Streit um Unterhaltsgarantie: "Kurz soll zu seinem Wort stehen"

Bei der Puls4-Elefantenrunde zückten alle Spitzenkandidaten das Ja-Taferl, um Alleinerziehern eine Unterhaltsgarantie zu ermöglichen.
Bei der Elefantenrunde waren sich alle einig. Nun streiten wieder SPÖ und ÖVP.

Es war ein Bild mit Seltenheitswert. Wann demonstrieren schon alle Parteichefs Einigkeit ohne Wenn und Aber? Ort des Geschehens war die Elefantenrunde auf Puls4. Initiiert von Peter Pilz ließ Anchorwoman Corinna Milborn die Spitzenkandidaten über ein Gesetz abstimmen, das Alleinerziehenden eine Unterhaltssicherung garantiert. Sechs Mal wurde sofort das Ja-Taferl gezückt. 120.000 Mütter und Kinder vor der Armut zu retten – da will sich natürlich kein Spitzenkandidat eine Blöße gegeben. Rund 40 Prozent der Ein-Eltern-Haushalte haben das größte Risiko für Armut, weil die Partner beim Zahlen des Unterhalts säumig sind.

Zehn Tage später ist schon wieder Schluss mit dem Konsens. Den Initiativantrag der SPÖ lehnt die ÖVP strikt ab – und das gleich aus zwei Gründen. Da existiert einerseits das Gebot des Finanzministers Hans Jörg Schelling, dass es in Wahlkampfzeiten zu keinen budgetrelevanten Beschlüssen kommen darf. "Ich lehne Wahlkampfzuckerln ab." Die nächste Hürde ist die Doktrin von Spitzenkandidat Sebastian Kurz, keine Sozialleistungen an nicht-österreichische Kinder, die im Ausland leben, zu überweisen. Genau in diesem Punkt hakt die ÖVP ein. Vizekanzler Wolfgang Brandstetter fürchtet, dass mit dem SPÖ-Vorschlag Hunderte Millionen Euro ins Ausland abfließen würden.

Streit um Unterhaltsgarantie: "Kurz soll zu seinem Wort stehen"
ABD0034_20170116 - WIEN - ÖSTERREICH: Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) am Montag, 16. Jänner 2017, im Rahmen seiner Rede zum "Jahresauftakt 2017" in Wien. - FOTO: APA/ROLAND SCHLAGER

"Schluss mit lustig"

Die SPÖ fordert Kurz auf, zu "seinem Wort zu stehen". Die ÖVP-Kritik ist in den Augen der Roten Humbug. "Kinder im Ausland können bei unserem Vorschlag keine Unterhaltsgarantie beziehen, da die Voraussetzung der Wohnsitz im Inland sowie ein gemeinsamer Haushalt mit dem Kind ist", argumentiert Heinisch-Hosek.

Als Gegenvorschlag will die Neue Volkspartei von Kurz ein ganz anderes Modell. Justizminister Brandstetter schlägt einen staatlichen Unterhaltszuschuss im Wege der Mindestsicherung vor, der für alle Kinder einen Unterhaltsanspruch nach objektiven Richtsätzen vorsieht. "Die ÖVP soll endlich zur Vernunft kommen. Denn sie weiß, welchen strengen Auflagen die Mindestsicherung unterliegt", kritisiert Maria Stern von der Liste Pilz. Seit 2008 steht die Unterhaltsgarantie im Regierungsprogramm, bis jetzt scheiterte sie immer am Widerstand der ÖVP. "Jetzt ist Schluss mit lustig", wettert Stern. Auch die SPÖ ortet einige rechtliche Lücken. Der Vorschlag der ÖVP sei "voller Unklarheiten und rechtlich problematisch".

Das Zünglein an der Waage, welches Modell sich im Parlament möglicherweise bei der Sondersitzung heute Mittwoch durchsetzt, könnte die FPÖ sein. Der blaue Generalsekretär Herbert Kickl will sich erst entscheiden. Doch hört man seine Botschaft, dann scheint Kickls Präferenz (wenig überraschend) in Richtung ÖVP zu gehen. "Wir wollen verhindern, dass nicht-österreichische Staatsbürger Sozialleistungen beziehen. Beim SPÖ-Vorschlag ist dieser Verdacht massiv gegeben."

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