Strafvollzug: Lockerungen könnten Gefängnisse spürbar entlasten

Ab 1. Jänner gelten neue Regeln für bedingte Entlassungen – so sollen rein „generalpräventive Gründe“ einer solchen nicht mehr im Wege stehen. Georg Kodek, Präsident des Obersten Gerichtshofes, sieht das kritisch: Strafe verfolge ja auch den Zweck, dass die Allgemeinheit sieht: „Das Unrecht zieht Folgen nach sich.“ Wenn diese Folgen als nicht ausreichend empfunden werden, sei das „für die Akzeptanz des Rechtssystems ganz schlecht“, sagte er kürzlich im Ö1-„Journal“.
Es finde es „unglücklich“, dass solche Maßnahmen aus budgetären Überlegungen gesetzt werden. Genau das ist nämlich der Zweck der Lockerungen: Die Gefängnisse sind massiv überlastet – durch Überbelag mit Insassen, aber auch durch Personalmangel.
Aktuell befinden sich 9.039 Insassen in den Justizanstalten Österreichs, die Belagskapazität ist um fast zehn Prozent überschritten. Wenn ab 1. Jänner mehr Insassen bedingt entlassen werden, könnte man jährlich 400 Personen abziehen, sagte Kodek auf Ö1. Das ist nicht wenig: Die Justizanstalten würden sich dann dem Normalbereich nähern. Die Belagsfähigkeit beträgt 8.226 Plätze.
Eine Million Euro einsparen
Im Justizministerium kann man diese Schätzung auf KURIER-Rückfrage aber nicht bestätigen. Die Anzahl hänge von der künftigen Rechtssprechung der Gerichte ab und sei „im Vorfeld nicht exakt prognostizierbar“.
Auch der Effekt der zweiten Maßnahme, der Ausweitung des elektronisch überwachten Hausarrests, lässt sich kaum einschätzen. Durch beide Maßnahmen, die Teil des Sparpakets der ÖVP-SPÖ-Neos-Regierung sind, will das Justizministerium jedenfalls rund eine Million Euro im Jahr einsparen.
Aufwärtstrend beim Budget
Das Gesamtbudget des Strafvollzugs beträgt heuer 726,5 Millionen Euro, für 2026 sind 741,3 Millionen Euro (ohne Bewährungshilfe) budgetiert. Es gibt also ein leichtes Plus, das aber durch die Inflation aufgefressen werden dürfte.
Dabei lässt sich im Budget des Strafvollzugs durchaus ein Aufwärtstrend feststellen: In den vergangenen 15 Jahren ist dieses – inflationsbereinigt – um rund 35 Prozent gestiegen. Kräftig investiert wurde in Neubauten und Sanierungen. Aktuell wird etwa die Justizanstalt Josefstadt in Wien generalsaniert.
Auch beim Personal wurde in den vergangenen Jahren aufgestockt – zumindest auf dem Papier. In der Exekutive stehen in Summe 3.446 Planstellen zur Verfügung, davon sind 192 unbesetzt. Der Besetzungsgrad beträgt damit 96 Prozent. Im sozialen Dienst sind von 99 Planstellen elf ausgeschrieben (Besetzungsgrad: 88 Prozent), im Dienst sind es neun von 63 Planstellen (85 Prozent).
Im Justizministerium wird erklärt, man arbeite laufend an einer „zeitgemäßen und attraktiven Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen“. Allerdings sei der gesamte öffentliche Dienst „aufgrund der derzeitigen wirtschaftlichen Situation am Arbeitsmarkt mit Herausforderungen bei der Rekrutierung geeigneter Bewerber konfrontiert“.
Die neuen Maßnahmen könnten aber zumindest fürs vorhandene Personal eine Entlastung bringen. lin
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