Doskozil will mit "Urabstimmung" SPÖ-Parteichef werden

Doskozil will mit "Urabstimmung" SPÖ-Parteichef werden
Nach jahrelangen Querschüssen gegen SPÖ-Chefin Rendi-Wagner will der burgenländische Landeshauptmann nun selbst SPÖ-Bundesparteivorsitzender werden.

Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil legt sich fest: Nach jahrelangen Querschüssen gegen die aktuelle SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner will er nun selbst SPÖ-Bundesparteivorsitzender werden. In einem Brief an die morgen tagenden Gremien, der der APA und dem KURIER vorliegt, schreibt Doskozil an Präsidium und Vorstand: "Ich habe mich (...) entschlossen, mich (...) für den Parteivorsitz der SPÖ zu bewerben." Doskozil verlangt zur Entscheidung einen Mitgliederentscheid.

Die SPÖ stecke "derzeit unbestritten in einer Krise", so Doskozil. "ln der Öffentlichkeit geben wir als SPÖ ein desaströses Bild ab", betonte er. "Daran haben auch mein Team und ich unseren Anteil", räumt er ein, "wobei es uns nie darum gegangen ist, auf einer persönlichen Ebene zu agieren". Sein Fazit: "Es ist hoch an der Zeit, einen Schlussstrich zu ziehen und Klarheit zu schaffen."

In der SPÖ-Bundesparteizentrale gab man sich abgeklärt: "Das war zu erwarten. Jetzt liegen die Karten am Tisch." Umso wichtiger seien die von der Parteivorsitzenden einberufenen Sitzungen, um all diese Fragen zu klären und zu besprechen: "Mehrheiten werden über die weitere Vorgehensweise entscheiden, so wie es in einer demokratischen Partei üblich ist."

Doskozil: "Nötige Klarheit"

"lch habe mich daher nach Rücksprache mit meinen Freundinnen und Freunden der SPÖ Burgenland entschlossen, mich mit unserem Programm, unseren lnhalten und einem breiten Team, das ich noch vorstellen werde, für den Parteivorsitz der SPÖ zu bewerben", kündigt Doskozil an. Dazu werde er dem am Mittwoch tagenden SPÖ-Bundesparteipräsidium einen "Mitgliederentscheid nach §24 des Organisationsstatuts" vorschlagen.

Mit einer "Urabstimmung" sei "die nötige Klarheit gegeben, damit unsere Genossinnen und Genossen in Salzburg ungestört die Wahlen am 23. April schlagen können", zeigte sich Doskozil überzeugt. "Für eine Wahl auf einem überhastet organisierten Sonderparteitag, der nicht im Sinne unserer Salzburger Freundinnen und Freunde ist, stehe ich nicht zur Verfügung", ließ Doskozil wissen.

Doskozil sprach von tiefgreifenden Meinungsverschiedenheiten über die thematische Ausrichtung der Partei, die auch mit Personen verbunden sei. "Aber nein, es ist kein Rosenkrieg", betonte er. Es gehe ausschließlich um die Frage, mit welchen konkreten Programmen und Maßnahmen die SPÖ auf die konkreten Sorgen der Menschen in Österreich reagieren wolle. Ziel aller sei ein "neuer sozialdemokratischer Aufbruch" und die Aussicht, wieder Wahlen zu gewinnen.

"Klare Haltung zu Asyl und Migration"

Man müsse eine glaubwürdige Alternative anbieten angesichts einer "überforderten Bundesregierung" einerseits und andererseits einer immer wahrscheinlicher werdenden FPÖ-geführten Regierung. "Dass wir gemeinsam einer Neuauflage von Schwarz-Blau entschieden entgegentreten müssen, eint uns über alle inhaltlichen Differenzen hinweg. Dazu bedarf es aber einer innerparteilichen Geschlossenheit, die nur durch eine Klärung der wichtigsten inhaltlichen Fragen zu erreichen ist", so Doskozil.

Der burgenländische Landeshauptmann rühmte in der Folge Errungenschaften in seinem Bundesland - von Mindestlohn über Gratiskindergarten bis zum Mietpreis- und Wärmepreisdeckel. Antworten brauche es zudem beim Steuersystem, dem Ausbau von Alternativenergie, und: "das schließt selbstverständlich auch eine klare und rechtsstaatliche Haltung zu den Themen Asyl und Migration ein".

