Telekom-Prozess: "Bei Angeboten nichts gedacht"

Verhandlungsbeginn am Straflandesgericht Wien.
Tag drei im Prozess um dubiose Geldflüsse: Die mitangeklagten BZÖ-Werber bekannten sich zum Teil schuldig.

Mit gut einer Stunde Verspätung ist am Montag die Einvernahme der Beschuldigten im dritten Telekom-Prozess fortgesetzt worden. Kern der Anklage ist die Finanzierung des BZÖ-Wahlkampfes im Jahr 2006 durch die teilstaatliche Telekom Austria. Die Staatsanwaltschaft wertet das als Untreue. Einvernommen werden gemäß dem Fahrplan von Richter Michael Tolstiuk am Montag die beiden Werbeunternehmer, über deren Firmen die Telekom-Gelder geflossen sind.

"Nichts gedacht"

Zum Auftakt befragt wurde der Werber Kurt S., über dessen Firma 720.000 Euro von der Telekom Austria für den BZÖ-Wahlkampf 2006 abgewickelt wurden. Er bestätigte dies bei seiner Befragung neuerlich, plädierte aber auf "nicht schuldig". Ihm sei 2006 nicht bewusst gewesen, dass es sich bei der Verrechnung eines Teils des BZÖ-Wahlkampfes an die Telekom Austria um eine "illegale Handlung" gehandelt habe.

S. bekräftigte, dass der mitangeklagte damalige BZÖ-Mandatar Klaus Wittauer 2006 wegen eines Auftrags für den Wahlkampf auf ihn zugekommen sei und ihm gesagt habe, die Rechnung dafür müsse er an die Telekom stellen. Dabei, dass in den vorgefertigten Anboten der Telekom von anderen Projekten die Rede war, hat sich S. laut eigenen Angaben "nichts gedacht". Über den Werber sollen laut Anklage 720.000 Euro von der Telekom Richtung BZÖ geflossen sein.

"Ich stehe dazu, was ich gemacht habe", unterstrich S. mehrmals während der Befragung durch Richter Michael Tolstiuk. Als er schon etwa sechs Wochen mit der Entwicklung des Wahlkampfs beschäftigt gewesen sei, habe er am 29. August ein E-Mail von einem Telekom-Mitarbeiter mit Vorlagen für die Anbotslegung bekommen - erst da habe er erfahren, um wie viel Geld es gegangen sei. In den Anboten war nicht vom BZÖ-Wahlkampf, sondern von anderen Konzepten die Rede. Es sei ihm zwar komisch vorgekommen, dass da kein Bezug zum Wahlkampf hergestellt worden sei. Hinterfragt habe er die damalige Vorgehensweise nicht, wie Kurt S. im Rückblick bedauerte: "Anscheinend war ich zu naiv. Ich habe nicht nachgefragt, weil mir das genug war: das Wort eines Nationalratsabgeordneten, das BZÖ, das den Wahlkampf führen musste, eine Firma wie die Telekom - für mich war das Abmachung genug."

"Was ich nicht erbracht habe, war die Leistung auf der Rechnung"

Die auf den Rechnungen vermerkten Leistungen erbrachte er für die Telekom zwar nicht, von einer Scheinrechnung will er damals aber dennoch nicht ausgegangen sein: "Ich habe es so gesehen, dass meine Leistung für die Telekom, der Wunsch war, den Wahlkampf abzuwickeln. Was ich nicht erbracht habe, war die Leistung, die auf den Rechnungen steht."

Dass von den 720.000 Euro später 320.000 bei der Agentur Orange landeten, erklärte der Werber so: In den letzten Wahlkampf-Wochen habe ziemlicher Trubel geherrscht und man habe vereinbart, dass es sinnvoller sei, einen Teil der administrativen Tätigkeiten an die Orange abzugeben, damit er sich aufs Kreative konzentrieren könne. Die Orange habe ihm dann 300.000 Euro in Rechnung gestellt. Das sei "keine Scheinrechnung", denn das Geld sei ja tatsächlich in den Wahlkampf gegangen, argumentierte S.

"Orange schaut immer dreckig aus"

Dem BZÖ hat Kurt S. aus heutiger Sicht zu wenig verrechnet und etwa auf Spesenersatz verzichtet, wie er meinte: "Ich war der Meinung, dass ich viel zu billig war." Und schon die Parteifarbe habe ihn vor Probleme gestellt: "Orange, weiß ich aus meiner grafischen Arbeit, ist immer schwer zu drucken. Das schaut immer dreckig aus."

