Top-Juristin soll den Hypo-Krimi lösen

Ex-OGH-Präsidentin Griss soll Licht ins Dunkel der Hypo bringen
Die frühere OGH-Präsidentin Irmgard Griss leitet die Untersuchung zur Hypo.

Erst Sonntagfrüh hat die ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofes, Irmgard Griss, dem Ansinnen von Michael Spindelegger zugestimmt, die Untersuchungskommission in der Causa Hypo zu leiten. Der Finanzminister hat die Nominierung der 67-jährigen pensionierten Richterin mit Bundeskanzler Werner Faymann abgesprochen.

In der ORF-Pressestunde verteidigte Spindelegger die Einrichtung der Kommission. Dann empfahl er den Bürgern, Informationen über das Hypo-Debakel auf einer Internet-Seite des Ministeriums abzurufen.

Um das Desaster der notverstaatlichten Bank zu untersuchen, hat Griss laut Finanzministerium freie Hand bei der Zusammenstellung ihres Teams und der gesamten Kommunikation. "Frau Griss bekommt auch alle Akten, die sie für die Untersuchung benötigt", sagt der Sprecher des Finanzministeriums zum KURIER.

Für die Auswahl von Griss als Leiterin der Untersuchungskommission wird nicht nur ihre langjährige Tätigkeit als Richterin angeführt, sondern zuletzt auch ihr Engagement für den Verbraucherschutz sowie für Transparenz. Seit März 2013 leitet sie eine Schlichtungsstelle für außergerichtliche Streitverfahren in Sachen Konsumentenschutz, die im Sozialministerium angesiedelt ist.

Wie Griss ihre Arbeit anlegen will, ist offen, sie war zunächst nicht erreichbar.

Opposition ist empört

Die Opposition schäumt allerdings darüber, dass die Regierung nicht zu einem U-Ausschuss über die Hypo bereit ist. "Das ist ein untauglicher Fluchtversuch von der unabdingbaren Klärung der politischen Verantwortung", sagt Grünen-Vize-Klubchef Werner Kogler. "Eine solche gigantische finanzpolitische Fehlentwicklung muss von einem Parlamentsausschuss untersucht werden." Auch FPÖ und Team Stronach reagierten empört auf die Spindelegger-Ankündigung.

Die Grünen lassen sich vom bevorstehenden Stopp für die Online-Petition für einen U-Ausschuss in Sachen Hypo nicht beeindrucken und wollen diese Woche eine weitere starten.

Am Dienstag wollen SPÖ und ÖVP die Zuweisung an den Finanzausschuss beschließen. Die Opposition wertet dies als "Abwürgen" der Petition, die bis Sonntagabend mehr als 64.000 Unterstützer hinter sich versammeln konnte.

Richterin Irmgard Griss

Geboren 13.10.1946 in Bösenbach (Stmk).

Ausbildung Jus-Studium in Graz; 1970 Promotion; Assistentin am Institut für Zivilgerichtliches Verfahren Uni Graz; 1974–’75 Harvard Law School; 1978 Anwaltsprüfung.

Berufliche Karriere Ab 1979 Richterin; seit 1993 am Obersten Gerichtshof; 2007– 2011 Präsidentin des OGH.

Neue Besen kehren gut, dachte sich wohl Finanzminister Michael Spindelegger, als er am Sonntag in der ORF-Pressestunde gleich zwei Personal-Entscheidungen in der Causa Hypo ankündigte. Der deutsche Banker Herbert Walter soll Aufsichtsratschef der Staatsbank samt Pouvoir für Personalentscheidungen werden, die ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofes, Irmgard Griss, eine Untersuchungs-Kommission leiten. Dass Spindelegger mit Herbert Walter ausgerechnet einen gebürtigen Bayern an Bord der Pleitebank holt, entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie, schließlich streitet die Hypo mit der BayernLB um Milliarden.

