US-Außenminister Blinken in Wien: Staatsbesuch voller Harmonie
Schon bei der Annäherung an das Bundeskanzleramt wurde klar, dass es im offiziellen Machtzentrum der Republik kein Tag wie jeder andere war. Dutzende Polizeibeamte und Personenschützer in Uniform wie auch zivil hatten am Freitag am Wiener Ballhausplatz Stellung bezogen – sowie drei Klimaschutzaktivisten der „Letzten Generation“, die es irgendwie bis direkt vor den Eingang des Kanzleramts geschafft hatten.
Auch drinnen war der Medienraum gut, wenn auch nicht bis auf den letzten Platz gefüllt, als Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) um 15.45 Uhr mit einer halben Stunde Verspätung und seinem US-amerikanischen Pendant Antony Blinken eintraf.
Im Laufe der Pressekonferenz versicherten sich „Dear Tony“ und sein „friend Alexander“ dann wiederholt ihrer gegenseitigen Unterstützung. Von einer starken Partnerschaft bzw. einer langen Freundschaft, nicht nur zwischen den beiden Ministern, sondern zwischen den beiden Ländern war immer wieder die Rede.
Dank für Österreichs Führungsrolle am Balkan
Inhaltlich arbeiteten sich die beiden vom Westbalkan über den Nahen Osten bis hin zur Ukraine durch die geopolitischen Hotspots in und um Europa. Hinsichtlich des Balkans und der kürzlich von der EU-Kommission empfohlenen Beitrittsgespräche mit Bosnien-Herzegowina dankte Blinken Schallenberg für seine „lang andauernde Führungsrolle“ in der Region. Nicht zuletzt dank Österreich entwickle sich der Westbalkan in Richtung Wohlstand und Westeuropa.
Der Anlass
US-Außenminister Anthony Blinken war in Wien, um an der Konferenz der Betäubungsmittelkommission der UNO (UNOCD) teilzunehmen.
Opioidkrise
In den USA hat sich die Zahl der Toten durch Überdosis in den vergangenen drei Jahren verdoppelt. Synthetische Drogen – vor allem Fentanyl – sind die häufigste Todesursache zwischen 18 und 45 Jahren. Im Rahmen der Konferenz sagte Blinken 170 Millionen US-Dollar zur Bekämpfung der Drogen zu.
US-Außenminister Blinken zu Besuch bei Nehammer
Auch bezüglich des Krieges in Gaza passte kein Blatt Papier zwischen die beiden. Das Recht Israels, auf den Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober zu reagieren, werde nicht in Frage gestellt, aber: „Das Menschenrecht gilt für alle, überall“, lautete die Botschaft Schallenbergs.
Blinken ergänzte: Hinsichtlich der vom israelischen Premier Netanjahu angekündigten Offensive auf Rafah im Süden des Gazastreifens brauche es einen „klaren und durchführbaren“ Plan zum Schutz der rund 1,3 Millionen Binnenflüchtlinge in der Stadt. Bisher habe man aber keinen solchen Plan gesehen.
Keine Kritik an österreichischer Russland-Connection
Ein potenzieller Anlass für Missstimmung zwischen den USA und Österreich ist neben den Osteuropa-Geschäften der RBI, die ins US-Visier gerieten, auch die Ukraine – oder die Tatsache, dass Österreich im Gegensatz zu anderen EU-Staaten nach wie vor einen Großteil seines Gases aus Russland bezieht.
Doch auch hier: keine Spur der Kritik vonseiten Blinkens. Europa reduziere die Energieabhängigkeit von Russland derzeit in einer Geschwindigkeit, „die sich niemand hätte vorstellen können“, sagte er. Angesichts der Tatsache, dass diese Abhängigkeit über Jahrzehnte aufgebaut wurde, sei es natürlich nicht einfach, das in der Sekunde zu ändern.
Doch: „Wir sehen viele wichtige Schritte, die Österreich unternimmt.“ Schallenberg bekräftigte wiederum das Ziel, bis 2027 kein Gas mehr aus Russland zu beziehen.
Ende des fossilen Zeitalters betont
Ohnehin müsse die Welt die Abkehr von fossilen Brennstoffen beschleunigen, sagte Blinken – eine Nachricht, die die „Letzte Generation“ vor der Türe wohl zumindest grundsätzlich begrüßt hätte. Deren Vertreter waren aber bereits weg, als sich Joe Bidens Chefdiplomat nach dem Ende der Pressekonferenz auf die andere Seite des Ballhausplatzes in die Präsidentschaftskanzlei zu einem abschließenden Besuch bei Alexander Van der Bellen begab.
Stattdessen hatte sich ein Grüppchen von Demonstranten gegen den israelischen Militäreinsatz in Gaza und dessen – wenngleich deutlich abgeflaute – Unterstützung durch die USA eingefunden.
Bereits zuvor war Blinken mit Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) zusammengetroffen. Der freute sich in einer danach verbreiteten Aussendung darüber, dass der Anlass für Blinkens Besuch, die Teilnahme an der UN-Suchtgiftkonferenz, „den Schwerpunkt auf das Thema Sicherheit, Kampf gegen Schmuggler und Kriminalität u.a. im Zusammenhang mit synthetischen Drogen zum Ausdruck“ bringe.
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