SPÖ und ÖVP streiten jetzt im Wahlkampf über Mindestsicherung
Die Mindestsicherung wird jetzt zum Wahlkampfthema. Die SPÖ kündigte an, die türkis-blaue Neuregelung beim Verfassungsgericht einzuklagen - und hat das am Mittwoch auch getan. ÖVP-Klubobmann August Wöginger konnterte tags darauf scharf: "Die SPÖ will das Tor für Zuwanderung wieder öffnen."
In einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz erklärte Wöginger am Donnerstag, die "Sozialhilfe neu" (so heißt die Mindestsicherung seit der Neuregelung) sei nötig, "um die ungehinderte Zuwanderung ins österreichische Sozialsystem zu stoppen". Immerhin hätten 60 Prozent der Mindestsicherungsbezieher Migrationshintergrund, in Wien, wo 56 Prozent der Mindestsicherungsbezieher leben, sogar 70 Prozent. Mit ihrer Klage wolle die SPÖ zu einem System, das für viele Migranten wie ein Magnet wirke. Wöginger zeigt sich zuversichtlich, dass das türkis-blaue Gesetz vor dem Höchstgericht hält
45 oder 333 Euro pro Kind?
Die SPÖ verfolgt bei ihrer Klage mehrere Argumentationslinien. Zum einen sei die degressive Gestaltung der Leistungen zu radikal. So gebe es für das dritte Kind nur noch 45 Euro pro Monat. Das "überschreitet den verfassungsrechtlichen Spielraum einer degressiven Abstufung", heißt es aus der SPÖ.
Dem hält Wöginger entgegen, dass für drei Kinder rund 1000 Euro bezahlt würden, "das sind pro Kind nicht 45 Euro, sondern 333" - wobei das Sozialhilfe und Kinderbeihilfe umfasst. Eine Familie mit drei Kindern komme so auf 2270 Euro netto im Monat, für Wöginger ein ausgewogenes Verhältnis zu dem, was arbeitende Personen bekommen: "Diese dürfen nicht die Dummen sein."
Judikatur berücksichtigt
Weiters kritisiert die SPÖ, dass die Deckelung der Geldleistungen bei Haushalten mit mehreren Volljährigen bei 175 Prozent des Netto-Ausgleichsrichtsatzes "überschießend und unsachlich" sei. Verfassungswidrig sei zudem, dass mit der neuen Sozialhilfe der Lebensunterhalt nicht mehr gedeckt, sondern nur noch unterstützt werden soll.
Auch hier sei er zuversichtlich, dass das neue Gesetz vor dem VfGH hält, sagte Wöginger, schließlich habe man im Gesetzgebungsprozess die diesbezügliche Judikatur berücksichtigt.
Die Rechte der Länder
Die Klage der SPÖ beim VfGH erfolgte über eine Drittelbeschwerde der roten Bundesratsfraktion. Diese sieht im Grundsatzgesetz massive Eingriffe in die Kompetenzen der Bundesländer. Stimmt nicht, sagt Wöginger: "Wir haben den Ländern den notwendigen Spielraum gelassen und zum Beispiel auf die unterschiedlichen Wohnungspreise Rücksicht genommen." So wird den Ländern ein Zuschlag von bis zu 30 Prozent ermöglicht.
Die volle Zuerkennung der Mindestsicherung neu ist künftig an ausreichende Sprachkenntnisse gebunden: Deutsch auf Niveau B1 oder Englisch auf Niveau C1, andernfalls werden bis zu 300 Euro abgezogen. Viel zu hoch, findet die SPÖ. Für viele Arbeiten, zum Beispiel am Bau, genügten schon geringere Sprachkenntnisse. Außerdem dürften die Länder im Kompetenzbereich des Armenwesens nicht zur Finanzierung von Sprachkursen verpflichtet werden.
Gewinner und Verlierer
Sprache sei ein wesentlicher Integrationsfaktor, kontert Wöginger. Darum würden Integrationsverweigerer (ebenso wie Arbeitsunwillige und Zuwanderer) zu den Verlierern der Neuregelung gehören. Gewinner seien Alleinerzieherinnen, Behinderte und Pflegebedürftige.
Kommentare