Spindeleggers Stipp-Visite in München

Vortrag von Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger an der Ludwig-Maximilians-Universität vor Auslandsösterreichern, sowie Besichtigung der Geschwister Scholl Gedenkstätte. München, Deutschland, 12.06.2013, Foto: Dragan Tatic
Ehe die Golan-Soldaten in Wien landeten, flog der Außenminister ab nach Bayern.

Er war an diesem Nachmittag am Flughafen, ja er war sogar am Rollfeld. Doch als Mittwochabend die vom Golan kommenden Blauhelme aus dem Jet stiegen, da war Michael Spindelegger längst auf dem Weg nach Deutschland.

Für Außenstehende mochte das seltsam wirken. Da bricht die Republik nach vier Jahrzehnten eine UNO-Mission ab, die Soldaten kehren heim – und der Außenminister lässt Kanzler und Verteidigungsminister beim feierlichen Empfang allein?

Spindelegger musste dringend nach München, an die Uni. 500 Österreicher warteten auf ihn, der Botschafter war extra aus Berlin eingeflogen, großes Remmidemmi – wenn auch für einen unspektakulären Anlass: Zwei Gesellschaften, die außenpolitische und die Österreichisch-Bayerische, hatten zu einem Referat des Außenministers geladen. Und so pries man nicht nur Spindelegger und sein Korps („Österreich hat ganz exzellente Diplomaten“), sondern versuchte auch Antworten auf die Frage zu bekommen, ob Auslandspensionen tatsächlich so strikt besteuert werden müssen.

Was nicht heißen soll, dass Spindelegger in München unter dem prächtigen Apollo-Mosaik in der Großen Aula all jene Themen erspart bleiben, die ihn in Wien bisweilen magerln. Im Gegenteil: Auch hier muss der ÖVP-Chef den Abzug der UNO-Truppen verteidigen; auch hier hat er zu erklären, warum „Europas Haushalte wieder in Ordnung kommen müssen“; und schließlich muss er auch hier argumentieren, warum Österreich und die EU eine „Re-Industrialisierung“ brauchen. Wer vor einem Monat in der Hofburg bei der „Österreich-Rede“ dabei war, der kennt das alles, der hat vieles gehört.

Die spannendste Frage ist ohnehin eine andere, nämlich: Warum tut er sich das an? Warum fliegt er für einen Abend nach München, um in einem Saal mit Auslandsösterreichern zu sprechen?

Auslandsösterreicher

Ein Grund könnte sein, dass die Hälfte der geschätzten 500.000 Auslandsösterreicher in Deutschland lebt – also viele potenzielle Wählerstimmen warten.

Das Problem ist nur: Die meisten davon sind in Wirtschaft und Diplomatie, daher ohnehin ÖVP-affin – und für die Nationalratswahl zahlenmäßig so gar nicht relevant.

Nein, der Grund, warum Michael Spindelegger diesen Ausflug tat, war wohl banaler: Erstens hatte er vermutlich wenig Lust, neben Kanzler und Verteidigungsminister die dritte Geige am Flugfeld zu spielen; zweitens schadet es nie, die eigene Klientel zu pflegen; und drittens war der Termin nicht erst seit Wochen vereinbart. „Ich hab’ den Vortrag das erste Mal 2009 zugesagt, aber wir mussten verschieben“, sagt Spindelegger. Und egal, ob man ihm den folgenden Satz nun glauben mag oder nicht, er sagt ihn trotzdem: „Ich halte viel davon, Versprechen zu halten.“

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