von Schärding nämlich in Spielfeld tätig ist, berichtet von ähnlichen Zuständen. "Die Bevölkerung geht mit dem, was sie sagen und tun nicht mehr mit. Die Menschen fühlen sich nicht mehr verstanden. Die Waffengeschäfte sind ausverkauft, weil die Menschen Ängste haben."

Bei der Frage wie man die Situation in den nächsten Monaten in den Griff bekommen kann, hatten Kanzler und Vizekanzler unterschiedliche Ansichten. Ein "Wir" kam den beiden bei den präsentierten Lösungen selten bis gar nicht über die Lippen. Einmal mehr zeigte sich, wie weit die Koalition hier von einander entfernt ist. Während Werner Faymann in Aussicht stellte, dass in sechs Monaten mit der Türkei ein Abkommen geschafft sein und der Flüchtlingsstrom dann abnehmen könnte, verlangt Mitterlehner deutlichere Signale. "Wir dürfen nicht nur die Flüchtlingsroute gut ausstatten, sondern wir müssen auch drosseln. Wenn wir nicht drosseln, werden drei Staaten absaufen", so Mitterlehner.

Faymann hofft nach wie vor auf eine europäische Lösung. Von einer Obergrenze und einem 700 Kilometer langen Zaun, wie es die FPÖ fordert, will der Kanzler nichts wissen. "Was tun wir, wenn im Winter dann 10. oder 100.000 vor der Grenze sitzen und die Obergrenze ist erreicht?" Auch in Zukunft wird es keine Registrierung an der Grenze geben, sondern nur stichprobenartige Kontrollen. "Wir müssen der UNHCR und der Türkei mehr zahlen, wenn wir den Flüchtlingsstrom drosseln wollen."

Überwachung

Mehr Einigkeit herrschte bei der Terrorbekämpfung. Eine der Kernbotschaften war: Wir bleiben bei unseren Freiheitsrechten. "Die Kontrolle, ob sich ein Terrorist unter die Kriegsopfer mischt, muss an der EU-Außengrenze passieren. "Islamisten sind Kriminelle, die gehören überwacht", meinte der Kanzler. Für Mitterlehner hatte der Terroranschlag von Paris eine neue Dimension erreicht. "Es war ein Anschlag gegen die Gesellschaft. Plötzlich kämpfen 25-jährige Jihadisten gegen 25-jährige Fußballer. Das ist neu."

Nach der 90-minütigen Puls4-TV-Diskussion bemühte sich der Kanzler dann noch, die Situation in Spielfeld zu verbessern. Er fragte bei SPÖ-Regionalpolitikerin Schweiner nach, was an der Grenze zur Versorgung der Flüchtlinge besonders dringend benötigt wird. Die Antwort kam rasch: "Eine Feldküche, damit die Flüchtlinge warmes Essen bekommen und nicht am Boden gekocht werden muss. Und mehr Dolmetscher." Faymann gab sein Versprechen, diese Maßnahmen in den nächsten Tagen in die Wege zu leiten.

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