Kritik an Budget-Rede: "Völlig pervers" und "Dokument des Scheiterns"

Austrian Finance Minister Markus Marterbauer gives his budget speech in Vienna
FPÖ und Grüne üben Kritik, bzw. geben sich skeptisch. Arbeiterkammer und ÖGB sehen in Marterbauers Spar-Plänen Licht und Schatten.

Das präsentierte Doppelbudget sorgt für gemischte Reaktionen. Ironisch mitleidig betrachtete Grünen-Klubchef Werner Kogler die Budgetrede von Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ). "Er ist ein korrekter Kerl", sagte er am Rande der Nationalratssitzung - "er leidet halt darunter, dass er ein Budget zu verteidigen hat, das Schwarz-Blau nach Brüssel geschickt hat". Kein Mitleid gab es hingegen von der FPÖ, sie ortete Floskeln und Verschleierung.

Zu den Sparmaßnahmen selbst zeigte sich Kogler weit weniger gnädig. Es werde an den falschen Stellen gespart. Ein weiteres Mal bewertete Kogler die Einsparungen als "sozial ungerecht, phasenweise wirtschaftsfeindlich und umweltschädigend". "Völlig pervers" sei außerdem, dass etwa der Schwerverkehr mit weiteren Privilegien zusätzlich angeheizt werde. Massive Kritik übten die Grünen auch daran, dass das Frauenbudget nicht erhöht wird.

Zur Seite stand Marterbauer bei dessen Budgetrede SPÖ-Obmann und Vizekanzler Andreas Babler. Es habe sich um seine "sehr kompetente" sowie "hervorragende" Rede gehandelt", sagte er danach. Auch Sozialministerin Korinna Schumann sprach von einer "großartigen Rede", welche die Budgetsituation realistisch beschrieben habe.

Die freiheitliche Abgeordnete Susanne Fürst nutzte ihre Wortmeldung zum Thema "EU-Bericht des Bundeskanzlers" - die eigentliche Budgetdebatte findet erst am Mittwoch statt - um zu Marterbauer abzubiegen. Sie ortete "eine lange Rede mit vielen leeren Floskeln" sowie eine "Verschleierung der wahren Ursachen". Hinter der von der Regierung beschworenen Transparenz würden sich nämlich Kürzungen bei den Familien, bei den Pensionisten sowie bei den Leistungsträgern verbergen. Noch deutlicher wurde FPÖ-Chef Herbert Kickl. In einer Aussendung bezeichnete er den Budgetbericht als "Dokument des Scheiterns". Er sprach von einem "Raubzug an der arbeitenden Bevölkerung", anstatt einer ausgabenseitigen Budgetsanierung.

ÖVP und NEOS verteidigen Maßnahmen

Auch Vertreter der beiden anderen Regierungsparteien verteidigten die Sparmaßnahmen. Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) etwa meinte: "Die Konsolidierung betrifft alle. Es leisten alle einen Beitrag." Kanzler Christian Stocker (ÖVP) sprach in einer Aussendung von einem "ersten Schritt, um den Staatshaushalt wieder nachhaltig auf solide und resiliente Beine zu stellen". Das tue die Regierung "aus volkswirtschaftlicher Vernunft und fiskalpolitischer Verantwortung". Der Fokus liege dabei auf der Ausgabendisziplin und langfristigen Strukturreformen, betonte die Volkspartei. Damit werde der Spielraum für Zukunftsinvestitionen geschaffen.

Man verabschiede sich "von der Förder-Gießkanne" und investiere gezielt dort, wo "es wirklich sinnvoll ist und wo es um Zukunftsinvestitionen geht", meinte auch die zuständige Finanz-Staatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl (ÖVP). In einem Hintergrundgespräch am Vorabend hatte Eibinger-Miedl von einem "ganz großen Meilenstein" gesprochen und die gute Zusammenarbeit mit Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) hervorgehoben. NEOS-Klubobmann Yannick Shetty wiederum zeigte sich zufrieden, mit den Einsparungen ein erstes Ziel erreicht zu haben.

AK und ÖGB mit Lob und Kritik

"Richtige Akzente" erkennt die Arbeiterkammer in dem von ihrem ehemaligen Chefökonom und nunmehrigen Finanzminister vorgelegten Doppelbudget. "Allerdings leisten nicht alle einen gerechten Beitrag zur Sanierung des Defizits", kritisierte AK-Präsidentin Renate Anderl und fordert für 2027 einen höheren Anteil durch vermögensbezogene Steuern. Kritisiert wird außerdem, dass die Konsolidierung am Beginn zu stark sei und eine negative Verteilungswirkung durch Klimabonus-Streichung und Gebührenerhöhungen. Lob gibt es dagegen etwa für Offensivmaßnahmen und die "Reduzierung der Überförderung der Landwirtschaft".

