Starres Gesetz: Etlichen freiwilligen Wahlbeisitzern wird Absage erteilt

Zweite Stichwahl muss mit gleichen Kommissionen stattfinden
Viele wollen für Van der Bellen die Wahl kontrollieren, dürfen aber nicht. Die Grünen planen Helfer-Projekt.

Das Urteil vom Verfassungsgerichtshof war am Freitag, den 1. Juli, gerade ein paar Stunden alt, da liefen bei den Grünen in Wien die Telefonleitungen heiß. "Wir haben dutzende Anrufe, Mails und Facebook-Postings von Menschen bekommen, die helfen wollten", sagt eine Sprecherin.

Als klar war, dass Alexander Van der Bellen der Sieg aberkannt wird und die Bundespräsidenten-Stichwahl wiederholt werden muss, wollte auch Gerhard S. seine Unterstützung anbieten: Als Wahlbeisitzer in seinem Heimatbezirk. Seinem Engagement für die Grünen wurde rasch ein Riegel vorgeschoben: Es ist nicht möglich, sich als Wahlbeisitzer freiwillig zu melden, die Kommissionen stehen fest, teilte ihm die Magistratsabteilung 62 mit.

Auf KURIER-Anfrage verwies die MA 62 auf das Bundeswahlamt. Dessen Leiter Robert Stein bestätigt: "Die Kommissionen wurden 2013 gebildet, sie gelten für fünf Jahre."

In Wien besteht jede Sprengelkommission aufgrund des Nationalratswahlergebnisses 2013 aus je einem Beisitzer (plus Ersatzbeisitzer) der SPÖ, der Grünen und der FPÖ. Neos und ÖVP dürfen nur Vertrauenspersonen entsenden, weil sie zu wenig Prozent hatten. Grüne und Blaue konnten aus Personalmangel nicht jede Kommission besetzen. Nachträglich dürfen sie das nicht – auch, wenn die Ressourcen jetzt da wären. Außerdem muss die Stichwahl am 2. Oktober unter den exakt gleichen Voraussetzungen stattfinden, wie die aufgehobene vom 22. Mai. Das betrifft nicht nur die Gesetze, sondern eben auch die Kommissionen. Die Parteien dürfen nur intern Personen austauschen.

Erhöhtes Interesse

"Dieses strikte Vorgehen ist für mich nicht nachvollziehbar. Damals hat man noch sagen können: Selbst schuld, wenn ihr niemanden habt. Aber jetzt, nach der Wahlanfechtung, besteht doch ein erhöhtes Interesse daran, zu kontrollieren, damit diesmal alles glatt läuft", sagt Gerhard S. Ihm sei angeboten worden, stattdessen als Wahlzeuge zu fungieren. "In dieser Position darf man aber nur zuschauen und nicht einmal einen Stimmzettel angreifen. In der Praxis helfen die Wahlzeugen mit. Das könnte dann schon wieder ein Grund für eine Anfechtung sein."

Die starren gesetzlichen Bestimmungen sind insofern kurios, dass ja bereits einige bestehende Beisitzer kundgetan hatten, bei der Wahlwiederholung nicht mehr zur Verfügung zu stehen (der KURIER berichtete).

Die Grünen mussten Freiwilligen in allen Bundesländern jetzt eine Absage erteilen. "Das ist sehr schade, denn das Engagement freut uns sehr. Man spürt, dass da eine parteiübergreifende Bewegung ist", sagt Lothar Lockl vom Team Van der Bellen. Er appelliert an alle, sich anderweitig einzubringen: "Man kann helfen, indem man Spenden sammelt, Folder verteilt oder auf sozialen Netzwerken für Van der Bellen trommelt." Es sei bereits ein Projekt in Planung, die Helfer in allen Ländern zu koordinieren.

Bei der FPÖ sind derlei Anfragen nicht bekannt. Offenbar haben die Anhänger Norbert Hofers kein gesteigertes Interesse daran, den korrekten Ablauf der Auszählung zu überwachen – jedenfalls nicht mit erhöhter Personalzahl. "Wir gehen ohnehin davon aus, dass diesmal mit mehr Sorgfalt vorgegangen wird", sagt FPÖ-Sprecher Martin Glier.

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