Nach Bewerbung für Rendi-Wagners Job: Was Doskozil antreibt

Nach Bewerbung für Rendi-Wagners Job: Was Doskozil antreibt
Burgenlands Landeshauptmann deklariert sich per Brief. Nun Streit über Vorgangsweise: Rendi-Wagner will Entscheidung auf Parteitag. Doskozil will einen Mitgliederentscheid.

Kurz vor dem SPÖ-Präsidium am Mittwoch sorgt Burgenlands Landeshauptmann für einen Knaller: Hans Peter Doskozil bewirbt sich offiziell für den Job des SPÖ-Chefs; das teilt er den SPÖ-Spitzengremien per Brief mit. Doskozil räumt ein, dass er und sein Team „einen Anteil am desaströsen Bild der SPÖ“ haben. Es sei „hoch an der Zeit für einen Schlussstrich“. Trotz der Bewerbung wird es nicht zur Kampfabstimmung auf einem Parteitag kommen.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner will zwar einen raschen Parteitag, Doskozil lehnt aber ab, dort zu kandidieren. Er schlägt der SPÖ vor, die Mitglieder entscheiden zu lassen. Sie sollen nicht nur die Personalfrage klären, sondern Doskozil will sie auch über sein Programm und sein Team abstimmen lassen. „Ein Ende aller inhaltlichen Konflikte und eine damit verbundene Neuaufstellung sind dann sichergestellt, wenn wir alle Mitglieder unserer Partei entscheiden lassen“, schreibt Doskozil an die SPÖ-Führung.

Showdown in der SPÖ: Das erwartet Doskozil

Die SPÖ-Spitzengremien, Präsidium und Vorstand, beraten am Mittwoch, wie sie den eskalierenden Führungsstreit beenden könnten. Dabei wird nun wohl die Frage „Parteitag oder Mitgliederentscheid“ eine wesentliche Rolle spielen.

Der Wahlkampf dürfte jedenfalls noch eine veritable Belastungsprobe für die Bundespartei werden. Die SPÖ-Wien stellt sich heftiger denn je hinter Rendi-Wagner. Die SPÖ-Chefin selbst wirft Doskozil „schmutzige Methoden“ vor und bezeichnet ihn als „Heckenschützen“. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig ist „erleichtert“, dass Doskozil kandidieren will. Das ebne den Weg zu einer „raschen Entscheidung“.

Die panonnische Taktik

In der Wiener SPÖ-Parteizentrale weiß man: Wenn ein Brief aus dem Burgenland hereinflattert, ist Feuer am Dach. Das war 2021, als Hans Peter Doskozil schriftlich mitteilte, dass er für das Parteipräsidium nicht mehr zur Verfügung steht. Und das war am Dienstag der Fall, als er bekannt gab, dass er sich um den Parteivorsitz bewirbt.

Das hat vor allem jene überrascht, die in Wien seit Monaten die Erzählung verbreitet haben, Doskozil liebe die Rolle als parteiinterner „Heckenschütze“, würde aber den Schritt in die Löwelstraße nie wagen. Wegen seiner angeschlagenen Stimme, wegen der „Ruheposition“, die ein Landeshauptmann genieße, und wegen der härteren Politik im Bund.

So ein Urteil können aber nur jene fällen, die den burgenländischen Landeshauptmann überhaupt nicht kennen. Er tickt komplett anders.

Hans Peter Doskozil reicht es nicht, politische Ankündigungen zu machen. Er will Umsetzungen. Im Burgenland hat er das schon vorgelebt: beim Mindestlohn im Landesbereich, bei der Anstellung pflegender Angehöriger, beim staatlichen Eingriff in den öffentlichen Verkehr, die gemeinnützigen Wohnungen oder die Errichtung von Solaranlagen etc.

Er sucht sich gerne mächtige Gegner aus. Beim Mindestlohn war es die Gewerkschaft, mit der er sich wieder ausgesöhnt hat. Der Landwirtschaftskammer hat er Geldmittel entzogen, seinen Landes-Jagdverband hat er entmachtet. Sein jüngster Reibebaum ist die Ärztekammer.

Hans Peter Doskozil wird gerne als Vertreter des rechten Flügels in der Partei bezeichnet. Im Asylbereich stimmt das auch. In anderen Lebensbereichen werden ihm hingegen linke, manchmal sogar kommunistische Tendenzen nachgesagt.

Auf jeden Fall ist er ein Mensch, der Herausforderungen liebt. Und der sich mit seinem engsten Team immer gut darauf vorbereitet. So wurden die vergangenen Jahre genutzt, um ein Doskozil-Netzwerk in den Bundesländern aufzubauen.

Verpatzte Party für die Parteichefin

Als wiederum Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner am Dienstagmorgen zu den Klängen von „Simply the Best“ bei der Klubtagung der Wiener SPÖ in Frauenkirchen einzog, fiel das Lächeln noch leicht(er) – wenige Stunden später trat Wiens Bürgermeister Michael Ludwig mit eher gespielter Lässigkeit vor Funktionäre und Medienvertreter: Er sei „erleichtert“, bemühte er sich um positive Worte, „dass sich Hans Peter Doskozil entschlossen hat, zu kandidieren“. Das biete die Möglichkeit, eine rasche Entscheidung herbeizuführen.

Sprach’s – und trat ab. Nachfragen: unerwünscht.

Dazwischen liegt der Brief des burgenländischen Landeschefs, dessen Inhalt sich wie ein Lauffeuer verbreitete. An inhaltliches Arbeiten war da nicht mehr zu denken, die Debatten verlagerten sich vom Tagungssaal auf die Gänge. Die Palette der Emotionen reichte von Überraschung bis Verärgerung.

„Ein Mann mit Anstand“

Geplant war die Klausur ganz anders: Die Parteichefin wollte bei Ludwig ein letztes Mal vor dem Sonderparteipräsidium Zuversicht tanken. Und teilte bei ihrer Rede auch gegen Doskozil aus – freilich, ohne seinen Namen zu nennen. Rendi-Wagner bedankte sich demonstrativ bei Ludwig, der „nicht nur in den letzten Tagen zu mir gestanden ist“. Die Wiener Partei könne stolz sein, „so einen Mann mit Charakter und Anstand“ an der Spitze zu haben. Dann warnte sie vor dem Rechtsruck: „Wer der SPÖ empfehle, ein bisschen nach rechts zu rücken, meint es nicht gut mit der Partei.“ Auch das ein Seitenhieb.

Ludwig antwortete gut choreografiert: „Wenn man Personen wählt und in den Vordergrund stellt“, dürften diese „den Anspruch haben, dass man sie unterstützt“. Nur so funktioniere „das Auftreten gegenüber dem Mitbewerber“. Nachsatz: „Wenn ich sage ‚Mitbewerber‘, dann meine ich andere Parteien.“

Dass sich der interne Mitbewerber tatsächlich nur kurz drauf aus der Deckung wagte, dürfte dann auch ihn überrascht haben.

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