Studie: Viele Lehrer, aber schlecht unterstützt
Österreichs Lehrer sind mit ihrem Job und Arbeitsplatz "alles in allem" zufrieden, fühlen sich aber in ihrer Arbeit wenig unterstützt. Zu diesem Ergebnis kommt die am Mittwoch veröffentlichte OECD-Lehrerstudie TALIS. Die Lehrergewerkschaft sieht sich bestätigt und ortet dringenden Handlungsbedarf.
Für TALIS (Teaching and Learning International Survey) wurden insgesamt 150.000 Lehrer und Direktoren in 48 Ländern über ihre Arbeitsbedingungen befragt. In Österreich 4300 Lehrer und 280 Direktoren. Diese fühlen sich in ihrem Job durchaus wohl: 96 Prozent stimmten der Aussage "Alles in allem bin ich mit meiner Arbeit zufrieden" zu (EU-Schnitt: 90 Prozent). Auch mit ihrer aktuellen Schule sind die meisten zufrieden. Nur zehn Prozent würden "gerne an eine andere Schule wechseln, wenn dies möglich wäre" (EU-Schnitt: 19 Prozent).
"Dieser Zustand ist inakzeptabel"
Die Lehrer fühlen sich allerdings in ihrer Arbeit wenig unterstützt: So kommt in Österreich ein Dienstposten für administratives Personal (z.B. Sekretariatskräfte) auf 15 Lehrer - im EU-Schnitt sind es nur sieben Pädagogen. Einen Dienstposten für pädagogisches Unterstützungspersonal (z.B. Psychologen, Beratungslehrer) müssen sich in Österreich im Schnitt 19 Lehrer teilen, im EU-Schnitt sind es nur acht.
"Diese Unterschiede sind sagenhaft", sagt Lehrergewerkschafter Paul Kimberger zum KURIER. "Dieser Zustand ist in Wirklichkeit inakzeptabel." Kimberger sieht einen "eklatanten Handlungsbedarf": "Es braucht deutlich mehr Unterstützung und bessere Rahmenbedingungen."
Während es an administrativem und pädagogischem Unterstützungspersonal mangelt, hat Österreich überdurchschnittlich viele Lehrer Pro Schüler: Auf einen heimischen Lehrer kommen 7,4 Schüler (NMS: 7,1, AHS: 8,8). Im EU-Schnitt ist ein Lehrer für 10,5 Schüler zuständig. Das bedeutet, dass offenbar Aufgaben, die in anderen Staaten an Unterstützungspersonal ausgelagert werden, in Österreich von Lehrern übernommen werden - für die es dafür umgekehrt mehr Dienstposten gibt.
Probleme mit Gewalt
Die Belastungen für die Pädagogen hätten deutlich zugenommen, sagt Lehrervertreter Kimberger. "Dazu kommt: Immer mehr gesellschaftliche Probleme werden in die Schulen hineingetragen", sagt Kimberger und verweist auf die Diskussion um Gewalt an Schulen.
Laut TALIS gibt es immerhin an fünf Prozent der Schulen wöchentlich oder gar täglich Probleme mit Körperverletzungen, Vandalismus, Diebstahl, Einschüchterungen, Beleidigungen und Mobbing. Im europäischen Schnitt sind es sechs Prozent der Schulen.
"Angesichts dieser Zahlen habe ich größte Hochachtung davor, was unserer Lehrerinnen und Lehrer trotz widriger Rahmenbedingungen leisten", sagt Kimberger.
Mit ihren Schülern kommen 97 Prozent der Lehrer in Österreich nach eigenen Angaben "üblicherweise gut aus". Gegenüber der letzten TALIS-Erhebung 2008 hat sich die Lehrer-Schüler-Beziehung damit deutlich verbessert.
In Sachen Fortbildung sind die heimischen Pädagogen relativ aktiv: Nach eigenen Angaben absolvierten 99 Prozent der Lehrer und 100 Prozent der Direktoren in den zwölf Monaten vor der Befragung zumindest eine Art von Fortbildung. Häufigste Fortbildungsform waren dabei Kurse oder Seminare (92 Prozent; EU: 77 Prozent), gefolgt vom Lesen von Fachliteratur (88 Prozent; EU: 71 Prozent).
Über TALIS:
Für die OECD-Lehrerstudie TALIS (Teaching and Learning International Survey) wurden rund 150.000 Lehrer der Sekundarstufe 1 (Zehn- bis 14-jährige Schüler) in 48 Ländern bzw. Regionen über ihre Arbeitsbedingungen befragt. In Österreich nahmen rund 280 Direktoren und 4.300 Lehrer der AHS-Unterstufe und Neuen Mittelschule teil. Sie repräsentieren die insgesamt 53.000 Lehrer an den 1.500 Schulen dieser Schultypen.
Die Studie erhob im Frühjahr 2018 mittels Online-Fragebögen, wie etwa Direktoren die Ressourcen und die Autonomie ihrer Schule einschätzen und wie Lehrer über Stressfaktoren und Arbeitsbelastung, Schulklima, Anerkennung im Beruf sowie Aus- und Fortbildung denken. TALIS wurde mittlerweile zum dritten Mal durchgeführt - 2008 war Österreich mit dabei, 2013 verzichtete man auf eine Teilnahme. Vergleichsländer sind heuer etwa England, Finnland, Frankreich, Südkorea, Japan, Australien, die USA. Von Österreichs Nachbarstaaten nahmen Tschechien, die Slowakei, Ungarn, Slowenien und Italien teil, nicht dabei waren dagegen Deutschland und die Schweiz.
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