Besonders kritisch hinterfragt wurden die Aussagen des Werbeunternehmers Kurt S. vom Verteidiger des Ex-BZÖ-Abgeordneten Klaus Wittauer. Die Aussagen des Werbeunternehmers widersprechen nämlich in zwei entscheidenden Punkten jenen Wittauers. Laut Kurt S. war es nämlich Wittauer, der dem Werbeunternehmer die Telekom-Aufträge ankündigte und der auch über die Verteilung der entsprechenden Gelder entschied. Wittauer hatte am Freitag beides von sich gewiesen. Wittauer hatte am Freitag (wie schon im Vorjahr im Untersuchungsausschuss) versichert, dass er "kein Verteiler" gewesen sei.

Werberin bekennt sich schuldig

Die Werbeunternehmerin Tina H., über die 240.000 Euro von der Telekom in Richtung BZÖ geflossen sein sollen, hat sich am Montag im Telekom-Prozess schuldig der Beihilfe zur Untreue verantwortet. Sie sagte aus, zwecks Finanzierung des Persönlichkeitswahlkampfs von BZÖ-Ministerin Karin Gastinger, für den sie engagiert worden war, auch mit dem damaligen BZÖ-Abgeordneten Klaus Wittauer Kontakt gehabt zu haben: "Wittauer war für mich der Kontakt für die Finanzierung."

Wittauer, ebenfalls angeklagt, hatte am Freitag bestritten, den Kontakt zwischen der Werberin und der Telekom hergestellt zu haben. Die Werbeunternehmerin Tina H. widersprach: Beauftragt wurde H. für Gastingers Wahlkampf von deren Pressesprecher Christoph Pöchinger, der auch auf der Anklagebank sitzt. Dass das Geld dafür von der Telekom Austria kommen werde, habe ihr aber Wittauer mitgeteilt.

"Keine Leistung"

Wie der zweite Werber, über den Telekom-Geld geflossen ist, erhielt auch H. am 29. August eine Anbotsvorlage von der Telekom. Den Text habe sie doch als "ein bisschen befremdlich" empfunden, denn mit ihrem eigentlich Auftrag - dem Gastinger-Wahlkampf - habe das nichts zu tun gehabt, erklärte H. Sie habe dann mit Pöchinger Rücksprache gehalten und die Angebotsvorlage auf ihr Briefpapier kopiert und dann an die Telekom geschickt. Auch die Rechnung kam laut H. vorbereitet von der Telekom. Leistung hat sie für das Unternehmen keine erbracht, räumte sie ein.

Als sich Gastinger dann aus der Politik zurückzog, habe Pöchinger ihr gesagt, dass sie das verbleibende Geld an den Werber Kurt S. weitergeben müsse. Um den Betrag überweisen zu können, habe sie den Text der Telekom kopiert und eine Vorlage an S. geschickt.

Mit ihrer nunmehrigen Aussage widerspricht Tina H. ihren Angaben im Korruptions-Untersuchungsausschuss. Damals hatte sie unter Wahrheitspflicht angegeben, Wittauer nicht zu kennen und hatte als alleinigen Ansprechpartner Pöchinger genannt. Eine bewusste Falschaussage habe sie damit aber nicht machen wollen, verteidigte sich Tina H. nun vor Gericht (sie ist auch nicht der Falschaussage angeklagt, Anm.). Wittauer sei ihr damals "nicht präsent" gewesen. "Persönlich bekannt war er mir ja nicht." Es habe nur ein Telefonat und Emails mit dem Abgeordneten gegeben.

Erst als sie nach ihrer Aussage im U-Ausschuss in ihren Unterlagen das nun auch dem Gericht vorliegende E-Mail an Wittauer gefunden habe, sei ihr der ehemalige BZÖ-Abgeordnete wieder eingefallen, erklärte Tina H. nun ihre Aussage im U-Ausschuss. Bis dahin habe sie gedacht, dass sie von der Finanzierung des Wahlkampfes durch die Telekom von Pöchinger erfahren habe. Nun sei ihr klar geworden, dass es Wittauer gewesen sei.

Abgeschlossen werden die Beschuldigtenvernehmungen am Dienstag mit dem damaligen BZÖ-Geschäftsführer Arno Eccher und Gastingers Sprecher Pöchinger. Die Zeugenbefragungen sollen am 5. August starten.

Der Lobbyist Peter Hochegger macht kein Geheimnis daraus, dass er für die Telekom politische Interventionen durchgeführt hat. Und dass auch Geld an Parteien oder zumindest parteinahe Organisationen geflossen ist.

„Natürlich ist das nicht in Ordnung, und ich würde heute so etwas nicht mehr machen“, sagt der wegen Beihilfe zur Untreue Angeklagte am zweiten Tag im Telekom-Prozess um illegale Parteienfinanzierung des BZÖ. Mit dieser Sache will er aber nichts zu tun gehabt haben.

