Was würde die SPÖ beim Klimaschutz anders machen? Die rote Klimasprecherin spricht gegen ein schärferes Limit auf Autobahnen aus – und für ein rasches Ende der Gasheizungen im Neubau.
Wie stehen die Klimasprecher der Parteien zu den Klimazielen? Für die SPÖ fordert Abgeordnete Julia Herr mehr Engagement von der Regierung.
KURIER:Ministerin Gewessler verweist auf sinkende Treibhausgasemissionen, Sie kritisieren die Regierung immer scharf. Was passt nicht?
Julia Herr: Wir sind das einzige EU-Land, das keine verpflichtenden Klimaziele definiert hat. Die Regierung ist mir sehr hohen Ambitionen gestartet und dem Ziel der Klimaneutralität 2040. Aber es fehlt ein Plan, wie wir das erreichen wollen, kein wissenschaftliches Szenario, wie das klappen soll. Es gibt keine branchenspezifischen Ziele, nicht für den Verkehr, nicht für die Landwirtschaft, nicht für die Industrie, um nur einige zu nennen.
Aber wir haben doch Klimaziele gegenüber Brüssel, minus 48 Prozent bis 2040?
Zum Glück haben wir die EU-Ziele. Weil national haben Grüne und ÖVP ja keine zustande gebracht.
Sie kritisieren, dass es kein Klimaschutzgesetz gibt. Was soll drinnen stehen?
Wir wollen, dass es einen wissenschaftlich basierten Pfad bis zur Klimaneutralität 2040 gibt. Wir wollen auch ein strenges Gesetz, mit Zielen für die Bundesländer, nicht nur für den Bund. Und für alle Sektoren verbindliche Ziele, aber auch Sanktionen, auch finanzielle, wenn diese nicht eingehalten werden.
Wie sollen Ziele beim Verkehrssektor erreicht werden?
Gerade beim Verkehr wissen wir, dass ein gut ausgebautes Öffi-System auch genutzt wird. Die SPÖ hat ein Verkehrszielgesetz eingebracht, das definieren würde, wie der Öffiverkehr in Zukunft aussehen soll, auch am Land: Ab welcher Größe muss eine Bezirkshauptstadt einen Bahnhof haben, ab welcher Betriebsgröße muss ein Betrieb Schienenanschluss haben.
Wir wollen sicher nicht die Individuen bestrafen. SPÖ-Klimaschutz heißt nicht, dass man die Verantwortung abwälzt. Der individuelle CO2-Fußabdruck war eine Erfindung des Ölkonzerns Shell, um die eigene Verantwortung abzuschieben und sich so aus der Affäre zu ziehen. Klimaschutz wird funktionieren, wenn wir ihn als gesamtgesellschaftliche Aufgabe sehen, diese auch ausfinanzieren und dabei einen Plan haben.
Wir haben nach wie vor Subventionen für fossile Energien, etwa beim Dieselprivileg oder der Pendlerpauschale. Ist das vernünftig?
Schon das Klimavolksbegehren hat gefordert, dass es über fossile Förderungen eine vollständige Liste geben soll, die gibt es aber nicht. Beim Pendlerpauschale fordert die SPÖ schon lange eine Ökologisierung und eine soziale Ausgestaltung. Es kann ja nicht sein, dass das vom Einkommen abhängig ist, und der Generaldirektor bei der gleichen Strecke mehr bekommt als seine Sekretärin. Das ist doch absurd.
Gewessler legte kürzlich den Klimaplan bis 2030 vor, demnach schaffen wir bis 2030 CO2-Einsparungen von etwa 35 Prozent. Ein Erfolg?
Wenn man eine faire Analyse ziehen will, gibt es mehr Geld für Klimaschutz als jemals zuvor, das ist positiv. Aber es fehlen einfach die großen Gesetzesvorhaben, Klimaschutzgesetz, Erneuerbare Gase, Erneuerbare Wärme.
Einige davon brauchen die Stimmen der SPÖ. Da hatte die SPÖ erklärt, nicht mehr mitzustimmen, Babler sieht das nicht mehr so?
Genau. Eine der ersten Handlungen der neuen Klubspitze war, dass wir sagen, dass alle Gesetze, wo wir der Meinung sind, dass diese für die Bevölkerung hilfreich sind, unterstützen. Doch beim Erneuerbaren Wärmegesetz, also beim Aus für Öl und Gas, war die letzte Verhandlungsrunde im März. Seither hat sich nichts bewegt.
Wer blockiert?
Natürlich ist das die ÖVP und uns läuft die Zeit davon. Wir bauen noch immer im Neubau Gasheizungen ein und finanzieren damit Putins Angriffskrieg. Die Regierung schafft es nicht, sich durchzuringen, das zu beenden.
Beim Klimaschutzgesetz sagte WKÖ-General Kopf, dass sich das in dieser Legislaturperiode nicht mehr ausgehen wird. Ist das so?
Das ist einfach nur mehr unverantwortlich gegenüber allen Menschen, die hier leben. Der Klimawandel trifft auch bei uns vor allem ältere und kranke Personen und Familien mit wenig Einkommen, die in schlecht gedämmten Wohnungen im Winter frieren und im Sommer schwitzen.
Soll in Österreich erlaubt werden, CO2 im Boden zu verpressen?
Was nicht passieren darf, ist, dass Unternehmen glauben, sie müssen gar nichts tun, weil man das CO2 ohnehin bald im Boden oder unter dem Meer versenken kann. Es darf kein Weg daran vorbeiführen, dass wir die CO2-Emissionen senken. Restemissionen kann man andenken, im Boden zu speichern, sofern das erforscht und ökologisch unbedenklich ist.
Andreas Babler hat sich für Tempo 100 auf der Autobahn ausgesprochen, ist das SPÖ-Linie?
Überall, wo wir die Bevölkerung überzeugen können, wollen wir eine Temporeduktion umsetzen. Wir fordern aber keine generelle Begrenzung auf 100 km/h.
Und beim Lobautunnel?
Wichtig ist, weg vom Individualverkehr und hin zum öffentlichen Verkehr zu kommen. Es sollten nur mehr absolut notwendige Straßenprojekte vorangetrieben werden.
Also Ja oder Nein?
Da verweise ich auf die Position der SPÖ Wien. 40 Prozent des gesamten Zuzugs hat sich in den letzten 15 Jahren auf Wien konzentriert. Wien wächst und braucht dafür auch Infrastruktur.
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