Online-Volksbegehren und mehr Direktwahl

APA9700014 - 05102012 - WIEN - ÖSTERREICH: SPÖ-Klubchef Josef Cap (l.) und ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf im Rahmen einer Sondersitzung des Nationalrates am Freitag, 5. Oktober 2012, im Parlament in Wien. APA-FOTO: ROLAND SCHLAGER
Die Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP einigten sich auf ein Paket zur Reform der Demokratie.

Eine Einigung zeichnete sich zwar schon seit einigen Wochen ab, der Abschluss kam am Mittwoch kurz vor Weihnachten dann doch überraschend: In einer spontan einberufenen Pressekonferenz gaben die Klubobleute von SPÖ und ÖVP, Josef Cap und Karlheinz Kopf, den koalitionären Vorschlag für eine Demokratiereform bekannt.

Aufwertung von Volksbegehren

Volksbegehren sollen künftig nicht mehr so leicht schubladisiert werden können wie bisher. Der Umgang mit Volksbegehren, die mehr als 100.000 Unterstützungsunterschriften bekamen, wird standardisiert. Es muss eine Sondersitzung des Nationalrats geben, bei der die Proponenten des Volksbegehrens ein Rederecht haben. Dann muss ein Sonderausschuss eingesetzt werden, ebenfalls mit Rederecht der Volksbegehrens-Vertreter. Am Ende der Beratungen muss noch einmal eine Sondersitzung des Nationalrats zu dem Thema stattfinden.

Bürgeranfrage an Regierungsmitglieder

Bürger sollen elektronisch Fragen an Regierungsmitglieder stellen können, die dann vier Mal im Jahr im Rahmen von „Bürger-Fragestunden“ im Nationalrat von den Ministern beantwortet werden.

Persönlichkeitswahlrecht

Bereits bei der Nationalratswahl 2013 soll ein neues Wahlrecht gelten. Damit die Wähler mehr Einfluss auf die Auswahl der Abgeordneten erhalten, wird das Vorzugsstimmensystem ausgebaut. Neu eingeführt wird die Möglichkeit, dass die Wähler die Bundeslisten umreihen können. Kandidaten, die von sieben Prozent der Wähler ihrer Partei eine Vorzugsstimme erhalten, sind gewählt. Auf Landeslisten soll die Hürde zehn Prozent betragen (wenn die Wahlzahl, rund 26.000 Stimmen, niedriger ist, gilt die Wahlzahl), auf Regionalwahlkreislisten 14 Prozent. Bisher musste ein Kandidat auf der Landesliste die Wahlzahl und im Regionalwahlkreis 17 Prozent der Parteistimmen erreichen.

Zentrale Wählerevidenz

Das Innenministerium baut eine zentrale Wählerevidenz für bundesweite Wahlen und für direktdemokratische Instrumente (Volksabstimmungen, Volksbefragungen und Volksbegehren) auf. Das dauert vermutlich bis Ende 2013.

Online-Volksbegehren

Die zentrale Wählerevidenz ist Voraussetzung für den ersten Schritt in die Internet-Demokratie. SPÖ und ÖVP wollen, dass man an Volksbegehren künftig online teilnehmen kann und sich den Weg aufs Gemeindeamt erspart. Sowohl die Unterstützungserklärung für die Einleitung eines Volksbegehrens als auch die Unterstützungsunterschrift, wenn es aufliegt, soll online möglich sein. Kopf: „Es wird dann natürlich mehr Volksbegehren mit 100.000 Unterschriften geben.“ Diese müssen dann den eingangs beschriebenen parlamentarischen Prozess durchlaufen.

Im Jänner wollen SPÖ und ÖVP das Paket mit der Opposition verhandeln und am 30. Jänner als Antrag im Parlament einbringen. Cap und Kopf sagen, sie streben einen möglichst breiten Konsens an, auch beim Wahlrecht, obwohl dies mit einfacher Regierungsmehrheit geändert werden könnte.

Die schwer umstrittenen automatischen Volksabstimmungen – Gesetze ohne Parlament – kommen nicht.
 

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