Die Vorgänge rund um das, was Hochegger „Beziehungspflege“ nennt, sind bereits aus dem Korruptions-Untersuchungsausschuss bekannt (und Ermittlungen laufen). Am Freitag aber geht Hochegger ins Detail. 2006 wurden über ihn von der Telekom 20.000 Euro an die SP-nahe Echo Werbeagentur überwiesen. Wofür? Offiziell für eine Studie über Gratiszeitungen, die laut Hochegger „keine Bedeutung“ hatte. Zweck der Zahlung sei die Unterstützung des Wahlkampfes der SPÖ gewesen, die damals in der Opposition war. Die Idee dazu stammte von ihm selbst, sagt Hochegger.

Bundeskanzler

Mehrwert für die Telekom? „Kein unmittelbarer, aber als Gusenbauer Bundeskanzler wurde, holte er Rudolf Fischer (Ex-Telekom-Chef, heute Mitangeklagter, Anm.) in ein Beratungsgremium zum Breitbandausbau. Damit konnte sich Fischer mit dem Bundeskanzler direkt über die Anliegen der Telekom austauschen.“

Ob Hochegger so etwas auch bei anderen Parteien gemacht hat, fragt Staatsanwalt Hannes Wandl und konfrontiert ihn mit einem eMail aus dem Jahr 2007. Darin informierte ein Telekom-Manager (ein früherer ÖVP-Mitarbeiter) seinem damaligen Telekom-Kollegen, dem nunmehrigen Kronzeugen Gernot Schieszler, dass die Telekom der ÖVP 100.000 Euro zugesagt habe. Und zwar „via Peter Hochegger“.

Er habe zwar VP-nahe Agenturen (White House, Mediaselect) mit Aufträgen versorgt, erklärt der Angesprochene. Sollten die Gelder aber direkt der ÖVP zugeflossen seien, habe ihm das die Telekom verschwiegen. Dass seine Agentur Valora eine 96.000-Euro-Rechnung aus dem ÖVP-Wahlkampf 2008 übernommen hatte, will Hochegger nicht in dem Zusammenhang sehen.

Und FPÖ, BZÖ? Nicht seine Baustelle, vermittelt Hochegger. Für diese Kontakte habe er Walter Meischberger (Ex-FPÖ-Abgeordneter) gehabt.

Mehreinnahmen

Die Anklage geht davon aus, dass Hochegger 2006 über Scheinrechnungen eine Telekom-Spende von 960.000 Euro an das BZÖ eingefädelt hat, um der Telekom dafür die heiß ersehnte Universaldienstverordnung (UDV) zu verschaffen. Der damalige BZÖ-Verkehrsminister Hubert Gorbach war dafür zuständig und erließ die UDV schließlich auch, die der Telekom (über die Gebühren in den öffentlichen Telefonzellen) Mehreinnahmen in Millionenhöhe bescherte.

Hochegger sagt, er habe zu Gorbach keinen Draht gehabt. Nein? Immerhin war er mit Gorbachs Kabinettchef befreundet, frühstückte mit diesem im Ministerium, fachsimpelte mit ihm über ÖBB und Telekom. Gorbach habe nach Ende seiner Ministertätigkeit ihm seine Dienste angeboten, sagt Hochegger, er ließ Gorbach aber abblitzen.

Der mitangeklagte Ex-BZÖ-Abgeordnete Klaus Wittauer gesteht, die 960.000- Euro-Spende an seine Partei auf den Weg gebracht zu haben und belastet Hochegger. Dieser habe ihn gefragt, ob der mitangeklagte Werber Kurt S. (über dessen Agentur der Geldfluss abgewickelt wurde) loyal gegenüber dem BZÖ sei. Hochegger bestreitet das, er habe S. gar nicht gekannt. Hätte er den Auftrag bekommen, S. abzuklopfen, hätte er ins Firmenbuch geschaut. „Kann man Loyalität aus dem Firmenbuch erkennen?“, wirft Richter Michael Tolstiuk ein.

Wittauer sagt weiter, er habe Kurt S. dann auf Geheiß von Hochegger informiert, dass ein großer Auftrag der Telekom ins Haus stünde. Dabei sei klar gewesen, dass es ein Auftrag zugunsten des BZÖ, also ein Scheinauftrag, ist. Auch dass es sich „nicht nur um 10.000 handelt“, sei ihm bewusst gewesen. Immerhin streifte er selbst für den Deal 20.000 Euro ein. „Damals hatten wir einen falschen Zugang, heute weiß man, dass das nicht in Ordnung ist“, sagt Wittauer.