Ob Doskozil als etwaiger Bundesparteivorsitzender noch Landeshauptmann im Burgenland bleiben würde, ließ er am Dienstag offen. Jetzt gehe es um den Parteivorsitz, hieß es zur APA. Betont wurde wie im Schreiben, dass Doskozil nur bei einem Mitgliederentscheid, nicht aber bei einem Sonderparteitag antreten würde.

Ludwig: "Schnelle Entscheidung"

Wir reagieren die Genossen auf Doskozils Vorstoß?

Bürgermeister Michael Ludwig zeigte sich Dienstagabend "erleichtert, dass Doskozil", einen Entschluss gefasst habe. Er sprach sich nicht direkt gegen oder für eine Mitgliederbefragung aus - sondern verwies auf die morgigen Parteigremien. Eine ausdrückliche Unterstützung für die Parteichefin oder ihren Herausforderer gab es zumindest in dieser kurzen Rede ebenfalls nicht.

In den Gremien werde er "stark darauf drängen, dass wir schnell zu einer Entscheidung kommen", so Ludwig. "Wir agieren nicht im luftleeren Raum, die Bevölkerung braucht die Sozialdemokratie so dringend wie lange nicht."

Wie läuft ein Mitgliederentscheid ab?

Laut SPÖ-Organisationsstatut muss ein Mitgliederentscheid durchgeführt werden, wenn es zumindest zehn Prozent aller Mitglieder auf Bundesebene verlangen. Das Ergebnis ist verbindlich, wenn die Mehrheit der Abstimmenden zugestimmt hat und sich 20 Prozent aller SPÖ-Mitglieder daran beteiligt haben.

Beschlüsse, die nach dem Organisationsstatut von anderen Gremien oder Organen zu fassen sind, können nicht Thema eines Mitgliederentscheids sein. Ein Problem für Doskozil könnte also dadurch entstehen, dass in Paragraf 47 festgelegt ist, dass ein Parteitag über die Wahl des Bundesparteivorsitzenden entscheidet.

Neben den zehn Prozent der SPÖ-Mitglieder auf Bundesebene ist auch Bedingung, dass aus wenigstens drei Landesorganisationen jeweils zumindest 25 Prozent "der insgesamt für die Einsetzung eines Mitgliederentscheides erforderlichen Mitglieder" dies fordern, gibt das Organisationsstatut vor. Der Mitgliederentscheid muss innerhalb von drei Monaten ab dem Zeitpunkt, ab dem er verlangt wurde, beginnen. Der Bundesparteivorstand beschließt die Verfahrensrichtlinien und setzt den Zeitraum zur Abhaltung des Entscheides fest.

Der Mitgliederentscheid grenzt sich von der Mitgliederbefragung ab. Diese kann durchgeführt werden, wenn das vom Parteivorstand des jeweiligen Organisationsbereiches - also etwa Landes- oder Bundesorganisation - beschlossen wird. Im Gegensatz zum Mitgliederentscheid sind die Ergebnisse einer Mitgliederbefragung nicht verbindlich, auch sind nicht zehn, sondern nur fünf Prozent der SPÖ-Mitglieder für deren Einsetzung notwendig.

Werte Mitglieder des Bundesparteivorstandes! Werte Mitglieder des Bundesparteipräsidiums! Liebe Genossinnen und Genossen!

Die SPÖ steckt derzeit unbestritten in einer Krise. Ja, es gibt tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten über die thematische Ausrichtung unserer Partei. Ja, diese Uneinigkeit wird auch mit Personen verbunden. Aber nein, es ist kein Rosenkrieg. lm Kern geht es ausschließlich um die Frage, mit welchen konkreten Programmen und Maßnahmen wir als SPÖ auf die konkreten Sorgen der Menschen in Österreich reagieren wollen. Und das in einer politischen Konstellation, wo auf der einen Seite eine überforderte Bundesregierung nur mehr mit sich selbst und ihren Skandalen beschäftigt ist - und auf der anderen Seite eine von der FPÖ geführte Regierung unter Herbert Kickl immer wahrscheinlicher wird, wenn wir keine glaubwürdige Alternative anbieten können.

Dass wir gemeinsam einer Neuauflage von Schwarz-Blau entschieden entgegentreten müssen, eint uns über alle inhaltlichen Differenzen hinweg. Dazu bedarf es aber einer innerparteilichen Geschlossenheit, die nur durch eine Klärung der wichtigsten inhaltlichen Fragen zu erreichen ist!

