Es sei „dramatisch“, wenn Beschuldigte nach langen Verfahren, die mit Freispruch enden, auf den Kosten sitzen bleiben, sagte Vizekanzler Werner Kogler am Montag im ORF-„Sommergespräch“ und nannte seinen Vorgänger im Amt, Heinz-Christian Strache, als Beispiel. „Da muss etwas passieren“, so Kogler.
Der Satz könnte als direkte Aufforderung an seine Justizministerin, die grüne Alma Zadić verstanden werden. In ihrer Zuständigkeit liegt das Thema Kostenersatz als Teil eines Pakets, auf das sich die türkis-grüne Koalition bereits im Februar 2021 geeinigt hat.
Groß engagiert hat sich Zadić bisher aber nur für einen Teil davon: das Projekt General- bzw. Bundesstaatsanwalt. Eine Arbeitsgruppe hat dazu vor einem Jahr einen Endbericht abgeliefert.
Für den anderen Teil, die Beschuldigtenrechte, kurbelt ÖVP-Verfassungsministerin Karoline Edtstadler. Dass Kogler sich nun im ORF für ihr Lieblingsthema starkmacht, freut sie: „Die von Vizekanzler Kogler angesprochene notwendige Stärkung der Beschuldigtenrechte unterstütze ich voll und ganz.“ Es sei ihr wichtig, dem Recht auf ein faires Verfahren „zum Durchbruch zu verhelfen“.
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Im Ministerium geht man auf KURIER-Nachfrage nicht näher auf die Ansage Koglers (immerhin Parteichef der Ministerin) ein.
Nur so viel: Der Kostenersatz sei „von den Grünen in das Regierungsprogramm hineinverhandelt“ worden und man habe wiederholt betont, dass man einer Reform offen gegenüberstehe.
Nachsatz: „Wenn sich die ÖVP intern darauf einigt, durch das Finanzministerium die erforderlichen finanziellen Mittel bereitzustellen“. Eine Deckung aus dem laufenden Justizbudget erscheine derzeit nicht möglich, da je nach Modell ein bis zu dreistelliger Millionenbetrag erforderlich ist.
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Junktim
Das hatte Sabine Matejka, Präsidentin der Richtervereinigung, im KURIER-Interview vor Kurzem bereits befürchtet: Sie hielt die Forderungen nach Kostenersatz, aber auch nach Verbesserungen des Rechtsschutzes bei Handysicherstellungen für berechtigt, meinte aber: „Am Ende scheitert es immer am Geld.“ Nicht nur am Geld, sondern auch am Junktim könnte es scheitern.
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Die ÖVP ist gegen den Vorschlag der Grünen bezüglich Generalstaatsanwaltschaft – damit steht das Paket. Auf die Frage, ob man das Junktim auflösen könnte, sagt ÖVP-Ministerin Edtstadler, sie setze sich weiter dafür ein, den Ministerratsvortrag umzusetzen.
Aber: „Sollten einzelne Projekte zum Schutz von Beschuldigten schneller umgesetzt werden können, ist dies nur im Sinne des Rechts auf ein faires Verfahren zu begrüßen.“ Der Kostenersatz sei ja bereits im Regierungsprogramm festgehalten worden.
Im Justizministerium wird betont, dass die Vereinbarung in der jetzigen Form ein Wunsch des Koalitionspartners war.
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