Abwickler

Walter habe bereits bei der Abwicklung von Banken wertvolle Erfahrung gesammelt, die er nun bei der Hypo Alpe-Adria einbringen werde, streut Spindelegger seinem Neo-Aufsichtsratschef Rosen. Seit Jänner 2010 ist Walter auch Mitglied im Aufsichtsrat der Depfa Bank in Dublin. Das Institut stehe "vor ähnlichen Herausforderungen wie die Hypo", erklärte der Finanzminister.

Aber wer ist Herbert Walter eigentlich? Zunächst einer, der gut kommunizieren kann. In Zeiten verkorkster Informationspolitik sicher ein großes Plus. Der promovierte Betriebswirt jobbte früher als freier Journalist und schreibt nach wie vor gerne Kommentare in renommierten Blättern. In seiner wöchentlichen Kolumne "Finanzlotse" im Handelsblatt warnt er etwa vor so manchen Analysten-Empfehlungen, kritisiert brustschwache staatliche Bankenaufsichten, analysiert Blasen aller Art oder bemängelt das schlechte Finanzwissen vieler Zeitgenossen. Seine Zunft sieht er durchaus kritisch: "Dass wir Banker in der Krise versagt haben, das ist klar", sagte Walter 2009 selbstkritisch in einem Focus-Interview und forderte harte Regulierungsschritte.

Analytiker

Der 60-Jährige gilt als messerscharfer Denker und Perfektionist. Nach 20-jähriger Karriere bei der Deutschen Bank wurde er 2003 von der Allianz als Sanierer in den Chefsessel der maroden Dresdner Bank geholt. Er krempelte das Institut radikal um und baute dabei kräftig Mitarbeiter ab. Spindelegger verweist darauf, dass die Dresdner Bank "seinerzeit" mit der Institutional Restructuring Unit (IRU) die erste private Abwicklungseinheit einer deutschen Großbank gehabt habe.

Ein nachhaltiger Erfolg als Sanierer blieb Walter verwehrt. In der Finanzkrise kam die Dresdner wegen ihrer Investmenttochter erneut schwer unter Druck und wurde von der Commerzbank geschluckt. Der Verkauf gilt als große Niederlage Walters. Als Abfindung standen ihm eine Million Euro zu, der Banker hat darauf verzichtet – und setzte damit eine Geste, die bei Managern nicht alltäglich ist.

Derzeit ist der verheiratete Vater dreier Kinder und begeisterte Radfahrer vor allem beratend als Finanzexperte tätig und sitzt in mehreren Aufsichtsräten.

Rute im Fenster

Was in der Hypo-Causa noch auf die Steuerzahler zukommt, skizzierte Michael Spindelegger nur in Umrissen. Die weiteren Kosten der 2009 notverstaatlichten Bank ließ er offen. Er könne nicht sagen, ob ein neues Sparpaket nötig sei. Er müsse sich erst "überlegen, wie man mit den Summen umgeht".

Einen weiteren Kapitalbedarf der maroden Bank hat er nicht ausgeschlossen. Als Eigentümervertreter stellte er dem Bankvorstand aber die Rute ins Fenster: "Ich will wissen, was jetzt noch zu erwarten ist." Vier Milliarden Euro werde er heuer wegen der Hypo "ins Budget bringen müssen". Bis jetzt wurden 4,8 Milliarden in die Bank gesteckt. Ob dieser Summe will Spindelegger weiter Nachranggläubiger mitzahlen lassen. Auch die Möglichkeit einer Anfechtung der Notverstaatlichung wegen arglistiger Täuschung bis zum Jahresende hält sich der ÖVP-Chef offen. Prinzipiell strebt er aber einen "Generalvergleich" mit der BayernLB an, die der Aufspaltung der Hypo noch zustimmen muss. Größter Rechtsstreitpunkt sind 2,3 Milliarden, die die Bayern aus ihrer Sicht als Kredit in der Hypo stecken haben. Österreich sagt, es handle sich um Eigenkapital.

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