SPÖ-Mandatarin: "Manche Dinge klingen schon bedrohlich"

SJ protestiert gegen den Regierungspakt.
Regierungspakt: Immer mehr Rote werfen Kanzler Kern vor, Grundsätze über Bord geworfen zu haben. Klubchef Schieder entgegnet: "In Summe ein gutes Programm".

Am 17. Mai 2016 wurde Christian Kern als Bundeskanzler angelobt. Zwei Tage später, bei seiner Antrittsrede im Nationalrat, sagte er: "Menschen brennen nicht für Kompromisse, sie brennen für Grundsätze und Haltungen."

An diese Worte erinnerte die Sozialistische Jugend (SJ) gestern ihren Parteivorsitzenden, indem sie ein Transparent mit diesem Satz an der Fassade der SPÖ-Zentrale anbrachte. Es war ein Ausdruck des Protests gegen den neuen Pakt von SPÖ und ÖVP. SJ-Chefin Julia Herr befindet, es sei zwar klar, dass in einer Koalition "nicht 100 Prozent der eigenen Inhalte umgesetzt werden können", doch im neuen Regierungsprogramm seien durch die vielen Kompromisse "die Grundsätze" der SPÖ "völlig unter die Räder gekommen". Eva Maltschnig, Vorsitzende der Sektion 8, konstatierte im Standard, ihre Partei habe sich "von der ÖVP einlullen lassen". Herr kritisiert konkret etwa das Sicherheitspaket ("maßlose Überwachung, teils rassistische Züge").

"Genau anschauen"

Das sehen auch einige andere skeptisch. "Manche Dinge klingen schon bedrohlich, etwa die unter dem Titel Sicherheit gesammelten Werke", sagt Nationalratsabgeordnete Nurten Yilmaz im KURIER-Gespräch. Was genau? Die Mandatarin verweist auf den geplanten Ausbau der Videoüberwachung, die Erfassung von Kfz-Kennzeichen, die Fußfessel etc. "Das alles muss man sich genau anschauen." Es werde auf die Details bei der Umsetzung ankommen. Yilmaz lehnt auch das Verhüllungsverbot ab, "weil der Staat keine Kleidungsvorschriften machen soll. Ich bin keine Burka-Verfechterin, aber eine liberale Gesellschaft muss das vertragen". Erich Fenninger, Chef der (SPÖ-nahen) Volkshilfe, sagt, er sei "erschüttert über das Überwachungspaket" bzw. darüber, "welches Bild da durch die Diktion aufgebaut wird". Und ein Burka-Verbot sei nicht nötig, wenn sich hierzulande nur 150 Frauen vollverschleiern würden.

"Falsch verstandene Toleranz"

Yilmaz trägt das rot-schwarze Gesamtpaket dennoch mit, "weil es im Großen und Ganzen ein guter Kompromiss ist". Sie freut sich z.B. über das Integrationsjahr, das einen Rechtsanspruch auf Sprachkurse für Flüchtlinge vorsieht. Positiv findet Yilmaz zudem die Frauenquote für Unternehmen.Die sonst oft sehr kritische Jung-Mandatarin Daniela Holzinger steht sogar zum Sicherheitspaket ("heute gibt es andere Bedrohungsszenarien") und zum Burka-Verbot: "Wenn man Vollverschleierung akzeptiert, ist das falsch verstandene Toleranz." SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder verteidigt das Übereinkommen naturgemäß auch: "Es gibt bei allen Punkten Dinge, die besser und Dinge, die schlechter sind, aber es ist in Summe ein gutes Programm für Österreich." Ein zentraler Punkt sei etwa der Plan, Jobs zu schaffen.

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