Fortsetzung am Montag.

Wenn ein Peter Hochegger Geschäfte einfädelt, dann will er etwas dafür haben. So geht die Verteidigungslinie des umtriebigen Lobbyisten im Telekom-Prozess um illegale Parteienfinanzierung des BZÖ und falsche Aussagen im Untersuchungsausschuss.

Hochegger hätte sich nicht im Vorbeigehen als Mastermind einer Parteispende zur Verfügung gestellt, ohne dafür einen Cent zu verlangen“, sagt sein Anwalt Karl Schön. Hochegger selbst – der nach seinen Angaben von 1000 Euro Fixeinkommen und 3000 Euro Beratungshonorar leben will – erklärte vor Prozessbeginn im Wiener Landesgericht den Journalisten: „Ich stehe zu dem, was ich gemacht habe. Aber in der Sache habe ich weder aktiv noch inaktiv etwas gemacht.“

Das kann der Mann neben ihm auf der Anklagebank, Ex-BZÖ-Abgeordneter Klaus Wittauer, nicht unterschreiben. Er gesteht (der KURIER berichtete das vorab bereits), seiner Partei 2006 für den Wahlkampf eine Parteispende verschafft zu haben. Und er behauptet, Hochegger habe das organisiert. Seine eigene Rolle würde der nunmehrige Landwirt gerne herunter spielen. Er habe nicht gewusst, dass es um 960.000 Euro geht, und er habe mit der Verteilung nichts zu tun gehabt.

Vertraut

Das kann der Mann neben ihm auf der Anklagebank, Werber Kurt S., nicht unterschreiben. Er legte der Telekom Scheinrechnungen für Werbeaufträge vor und leitete 720.000 Euro an die BZÖ-Werbeagentur Orange weiter. Wittauer habe das Geld verteilt, er habe ihm als Abgeordnetem vertraut, dass es nicht illegal sei.

Die Frau neben Kurt S. auf der Anklagebank, Werberin Tina H., wird deutlicher. Auch sie ließ sich als Durchgangsposten anwerben, legte eine Scheinrechung und leitete 240.000 Euro ans BZÖ weiter. Allerdings im Bewusstsein, dass es sich um eine illegale Parteispende handelt. Schmackhaft gemacht habe ihr diese Vorgangsweise der Mann neben ihr auf der Anklagebank, Christoph Pöchinger, der Pressesprecher der damaligen BZÖ-Justizministerin Karin Gastinger, der das bestreitet.

Von allem nichts gewusst haben will Ex-Telekom-Chef Rudolf Fischer. Er habe lediglich einen Vergabeauftrag „ung’schaut“ gegengezeichnet, wie sein Verteidiger Otto Dietrich ausführt. Auch Ex-BZÖ-Politiker Arno Eccher bekennt sich nicht schuldig. Er hatte das Telekom-Geld ins BZÖ-Budget transferiert, laut Anwalt Martin Dohnal ohne die Herkunft zu kennen.

Verordnung

Und was versprach sich die Telekom von der Spende? Die sogenannte Universaldienstverordnung, die ihr Mehreinnahmen in Millionenhöhe zulasten der Mitbewerber versprach. Die Verordnung wurde vom damaligen BZÖ-Verkehrsminister Hubert Gorbach auch tatsächlich umgesetzt, angeblich ohne zu wissen, dass die Telekom dafür quasi gezahlt hatte.

Telekom-Prozess: "Bei Angeboten nichts gedacht"
Es wäre ohnehin schon eng geworden, auf der Anklagebank. Richter Michael Tolstiuk hat diesen Untreueprozess mit dem thematisch verwandten und in der Person des hier wie dort beschuldigten Rudolf Fischer sogar analogen Telekom-Schwesternprozess um illegale Parteienfinanzierung der FPÖ – der im Mai begonnen hatte – zusammengelegt. Die Angeklagten wurden auf zehn aufgestockt.

Im Telekom-Prozess um die FPÖ behauptet der Werber Gernot Rumpold, die 600.000 Euro seien keine Parteispende, sondern sein durch ausgefeilte Werbekonzepte für die Telekom redlich verdientes Honorar. Im Prozess um das BZÖ sind sich alle einig, dass die Werber der Telekom für das Geld keine Leistung erbracht haben.

Der Staatsanwalt fordert vom BZÖ die 960.000 Euro zurück. Die orange Partei wollte sich vom Haftungsbeteiligten zum Opfer machen, erklärte die Summe zu einer „nicht gewollten Bereicherung“ und kündigte an, sich bei den Angeklagten schadlos zu halten. Für den Richter ist das „in sich unschlüssig“. Fortsetzung Freitag.

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