Falls die Regierung nicht handelt: Der Weg zum freien Karfreitag
Der Karfreitag darf nicht nur Angehörigen bestimmter Religionsgruppen als Feiertag vorbehalten sein. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden und gestern verlautbart. ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian (SPÖ) bekräftigte heute im Gespräch mit dem Ö1-"Morgenjournal" den Standpunkt der Gewerkschaft, nämlich einen freien Karfreitag für alle. „Für uns ist ganz klar, der EuGH hat gesagt: da gibt es ein Diskriminierungsverbot, und daher ist der Karfreitag ein Feiertag.“
Ins Rollen kam die Sache durch die Klage eines konfessionslosen Arbeitnehmers, der für seine Arbeit am Karfreitag Feiertagsentgelt wollte. In erster Instanz blitzte er damit ab, das Oberlandesgericht Wien ortete jedoch einen Verstoß gegen die EU-Gleichbehandlungsrichtlinie und sprach ihm das zusätzliche Entgelt zu. Laut Katzian ging es dabei um einen Streitwert von 109 Euro.
Der Hintergrund: In Österreich war der Karfreitag bisher nur für Angehörige der evangelischen Kirchen AB und HB, der Altkatholischen Kirche und der Evangelisch-methodistischen Kirche ein gesetzlicher Feiertag. Der OGH ließ den EuGH letztinstanzlich prüfen, ob diese Regelung im österreichischen Arbeitsruhegesetz das Gleichbehandlungsgebot verletzt.
Während Katzian nun sagt, man erwarte sich, "dass das Urteil so umgesetzt wird, dass der Karfreitag für alle ein Feiertag ist", zeigt sich die Wirtschaftskammer ablehnend. Insgesamt würde ein zusätzlicher Feiertag die Wirtschaft 600 Millionen Euro kosten, heißt es dort. Das sei sogar teurer als die sechste Urlaubswoche für alle, wie Wirtschaftskammer-Experte Martin Gleitsmann im KURIER-Gespräch am Dienstag gesagt hat. Er fordert eine „aufkommensneutrale“ Lösung.
"Warum eigentlich, Herr Gleitsmann?"
Mehrkosten von 600 Millionen als "Märchenstunde"
Katzian: "Das ist wieder einmal diese typische Märchenstunde der Wirtschaftskammer, die 600 Millionen Euro sind in Wirklichkeit durch nichts nachvollziehbar." Die Wirtschaft habe in letzter Zeit eine Reihe von Vorteile generiert, betonte Katzian unter Verweis auf 60-Stunden-Woche und 12-Stunden-Arbeitstag. Darüber hinaus erklärt der Gewerkschaftsboss, "dass immer mehr Überstunden nicht bezahlt werden, weil erwartet wird, dass die Leute mehr arbeiten."
Jetzt ist die Regierung am Zug, die das EuGH-Urteil entweder so stehen lassen oder eine neue gesetzliche Regelung beschließen kann. Die Zeit dafür drängt, weil bereits der kommende Karfreitag am 19. April davon betroffen ist. Für Katzian gestaltet sich der Status Quo so: "Der freie Tag steht den Arbeitnehmern im Moment zu. Wenn die Regierung sagt, 'Wir wollen, dass es euch nicht zusteht', werden wir es entsprechend bewerten. Aber die Wirtschaft hat so gebrummt, das kann sich die Wirtschaft locker leisten."
Arbeiterkammer bietet Hilfe für Arbeitnehmer an
Die Arbeiterkammer (AK) gibt indes eine Anleitung heraus, wie man am Karfreitag frei bekommt, sofern die Regierung nicht vorher etwas anderes beschließt. Alle, die den Karfreitag für sich in Anspruch nehmen wollen, müssten zur Geltendmachung ihres Anspruchs den freien Tag verlangen. Auf der Internetseite der AK steht daher ein Musterschreiben zum Download.
Wenn der Arbeitgeber keine Freizeit gewährt, sondern die Arbeitsleistung einfordert, muss er, zusätzlich zum normalen Entgelt, Entgelt für Feiertagsarbeit bezahlen. Die AK empfiehlt, dem Arbeitgeber ausreichend früh - knapp drei Wochen vorher - Bescheid zu geben, sodass ihm Zeit bleibt, sich mit dem Ansuchen zu befassen. Heuer wäre das Ende März. Arbeitgeber müssen im Falle der Ablehnung des freien Karfreitags ebenso rechtzeitig Bescheid geben, wie es das Arbeitszeitrecht z.B. auch bei Änderungen in Dienstplänen vorsieht, konkret: 14 Tage vorher. In organisierten Betrieben unterstützt der Betriebsrat das Anliegen, meint die AK.
"Die diskriminierende Rechtslage in Österreich hat nach Sicht des Europäischen Gerichtshofs scheinbar keine Auswirkung für die Vergangenheit", so die AK.
Über Alternativvorschläge: "Viel Spaß mit dem Heiligen Stuhl"
Dass die Sache mit einem Verzicht auf Feiertagsgelder am Karfreitag geregelt werde, wie es die Evangelische Kirche in den Raum gestellt hat, würde die Gewerkschaft nicht hinnehmen, sagt Katzian. Der ÖGB-Chef in Ö1: "Da kommen alle möglichen anderen auf den Gusto. Wo wird es beginnen und wo ist das Ende? Ganz sicher nicht!"
Auch einen möglichen Feiertagstausch, dass also im Gegenzug zum freien Karfreitag etwa der Pfingstmontag als Feiertag gestrichen würde, lehnt Katzian vehement ab. Für viele sei der Karfreitag, durch Regelungen auf kollektivvertraglicher oder betrieblicher Ebene, schon jetzt ein freier Tag. Daher wolle man nicht, dass den Arbeitnehmern dafür ein anderer freier Tag genommen werde. Der Pfingstmontag sei darüberhinaus ein durchs Konkordat abgesicherter Feiertag, meint Katzian, der übrigens gerade auf einer Tagung in Maria Taferl (NÖ) weilt. Der Gewerkschaftschef wünscht "allen viel Spaß, wenn sie dem Heiligen Stuhl erklären, 'Wir hauen den Feiertag ausse'.“
Der Pfingstmontag wie auch der Ostermontag sind zwar im Feiertagsruhegesetz verankert, nicht aber in Artikel 9 des Konkordats. Dort sind jene von der Kirche festgesetzten Feiertage enthalten, die von der Republik Österreich anerkannt sind. Somit wäre der Vatikan rein rechtlich gar nicht zu konsultieren, wenn es um den Pfingstmontag geht.
Evangelischen wäre "Feiertag für alle" am Liebsten
Der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker bekräftigte am Dienstagabend in der "ZiB 2", dass der Karfreitag "für die Evangelischen von zentraler Bedeutung" sei. "Wir brauchen eine Lösung, die den Feiertag für die Evangelischen sichert und die diskriminierungsfrei ist", sagte Bünker. Am liebsten wäre Bünker der 14. Feiertag für alle, Österreich liege mit seinen Feiertagen auch nicht im Spitzenfeld in Europa.
Generell sei das EuGH-Urteil für ihn auch ein Anlass, eine Regelung zu finden, die "die wachsende Religionsvielfalt berücksichtigen müsste auch bei der Gestaltung der Feiertage im Land." Die Regelung über einen Generalkollektivvertrag, wie derzeit beim Jom Kippur für Mitglieder der Israelitischen Kultusgemeinde, sei "nicht die optimale Lösung", weil immer mit Fragezeichen versehen, sagte Bünker.
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