,,Aufstieg, Leistung. Sicherheit." Auch heute noch aktuell

Was Bruno Kreisky für die Siebzigerjahre des letzten Jahrhunderts als Ziel formuliert hat, hat heute mehr Berechtigung denn je. Denn ich bin sicher: Es ist möglich, auch in Zeiten multipler Krisen einen Staat zu gestalten, in dem alle Menschen ein selbstbestimmtes Leben führen können und Zukunft nicht Angst bedeutet, sondern Sicherheit und Chancen.

Ich weiß natürlich, dass nicht alles, was wir im Burgenland an sozialdemokratischer Politik umsetzen, 1:1 auf Österreich oder auf andere Bundesländer übertragbar ist. Aber wir fahren eine klare Politik, die sich an diesen Zielen orientiert - von der Einführung des Mindestlohns von 1.700 Euro netto (heute 2.000) gemeinsam mit den Gewerkschaften über den Gratiskindergarten bis hin zu einem Mietpreis- und Wärmepreisdeckel, der die Krisenkosten bis in den Mittelstand hinein abfedert.

Wir stehen für eine Politik, bei der auch Althergebrachtes hinterfragt wird, um Fortschritte für die breite Mehrheit der Menschen zu erreichen - von der Neuorganisation der Pflege über den Kampf gegen die Zwei-Klassen-Medizin bis hin zu einem neuen Verständnis von sozialem Wohnbau.

Und natürlich geht es mir auch darum, für die großen gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Umbrüche die passenden Antworten parat zu haben. Das gilt für ein Steuersystem, das Arbeit honoriert, das gilt für den raschen Ausbau der Sonnen- und Windkraft, um preis- und energieunabhängig zu werden, das schließt selbstverständlich auch eine klare und rechtsstaatliche Haltung zu den Themen Asyl und Migration ein.

Es ist hoch an der Zeit, einen Schlussstrich zu ziehen und Klarheit zu schaffen.

Inhaltliche Debatten über derartige Ziele führen wir derzeit jedoch nicht. In der Öffentlichkeit geben wir als SPÖ ein desaströses Bild ab. Daran haben auch mein Team und ich unseren Anteil - wobei es uns nie darum gegangen ist, auf einer persönlichen Ebene zu agieren. Es ist jedenfalls hoch an der Zeit, hier einen Schlussstrich zu ziehen.

Ich habe mich daher nach Rücksprache mit meinen Freundinnen und Freunden der SPÖ Burgenland entschlossen, mich mit unserem Programm, unseren Inhalten und einem breiten Team, das ich noch vorstellen werde, für den Parteivorsitz der SPÖ zu bewerben. Dazu werde ich dem SPÖ-Bundesparteipräsidium einen bereits von mehreren SPÖ-Organisationen geforderten Mitgliederentscheid nach §24 des Organisationsstatuts vorschlagen.

Es geht jetzt um eine breite Unterstützung aller aktiven Parteimitglieder für ein konkretes Programm der Sozialdemokratie für die nächsten herausfordernden Jahre. Entscheidende Jahre, in denen wir nur gemeinsam unserem Ziel einer solidarischen Gesellschaft näherkommen werden. Ein Ende aller inhaltlichen Konflikte und eine damit verbundene Neuaufstellung sind dann sichergestellt, wenn wir alle Mitglieder unserer Partei entscheiden lassen.

Mit einer "Urabstimmung" ist zudem die nötige Klarheit gegeben, damit unsere Genossinnen und Genossen in Salzburg ungestört die Wahlen am 23. April schlagen können. Für eine Wahl auf einem überhastet organisierten Sonderparteitag, der nicht im Sinne unserer Salzburger Freundinnen und Freunde ist, stehe ich nicht zur Verfügung.

Wir alle brennen für die Sozialdemokratie - wir alle sind getrieben von dem Ziel, einen neuen sozialdemokratischen Aufbruch einzuleiten. Daher ist für mich entscheidend: Für eine geeinte Partei, einen klaren inhaltlichen Kurs und die Aussicht, wieder Wahlen zu gewinnen, braucht es die Mitsprache unserer Basis. Und selbstverständlich muss dieses Votum dann von allen Seiten akzeptiert werden.

Glück Auf & Freundschaft,

Euer Hans Peter Doskozil

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