Trotz Koalitionsbruchs: Türkis-blauer Paarlauf bei Bildung
„Es ist eine Notwendigkeit im buchstäblichen Sinne“, sagt ÖVP-Bildungssprecher Rudolf Taschner im KURIER-Gespräch und meint damit den Initiativantrag, den er mit seinem FPÖ-Pendant, Wendelin Mölzer, diese Woche im Nationalrat einbringen will.
Es geht um die Finanzierung der Ganztagsbetreuung in Österreichs Schulen ab dem kommenden Jahr und darum, die Betreuungsplätze für die 6- bis 15-Jährigen auszubauen. Notwendig ist dieser Initiativantrag deshalb, weil die ÖVP-FPÖ-Regierung die Änderung des Bildungsinvestitionsgesetzes (BIG) und die dazugehörige Finanzierung zwar politisch paktiert, aber nicht mehr in Gesetzesform gegossen hat.
„Die Ibiza-Affäre und der Koalitionsbruch dürfen nicht zulasten der Schüler gehen“, so Taschner. Die Novelle wieder in Erinnerung gerufen hatte am Wochenende Kärntens Landehauptmann Peter Kaiser, der via Tiroler Tageszeitung an die Regierung appellierte, „die Vereinbarung umzusetzen und das Gesetz an das Parlament weiterzuleiten. Das Ganze ist ja bereits ausverhandelt und budgetär gedeckt.“ Sowohl Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein als auch die neue Bildungsministerin Iris Rauskala begrüßen den türkis-blauen Paarlauf im Parlament.
Konkret geht es beim BIG um 250 Millionen Euro, die der Bund für die Förderung von Ganztagsbetreuung von 2020 bis 2022 in die Hand nimmt. „Ziel ist es, dass ein flächendeckendes Angebot an Tagesbetreuung an ganztägigen Schulformen und anderen Betreuungseinrichtungen für 40 % der Kinder von 6 bis 15 Jahren bzw. bei 85% der allgemein bildenden Pflichtschulen zur Verfügung steht“, heißt es im Gesetzesantrag. Bis zum Herbst 2022 sollen so 230.000 Tagesbetreuungsplätze für Pflichtschüler entstehen. An den Pflichtschulen selbst soll das Angebot auf 172.500 Plätze (23,1 Prozent auf 30 Prozent) steigen.
Bis dato war der Ausbau von ganztägiger Betreuung an Pflichtschulen mittels 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern geregelt. „Süßes Gift“ nannte der nunmehrige Ex-Bildungsminister Heinz Faßmann die bisherige Regelung, denn die Länder waren zurückhaltend beim Ausbau der Betreuungsplätze, da sie befürchteten, auf den Personalkosten mittelfristig sitzen zu bleiben. Die Gesetzesänderung soll dies nun ändern, ab nächstem Jahr beteiligt sich der Bund an den Personalkosten für die Nachmittagsbetreuung, für die bisher allein die Pflichtschulbetreiber aufkommen mussten. Die Länder können alle bis dato „liegengelassene“ Mittel für den Erhalt der Betreuungsplätze benutzen - die Mittel müssen nicht ausschließlich in den Ausbau neuer Plätze fließen.
Und noch ein Aspekt: Als Christian Kern anno 2016 SPÖ-Chef und Bundeskanzler wurde, präsentierte er ein Großprojekt, wonach die ganztägigen Schulplätze bis 2025 verdoppelt werden sollten. Das Budget kam damals von der Bankensteuer - 750 Millionen Euro wurden bereitgestellt.
Die schwarz-blaue Regierung änderte den Fokus und streckte die Ausbaupläne bis zum Jahr 2032, was in den Augen der SPÖ eine Halbierung der finanziellen Mittel gewesen sein soll. Der neue türkis-blaue Initiativantrag dürfte wieder an die alten Ausbaupläne anschließen.
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