Steuerreform und Hypo-Reform: Opposition macht jetzt Druck

Im KURIER-Gespräch: NEOS-Parteichef Matthias Strolz und die Parteichefin der Grünen, Eva Glawischnig.
Für die Chefs von Grünen und Neos kommt die Reform zu spät – und mit falschen Vorzeichen.

Der KURIER wollte wissen, wie die Opposition die Steuerdebatte einschätzt. FPÖ-Chef Strache sagte leider ab.

KURIER: Herr Klubobmann, was wäre denn mutig von der Regierung für eine Steuerreform?

Matthias Strolz: Nötig wäre eine Kombination mit einer echten Strukturreform im Bund, Ländern und Gemeinden. Ich fand es von der ÖVP sogar ehrlich und mutig, eine weitere Etappe der Steuerreform von einer Pensionsreform abhängig zu machen.

Inwiefern ehrlich?

Ohne Strukturreform schaffen wir keinen nachhaltige Steuerreform. Ein bisschen Klein-Klein geht zwar immer, verpufft aber meist nach weniger als fünf Jahren durch die kalte Progression. Das ist dann aber keine Steuerreform, sondern nur einmal mehr eine Nebelgranate der Regierung, um wieder bis zur nächsten Wahl über die Runden zu kommen.

Wir würden Sie eine Steuerreform gegenfinanzieren?

Vor allem durch Kürzungen bei den Ausgaben, dazu werden wir auch bei unserer Klubklausur am 12. Jänner konkrete Vorschläge machen. 2008 hat der Staat 130 Milliarden Euro ausgegeben, 2014 waren es schon 170 Milliarden. Unsere Steuereinnahmen sprudeln wie eine Ölquelle, was zeigt, dass wir kein Einnahmenproblem haben, sondern ein Ausgabenproblem.

Was würden Sie sich außerdem trauen anzugehen?

Zum Beispiel eine Gesundheitsfinanzierung aus einem Guss. Wir haben etwa viel zu viele Spitalsbetten, dafür einen zu schwachen niedergelassenen Bereich. Eine Umschichtung brächte mehr Qualität und freies Geld.

Für Vermögenssubstanzsteuern sind Sie wohl auch nicht?

Nein. Wenn wir die Steuerabgabenquote senken wollen, können wir nicht über neue Steuern diskutieren. Aber so oder so kommt die Steuerreform um zwei Jahre zu spät, so wären wir der Rezession eher entgangen.

Die Rezession beginnt wieder?

Das wird sich nicht abwenden lassen. Faktum ist, dass Österreich derzeit in allen Bereichen die falschen Vorzeichen hat. Steigende Schulden, steigende Arbeitslosigkeit – über 415.000 Menschen aktuell, mit ihren Angehörigen sind das über eine Million. Wir bräuchten 2,5 Prozent Wachstum für einen Umkehrtrend.

Den sehen Sie nicht?

Nein. Wir verfestigen uns bei einer mittelmäßigen Bildung, im internationalen Vergleich eher absteigend. Beim Innovationsranking steigen wir ab, beim Standortranking steigen wir ab, bei der Frage, wie einfach Gründungen sind, sind wir nicht gut aufgestellt. Diese Entwicklungen kann man nicht über Nacht stoppen, und wir werden das alle zu spüren bekommen.

Wird es nicht ohnehin bald Neuwahlen im Bund geben?

Das glaube ich nicht.

Rechnen Sie mit Überraschungen beim Hypo-U-Ausschuss?

Wir wollen jetzt neue Wege öffnen, wie wir das Hypo-Geld zurückholen. Hier soll der U-Ausschuss Druck machen und Beweise herbeischaffen, damit wir Kontosperrungen sehen, Konten abgeschöpft werden, und wir hoffen auf Anklagen in Sachen Betrug und schwerer Betrug. Dafür brauchen wir eine Sonderstaatsanwaltschaft mit ausreichend Geld und Kompetenzen. Wenn wir Milliarden jagen, müssen wir dafür auch die Ressourcen auf Augenhöhe aufstellen. Das ist nicht passiert.

