SPÖ-Schwenk bei Kinderbeihilfe im Ausland

Sinneswandel in der SPÖ: Kern ist nun dafür, Familienbeihilfe für Kinder im EU-Ausland zu reduzieren.
ÖVP ist erfreut, dass nun auch die SPÖ Beihilfe für Kinder im EU-Ausland kürzen will.

Juni 2015: ÖVP-Außenminister Sebastian Kurz regt an, die Familienbeihilfe für Kinder, die im Ausland leben, an das Niveau des Heimatlandes anzupassen. Die SPÖ ist dagegen. Es sei "nicht fair", Bürgern wegen unterschiedlicher Herkunft unterschiedliche Beträge zu überweisen.

Februar 2016: Kurz ruft erneut nach geringerer Beihilfe. Die SPÖ spricht von "Polemik", warnt vor einer "eindimensionalen und unwirksamen Sozialleistungsdebatte auf Kosten der Ärmsten".

Montag, 14. November: Dritter Anlauf der ÖVP. Finanzminister Hans Jörg Schelling, Familienministerin Sophie Karmasin und Kurz drängen in einem Brief an EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker auf eine "Indexierung" der Familienleistungen. Reaktion von SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder: "Es ist ein bisschen schwierig, über Phantome zu diskutieren."

Sonntag, 20. November: SPÖ-Kanzler Christian Kern sagt: "Ich bin dafür, die Familienbeihilfe für Kinder, die nicht mit den Eltern nach Österreich gekommen sind, auf das lokale Niveau in Bulgarien, Rumänien und Ungarn zu reduzieren."

Appell

In Kurz’ Büro wertet man Kerns Aussagen positiv. Karmasin sagt: "Das stärkt uns in unserem Anliegen." Realisieren können Rot und Schwarz den Plan allerdings nicht allein. Er wäre europarechtswidrig. Im Wissen darum haben Schelling & Co ja an die EU-Kommission appelliert, das Thema "so bald wie möglich aufzugreifen" – und einen Vorschlag für "eine gesamteuropäische Lösung" vorzulegen.

Die Kommission signalisiert Reformwillen. Sie will sicherstellen, "dass die Freizügigkeit fair abläuft" – und die EU-Regeln zur Koordinierung der Sozialsysteme entsprechend ändern. Kommissionssprecher Christian Wigand sagte der APA: "Ein Gesetzesvorschlag dazu ist Teil unseres Arbeitsprogramms."

Dem KURIER gegenüber hieß es, "Anpassungen" würden "in beide Richtungen gehen": Österreich müsste damit nicht nur weniger an Länder mit niedrigeren Sozialleistungen zahlen, sondern auch mehr an Staaten mit höheren, etwa skandinavische.

Im EU-Sozialministerrat müssten solche Neuerungen mit qualifizierter Mehrheit beschlossen werden; auch der Sanktus im EU-Parlament wäre nötig. Sollten sich die osteuropäischen Länder zusammentun, könnten sie die Reform mit ihrer "Sperrminorität" blockieren.

Warnung

Die Migrationsforscherin Gudrun Biffl geht im Falle einer Reform davon aus, dass Kinder aus Osteuropa nach Österreich geholt würden. Das sei 1979 geschehen, als die Familienbeihilfe für Gastarbeiter reduziert worden sei. Das habe "das Schulsystem enorm belastet". Der Migrantenanteil war damals von 1,2 auf vier Prozent gestiegen.

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