Südtirol stoppt umstrittene 'Sonderklasse' für nicht-deutschsprachige Kinder
Die Südtiroler Landesschuldirektion hat einer geplanten eigenen Schulklasse für nicht-deutschsprachige (Migranten)-Kinder an der Bozner Goetheschule eine Absage erteilt. Eine entsprechende Entscheidung sei Schulleiterin Christina Holzer auch als Dienstanweisung mitgeteilt worden, hieß es am Dienstag in einer Pressekonferenz. Die Erstklässler müssen nun neu eingeteilt werden, sagte Landesschuldirektorin Sigrun Falkensteiner und verwies auf gesetzliche Vorgaben.
Demnach dürfe "keine Diskriminierung basierend auf Sprache oder kultureller Herkunft stattfinden". Nicht einmal neun Prozent aller Schüler mit Migrationshintergrund seien aktuell in den deutschen Schulen eingeschrieben. "Wir haben die Aufgabe Inklusion zu fördern und Respekt vor Vielfalt zu pflegen. Dies ist keine persönliche Entscheidung oder Meinung, sondern der gesetzliche Auftrag", wurde die Landesschuldirektorin in einer Aussendung zitiert.
In der Schule solle auch soziale Kompetenz vermittelt werden. Falkensteiner und Bildungsdirektor Gustav Tschenett wiesen laut Rai Südtirol auch den Vorwurf zurück, wonach Bozner Eltern ihre deutschsprachigen Kinder vorzugsweise in Nachbargemeinden in die Schule schicken würden.
Laut Gesetz verbotene "Sonderklasse"
Der Aufsehen erregende Schritt, durch den auch italienischsprachige Schüler in der geplanten Klasse unterrichtet worden wären, war von der Schule wegen eines steigenden Anteils von Kindern ohne Deutschkenntnissen geplant bzw. gesetzt worden. "Ich muss Unterricht möglich machen, aber auch auf die muttersprachlichen Kinder schauen", hatte die Schulleiterin erklärt und gleichzeitig bestritten, dass es sich dabei um eine - laut Gesetz verbotene - "Sonderklasse" handle. Generell würden in Südtirols Städten immer mehr Kinder, die kein Deutsch können, in deutsche Schulen drängen, hieß es.
Die Bildungsverantwortlichen des Landes holten Dienstagnachmittag auch zu einer generellen Erklärung aus und stellten "Fakten zur Sonderklasse" vor. Dabei wurde unter anderem betont, dass anderem Ergebnisse der "Lernstandserhebungen" belegen würden, dass deutschsprachige Kinder der Bozner Schulen keine schwächeren Leistungen als jene in anderen Schulen erzielen.
Mehrwert von Sprachenvielfalt und Mehrsprachigkeit
Sprachwissenschaftlerin Andrea Abel ging auf die "Nachteile separater Beschulung" ein, hob die höhere Wahrscheinlichkeit für frühzeitigen Schulabbruch hervor und wies auf den Mehrwert von Sprachenvielfalt und Mehrsprachigkeit hin. "Es gibt keine wissenschaftliche Evidenz dafür, dass Sonderklassen ein erfolgreiches Modell darstellen."
SVP-Kulturlandesrat Philipp Achammer, zuständig auch für Deutsche Bildung, hob zudem hervor, dass es landesweit 150 Stellen für Sprachförderung in den Schulen gebe, vor allem in den Städten: "Hier sind viele Ressourcen da, auch die Goetheschule hat deutlich mehr Ressourcen zugewiesen bekommen, um auf die Kinder eingehen zu können." Das Land werde noch mehr investieren müssen, kündigte Achammer an, aber das sei der einzige Weg. "Das Prinzip: Aus den Augen, aus dem Sinn, wir trennen so gut wie möglich, dann haben wir unsere Ruhe - funktioniert nicht."
Uneinigkeit innerhalb der Landesregierung
Der Aufsehen erregende Schritt war von der Schule wegen eines steigenden Anteils von Kindern ohne Deutschkenntnissen geplant bzw. gesetzt worden. Generell würden in Südtirols Städten immer mehr Kinder, die kein Deutsch können, in deutsche Schulen, hieß es. Nach der Ankündigung war in der autonomen Provinz ein veritabler Streit entbrannt. Die - geteilten - politischen Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Dabei zeichnete sich Uneinigkeit sowohl innerhalb der Landesregierung als auch der Südtiroler Volkspartei (SVP) von Landeshauptmann Arno Kompatscher ab. Letzterer erteilte "Populismus" eine Absage. SVP-Obmann Dieter Steger hatte die Pläne wiederum gelobt.
"Ghetto-Klasse" und "Rassismus pur"
Die Meinungen der Partner der Mitte-Rechts-Fünferkoalition aus SVP, Südtiroler Freiheitlichen, Fratelli d'Italia, Lega und La Civica zu dem Schritt der Goetheschule gingen jedenfalls teils weit auseinander. Landeshauptmannstellvertreter und Bildungslandesrat Marco Galateo (Fratelli) etwa sprach von einer "Ghetto-Klasse" und "Rassismus pur". Auch die Reaktionen der Oppositionsparteien fielen unterschiedlich aus.
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