Studie: Immer mehr Kinder keine österreichischen Staatsbürger

MINISTERRAT: PLAKOLM
Während die Zahl der unter 18-Jährigen mit österreichischer Staatsbürgerschaft sinkt, nimmt jene der ausländischen Kinder kräftig zu. Wie sich das laut einer Studie auswirkt.

Jede sechste Person in Österreich  ist unter 18 Jahre alt. Wie setzt sich diese Gruppe zusammen und wie entwickelt sich ihre Situation? Eine Studie des  Instituts für Familienforschung, am Dienstag von Familienministerin Claudia Plakolm (ÖVP) und Institutsleiter Wolfgang Mazal präsentiert, liefert neue Aufschlüsse.

Die zentrale Erkenntnis: Die Zahl der unter 18-Jährigen ist in den vergangenen Jahrzehnten insgesamt gesunken – von 1,75 Millionen im Jahr 1985 auf rund 1,6 Millionen im Jahr 2023.  Der Grund, so Mazal: „Die Zahl der Kinder mit österreichischer Staatsbürgerschaft ist relativ zurückgegangen.“

Gleichzeitig ist seit 2015, also dem Beginn der Zuwanderung aus Syrien, die Zahl der Jugendlichen insgesamt wieder gestiegen (siehe Grafik). Hatten vor 40 Jahren noch 81.000 Jugendliche und Kinder keine österreichische Staatsbürgerschaft, sind es mittlerweile 340.000 – oder 20 Prozent der Jungen. Die Zahl der jungen Österreicher ist wiederum von 1,6 auf 1,2 Millionen zusammengeschrumpft. Ein „drastischer“ Wert, wie es Mazal formuliert.

"Besorgniserregender Wert"

Wie und wo macht sich dieser Unterschied bemerkbar? Beispielsweise an den Schulen. 57,7 Prozent der 10- bis 14-jährigen Nicht-Österreicher gehen in eine Neue Mittelschule, 24,9 Prozent in eine AHS. Indes besuchen 55,2 Prozent der Staatsbürger eine Mittelschule und 37,5 Prozent eine AHS. Von den 14- bis 18-Jährigen besuchen immer noch 18 Prozent der Nicht-Staatsbürger eine Mittelschule – aber nur noch 4,6 Prozent der Österreicher. Ein „besorgniserregender“ Wert, so Mazal: Bei der Bildungsaffinität müsse sich noch einiges tun.

„Wir müssen dafür sorgen, dass die Zahl zu integrierender Menschen in Österreich nicht weiter wächst“, sagt wiederum Plakolm. Die Regierung habe deshalb den Familiennachzug gestoppt: „Wir sind nicht dafür verantwortlich, dass Familien getrennt leben. Hier wurde unser System auch ausgereizt in den letzten Jahren.“

Ausgaben für Kinder kräftig gestiegen

Was sind, abseits davon, die politischen Ableitungen der Studie? „Wir bekennen uns als Bundesregierung auch weiterhin stark dazu, dass wir Familien mit Kindern unterstützen“, sagt Plakolm. 1980 habe der Staat 2,5 Milliarden Euro für Familien ausgegeben, mittlerweile seien es 12,5 Milliarden. Bei diesem Vergleich ist allerdings die Inflation der letzten 45 Jahre nicht berücksichtigt.

Stark erhöht hat sich auch  die Kinderbetreuungsquote. Jene der unter Dreijährigen, die Betreuungseinrichtungen besuchen, ist von 4,6 Prozent im Jahr 1995 auf 32,8 Prozent im Jahr 2023 gestiegen. Der Anstieg bei den Drei- bis Sechsjährigen: von 70,6 auf 94 Prozent. „Der Bericht zeigt, dass Österreich ein starkes Land ist, das Kindern und Jugendlichen bzw. ihren Familien soziale Sicherheit, eine gute Betreuung und eine Perspektive bietet“, sagt Plakolm.

Noch umsetzen will Türkis-Rot-Pink eine Kindergrundsicherung. Diese sei „in Ausarbeitung“ und liege federführend beim SPÖ-Sozialministerium, betont Plakolm. An Wien, das wegen der vergleichsweise hohen Sozialleistungen „wie ein Magnet wirke“, werde man sich nicht orientieren. Rund 56.700 unter 15-Jährige bezogen 2023 mit der Mindestsicherung das unterste Auffangnetz, mit rund 40.400 die meisten davon in Wien.

Kritikpunkte

Zuletzt hat die Regierung die Inflationsanpassung der Familienleistungen im Zuge der Budgetkonsolidierung für zwei Jahre ausgesetzt. Mazal hofft, das es bei einer Unterbrechung bleibe und nicht zu einer Abschaffung komme. Der Experte betont jedenfalls, dass die Kinderrechte in Österreich „in einem kontinuierlichen Prozess verfolgt und heute in einem hohen Maß erfüllt werden“, auch wenn es immer noch besser gehe.

Plakolm will in folgendem Bereich noch konsequenter werden: dem Kinderschutz. Die Anzeigen von Straftaten wegen „bildlichen sozialbezogenen Kindesmissbrauchs“ seien von 2014 bis 2023 von 465 auf 2.245 gestiegen – bei erheblicher Dunkelziffer. Immerhin: Die Aufklärungsquote angezeigter Fälle liegt bei 85 Prozent.

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