Roter Steuervorschlag heizt Streit um Modelle an

Klubchef Andreas Schieder
Kanzlerpartei legt vor dem ÖVP-Steuerplan konkrete Vorschläge zur Millionärsabgabe vor. Die SPÖ beharrt auf sechs Milliarden Euro Entlastung.

Die SPÖ gibt neue Details zur Steuerreform bekannt. Sechs Milliarden Euro Entlastung ist das Ziel. Nun ist der Kampf um die besseren Argumente endgültig eröffnet, die Volkspartei will am Mittwoch ihr Modell zur Entlastung von Bürgern, Familien und Wirtschaft vorlegen.

Wie konkret sieht das SPÖ-Modell aus? Erbschaften und Schenkungen alles über einer Million Euro besteuern – und zwar mit einem progressiven Steuersatz von 25 bis zu 35 Prozent (über zehn Millionen Euro). Die Pläne liegen dem KURIER vor: Für Privatstiftungen gilt ein Schenkungssteuer-Äquivalent, das alle 30 Jahre den Tod der Stiftung fingiert. Damit wird 1:1 die deutsche Regelung übernommen.

Ebenfalls angelehnt an die deutsche Regelung wird es bei der Übernahme von Betrieben unter anderem eine Stundungsmöglichkeit für zehn Jahre geben. Mit dem Ziel, dass eine Betriebsübernahme durch Schenkung und/oder Vererbung nicht gefährdet wird. Aktuell werden in Österreich rund 50 Prozent der Betriebe übergeben, die anderen 50 Prozent werden verkauft. Zuletzt ist die Tendenz zum Verkauf klar steigend, was die Österreichische Notariatskammer bestätigt.

Millionärsabgabe

Als zweiten wichtigen Punkt nennt die SPÖ die Millionärsabgabe: Über einem Freibetrag von einer Million Euro Nettovermögen greift ein progressiver Steuersatz von 0,5 bis ein Prozent (über zehn Millionen Euro) für den die Million Euro übersteigenden Teil. Betroffen sind natürliche Personen und Privatstiftungen.

Angelehnt an das Schweizer Modell erfolgt die Veranlagung durch Eigendeklarationen. Ausgenommen dabei sind Hausrat, öffentliches, privates und betriebliches Pensionsvermögen.

Von dieser Regelung sind Einzelunternehmen und kleine und mittlere Unternehmen (KMU) kaum betroffen. Von 315.000 KMU (bis 250 Mitarbeiter und 50 Millionen Euro Umsatz) haben 96,2 Prozent ein Eigenkapital von weniger als einer Million Euro. 303.000 KMU sind davon nicht betroffen (die Zahlen beziehen auf eine Studie der Wirtschaftskammer Österreich aus dem Jahr 2013). Die restlichen 12.000 Mittelbetriebe sind fast ausschließlich juristische Personen (GmbH und AG) und unterliegen damit nicht der Millionärsabgabe.

Niessl für höheres Volumen

Burgenlands SP-Landeshauptmann Hans Niessl hat am Dienstag dafür plädiert, bei der Steuerreform nicht nur den Mittelstand zu entlasten, sondern auch Klein- und Mittelbetriebe. "Dort ist die Steuerlast eine sehr, sehr hohe", so Niessl am Dienstag am Rande einer Pressekonferenz in Eisenstadt. Niessl glaubt außerdem, dass es beim Volumen noch Luft nach oben gibt: "Das Volumen kann ja mit einer guten Gegenfinanzierung, nämlich über die Millionärssteuer und auch einer Erbschaftssteuer ab einer Million Euro auch ausgeweitet werden. Das ist ja jetzt nicht in Stein gemeißelt, dass man da sagt, das sind - wie die ÖVP sagt - nur fünf Milliarden oder sechs Milliarden." Man könne da noch "drüber" gehen. Laut dem Landeshauptmann müsse man "schon in Richtung Steuergerechtigkeit" gehen.

Er selbst sei nicht dafür, "dass man schröpft, sondern man soll eben faire Steuern einheben". "Die 0,5 Prozent für die zweite Million - das macht in Summe 5.000 Euro. Also wenn einer zwei Millionen Euro hat, zahlt er 5.000 Euro mehr Steuern. Da kann man auch nicht von einer Substanzbesteuerung sprechen", erläuterte er.

Hickhack

Bevor die SPÖ Montagabend über ihre Pläne informierte, gab es ein Hickhack zwischen den Koalitionsparteien. Sozialminister Rudolf Hundstorfer äußerte sich skeptisch, was die teilweise Anhebung der reduzierten Mehrwertsteuersätze angehe. Eine Erhöhung in Teilbereichen, etwa bei Antiquitäten, könne er sich aber vorstellen, sagte der Sozialminister am Rande einer SPÖ-Veranstaltung in Leopoldsdorf im niederösterreichischen Marchfeld.

Grundsätzlich verwies Hundstorfer die ganze Debatte um eine Erhöhung der Mehrwertsteuer in "das Reich der Gerüchte". Er betonte, dass es für eine etwaige Anhebung der Mehrwertsteuer-Sätze kein Konzept gebe: "Das ist jetzt nicht das Thema."

Hans Jörg Schelling wies die kolportierten "Geheimpläne" der ÖVP zur Steuerreform zurück. Die Presse am Sonntag berichtete, dass die ÖVP der Expertenkommission Wünsche gemeldet habe, wonach die Lohn- und Einkommenssteuer gesenkt sowie Familien und Wirtschaft entlastet werden sollen. Das würde insgesamt 6,6 Milliarden Euro bringen.

"Der Entlastungssatz wird insgesamt fünf Milliarden Euro in der Periode von 2016 bis 2018 betragen", erklärte Schelling gestern am Rande eines EU-Finanzministerrates in Brüssel. Das habe die Regierung bei ihrer Klausur in Schladming so vereinbart, betonte der ÖVP-Finanzminister. Das Papier der Steuerreform-Kommission kenne er jedenfalls nicht.

Schelling: ÖVP-Konzept "wird völlig anders ausschauen"

Schelling zeigte sich auch von den am Montag von der SPÖ vorgelegten Vorschlägen zu Erbschafts- und Schenkungssteuer und Millionärsabgabe als Gegenfinanzierung der Steuerreform unbeeindruckt: "Wir werden morgen unser Konzept präsentieren. Das wird völlig anders ausschauen, dazu stehe ich auch", sagte Schelling am Dienstag vor Beginn der EU-Finanzministersitzung in Brüssel.

Seine Ansicht habe sich durch die SPÖ-Vorlage "nicht geändert. Auch mein Stil nicht". Er habe immer erklärt, "wir schauen uns die Vorschläge an, die hereinkommen". Allerdings, "Österreich hat ein Ausgabenproblem, kein Einnahmenproblem. Daher sollten wir über die Chancen sprechen, wie wir die Ausgaben senken und nicht, wie wir Einnahmen erhöhen", betonte der Minister.

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