LH Kaiser: "Stimmung bei manchen zu FPÖ geschwenkt"

Kaiser will bei Wahl „keinen Selbstfaller wie im Bund hinlegen“
Interview: Kärntens SPÖ-Landeshauptmann "geht aber zu 95 Prozent davon aus, dass sich ÖVP und FPÖ finden".

KURIER: Die SPÖ denkt eine Koalition mit den Freiheitlichen an. Diese fordern jedoch die Aufhebung des Anti-FPÖ-Parteitagsbeschlusses, wollen erst dann verhandeln. Warum reagiert die Sozialdemokratie nicht?

Peter Kaiser: Wir entscheiden schon selbst über unsere Vorgangsweise. Im Wertekompass haben wir klare Richtlinien festgelegt. Darüber hinaus ist nach unserem Demokratieverständnis eine Urabstimmung, der jedwede Koalitionsvereinbarung zu unterziehen ist, wesentlich stärker.

KURIER: Will die SPÖ auf Biegen und Brechen in der Regierung bleiben, um Sebastian Kurz eines auszuwischen?

Nicht auf Biegen und Brechen. Es wäre töricht, nicht gesprächsbereit zu sein. Die Dolchstoßlegende würde kreiert, wir wären ein bevorzugter Partner gewesen, hätten uns aber in die Opposition verabschiedet. Ich gehe zu 95 Prozent davon aus, dass sich ÖVP und FPÖ finden, aber wir müssen auch klären, wie wir es mit NEOS und Pilz halten und wie wir mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit rechts der Mitte umgehen. Die kann Sprengkraft in sozialen Fragen haben.

Die FPÖ hat eine hervorragende Verhandlungsposition.

Die beste Position hat der Erste. Der wird erst mit der SPÖ reden ...

...aber ÖVP und SPÖ scheint unrealistisch. Zumindest nicht mit Kurz und Kern an der Spitze.

Alles ist möglich bis hin zum Allparteienkabinett, also auch Kurz und Kern.

Auch Christian Kern als Wiener Bürgermeister?

Das Gerücht habe ich gehört, aber keine Sekunde daran gedacht.

Laut Michael Häupl würde eine Koalition mit der FPÖ die SPÖ zerreißen.

Ich nehme Unterschiedliches wahr: Es gibt in der SPÖ eine politisch gewachsene Ablehnung. Es gibt aber auch ein sehr, sehr hohes Potenzial, das Kurz‘ Vorgehensweise bei der Beendigung der Regierungszusammenarbeit stark verurteilt. Und manche würden jetzt in ihrer Abwägung, Blau oder Schwarz, in eine andere Richtung optieren als vor einem halben Jahr. Die Stimmung ist bei denen in Richtung FPÖ geschwenkt.

In Kärnten, wo die FPÖ bei der Nationalratswahl stärkste Partei wurde, wird es bei der Landtagswahl im März 2018 zum Duell zwischen Ihnen und Gernot Darmann um den Landeshauptmannsessel kommen. Ziehen Sie persönliche Konsequenzen, wenn Sie scheitern sollten?

Nein. Ein Sozialdemokrat krempelt die Ärmel hoch. Mir ist bewusst, dass es sehr großer Anstrengungen bedarf, Erster zu werden. Ich habe die Alarmzeichen erkannt, Selbstfaller wie im Bund werden wir nicht hinlegen.

Die SPÖ hat sich für die Abschaffung des Proporzes in Kärnten stark gemacht. Wenn nach der Landtagswahl FPÖ und ÖVP koalieren, könnte ihre Partei isoliert übrig bleiben.

Ich zitiere Edith Piaff: Non, je ne regrette rien (Kaiser singt). Nein, ich bereue nichts. Aber ich verlasse mich nicht aufs Erstarken der Kärntner Grünen, auf eine Besinnung der ÖVP oder eine Selbstkritikfähigkeit der FPÖ, sondern auf unsere Stärken.

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