KURIER: Frau Klubobfrau, wir stehen vor dem Jahreswechsel – und möglicherweise vor einer neuerlichen Rezession?

Eva Glawischnig: Was die Wirtschaftsforscher sagen, besonders, was den Arbeitsmarkt betrifft, klingt dramatisch. Eigentlich müsste die Regierung jetzt Konjunkturpakete schnüren. Eine Steuerreform ab 2016 ist jedenfalls zu spät. Die muss rückwirkend ab 1.1. 2015 gelten, das würde allen helfen.

Gefällt Ihnen der Ansatz für einen Investitionsschub von EU-Kommissionschef Juncker zur Ankurbelung der Wirtschaft?

Das Problem ist, dass Österreich hier 70er-Jahre-Dinosaurier-Politik für Investitionen umsetzen will, in erster Linie soll damit Straßenbau finanziert werden, weil offenbar die Ideen fehlen. Damit beschäftigen wir aber vor allem Maschinen.

Was würden Sie vorschlagen?

Investitionen in den Breitbandausbau und ökologische Maßnahmen. Für eine Althaussanierung braucht man zehn Mal mehr Menschen, das wäre doch viel sinnvoller für die Arbeiter, Mieter und die Umwelt.

Was müsste die Regierung tun, damit die Grünen bei ihrer Steuerreform mitstimmen?

Erst einmal die Vorschläge des von der Regierung beauftragten WIFO berücksichtigen. Da werden immer mehrere Defizite ausgewiesen: Die hohe Belastung des Faktors Arbeit, die fehlenden ökologischen Steuerungselemente und die sehr niedrigen vermögensbezogenen Steuern. Wenn wir uns auf diesen Befund einigen können, können wir auch gemeinsame Maßnahmen diskutieren.

Wie sieht das grüne Modell aus?

Über vermögensbezogene Steuern soll die Lohnsteuer gesenkt werden. Zehn Prozent finanzieren die Entlastung von 90 Prozent. Und auf ökologischer Seite wollen wir einen ganze Reihe umweltschädlicher Subventionen streichen. Die Pendlerpauschale, von der ein Drittel an Höchsteinkommensbezieher geht, gehört geändert.

Sie würden diese streichen?

Nein, umwandeln in eine Art Kilometergeld, bei der die Öffi-Nutzung zumindest gleich behandelt wird.

Gefällt Ihnen das SPÖ- oder das ÖVP-Konzept zur Steuerreform besser?

Inhaltlich habe ich mit beiden Konzepten keine Freude. Was die SPÖ bzw. der ÖGB vorgelegt haben, sind nur Punktationen, kein Konzept. Und von der ÖVP kam ein Spindelegger-Konzept, ohne eine Gegenfinanzierung, ein echtes Luftschloss.

Könnte die Regierung an der Steuerreform scheitern?

Das schließe ich nicht aus.

Und wie weiter bei der Hypo?

Wenn das Hypogesetz durch unsere Verfassungsklage gehoben werden sollte, ist der Weg erneut offen für eine geordnete Insolvenz.

Sollen dann alle Schritte rückabgewickelt werden?

Das ist alles sehr komplex. Wenn das Hypo-Gesetz gehoben wird, kann man sich, wenn man mutig ist, für eine neue Lösung entscheiden. Schelling hat dann eine Riesenchance – er kann sich in die Riege der Finanzminister einreihen, die das Schlamassel vergrößert haben. Oder er trifft mutige Entscheidungen.

Der Rest bleibt verloren?

Ich erwarte mir vom U-Ausschuss Ansatzpunkte, wo man noch eine Offensive starten kann, um das Geld wieder zu finden. Da hätte man von Anfang an intensiver recherchieren müssen. Und ich erhoffe mir, dass ein öffentlicher Druck entsteht, dass von Schelling eine Insolvenz eingeleitet wird. Das wünschen sich sicher viele vom Finanzminister im neuen Jahr.

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