Licht und Schatten sieht auch der Gewerkschaftsbund. Gelungen sei es, "neben notwendigen Einsparungsmaßnahmen, die leider große Teile der Bevölkerung treffen werden, auch breite Schultern an der notwendigen Konsolidierung zu beteiligen", so ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian. "Luft nach oben" sieht er bei der Maßnahmen zur Konjunkturbelebung und zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts. Manche der geplanten Einsparungen, etwa im Pensionsbereich, bei den Familienleistungen oder beim Klimabonus sowie die Kürzungen bei den Klimaförderungen seien "aber nur schwer zu verdauen", auch wenn es gelungen sei, diese durch das Einfrieren der Rezeptgebühren oder die Verdreifachung des Pendlereuros abzufedern.

IV und WKÖ sehen "erste Schritte"

Vorsichtig optimistisch fällt auch das Urteil der Industriellenvereinigung (IV) aus. Der Ernst der Lage sei grundsätzlich erkannt worden, "doch der Weg zu einem nachhaltig tragfähigen Budgetpfad verlangt mehr als bislang eher symbolische Schritte", kritisierte IV-Präsident Georg Knill. Das angekündigte "Sparen im System" finde bisher nicht im nötigen Ausmaß statt. Positiv sieht die IV die Investitionen in Forschung und Entwicklung, Bildungsmaßnahmen, Maßnahmen zur internationalen Fachkräfteanwerbung sowie Einsparungen bei Bildungskarenz, im Pensionsbereich und bei Familienleistungen. Es fehle aber an Konsequenz in der Umsetzung notwendiger Strukturreformen.

Die Wirtschaftskammer (WKÖ) sieht ebenfalls einen "ersten Schritt, um die aktuelle finanzielle Lage zu stabilisieren", dem "aber noch strukturell weitergehende Reformen folgen" müssten, um einen mittelfristig nachhaltigen Budgetpfad zu erreichen. Lob gibt es für die Steuerbefreiung für die Mitarbeiterprämie, die Verbesserung der Basispauschalierung sowie die angekündigte Nova-Befreiung von Klein-LKWs. Der angekündigte Entfall der Belegerteilungspflicht bis 35 Euro sowie die angekündigten Entlastungen für Arbeiten im Alter sollten rasch gesetzlich umgesetzt werden, forderte die WKÖ in einer Stellungnahme.

Gemischt auch die Reaktion des Handelsverbands. "Gute Absätze" sieht man in der steuerfreien Mitarbeiterprämie, der Ausweitung der steuerlichen Basispauschalierung, der Einführung der Teilpension ab 2026 und die Bildungsinvestitionen. Besorgt zeigte sich Handelsverbands-Geschäftsführer Rainer Will wegen des schwachen Konsumklimas, das durch Maßnahmen weiter geschwächt werde.

Scharfe Kritik der Caritas

Scharfe Kritik kommt von der Caritas. "Dieses Budget trifft armutsbetroffene Menschen - insbesondere Mehrkindfamilien, Alleinerziehende und Haushalte mit geringem Einkommen - besonders hart", so Generalsekretärin Anna Parr. Die Streichung des Klimabonus, das Aussetzen der Inflationsanpassung von Familienleistungen und das Einbehalten jenes Drittels der kalten Progression, das gerade auch wichtige Maßnahmen für armutsbetroffene Familien enthalte, sei "ein klarer Rückschritt im Kampf gegen Armut und trifft insbesondere Frauen und Kinder". Das zweite verpflichtende Kindergartenjahr und der Fonds für Unterhaltszahlungen seien zu begrüßen, aber dafür kein adäquater Ersatz, so Parr. Die globalisierungskritische NGO Attac kritisiert die Prioritätensetzung von "Aufrüstung auf Kosten von Klimaschutz und Sozialem".

Eindeutig negativ fällt das Urteil des wirtschaftsliberalen Thinktanks Agenda Austria aus. "Das ist keine Sanierung, das ist ein Placebo", so Agenda-Austria-Direktor Franz Schellhorn. Kritik übt er an den hohen Staatsausgaben und -schulden und bemängelt weitreichendere Einsparungen im öffentlichen Bereich.

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