Spindelegger: „Frühpension von heute ist de facto Geschichte“
KURIER: Herr Vizekanzler, wie weit ist das Sparpaket fertig?
Michael Spindelegger: Wir sind in der Zielgeraden. Die Summe von 27 Milliarden steht, jetzt gibt es Abstimmungsbedarf bei den Details. Wir haben mit den Pensionistenvertretern geredet, wir haben mit dem öffentlichen Dienst geredet. Da lichten sich die Nebel. Entscheidend war, dass die SPÖ zugestanden hat, dass die Frühpension von heute de facto Geschichte ist. Das ist der große Struktur-Effekt, mit dem wir das Sparpaket abschließen können.
Was heißt das konkret?
Alle Schlupflöcher werden geschlossen: Keine Invaliditätspension mehr vor 50; Anheben bei der Korridorpension und der Hacklerregelung von 62 auf 63 Jahre. Diese und andere Maßnahmen bewirken, dass das Antrittsalter steigt. Ich erwarte, dass bis 2016 das Antrittsalter 1,5 Jahre steigt und bis 2020 noch einmal um 2,5 Jahre.
Wo wird bei bestehenden Pensionen gespart?
Wir haben mit den Pensionistenvertretern geredet. Es gibt zwei Modelle – sie können eines aussuchen und auch, wie man das Sparpaket auf die Pensionisten aufteilt.
Kommt eine Nulllohnrunde für alle Pensionen?
Ich glaube, dass es bei den Kleinstpensionisten durchaus noch eine Erhöhung geben muss, wenn auch nicht in vollem Umfang.
Wie schaut es bei den Beamten aus?
Wir haben dem öffentlichen Dienst die notwendigen Maßnahmen vorgelegt. Wir sind aber gesprächsbereit über andere Maßnahmen, wenn der Betrag gleich bleibt.
Wo wollen Sie bei den Förderungen sparen?
Wir werden das Volumen der Bundesförderungen herunterschrauben, indem wir die Ermessensausgaben der Ressorts kürzen. Den Ländern wollen wir die neue Förderpyramide abverlangen (Bis zu einem Betrag X fördern Länder, darüber der Bund, Anm.) und uns einigen, wer was fördert. Statt acht Förderungen für Elektro-Fahrräder soll es eine geben. Da erwarten wir auch von den Ländern, dass sie ihre Förderungen kürzen. Ob bei der Wohnbauförderung oder bei der Blasmusik – das ist Sache der Länder.
Wie wird das Verhältnis zwischen Einsparungen und neuen Einnahmen ausfallen?
Ich bin zuversichtlich, dass der überwiegende Teil bei den Ausgaben liegt. Der Löwenanteil bei den Milliarden liegt bei den Pensionen. Da sparen wir bis 2016 schon 7,8 Milliarden – und dann greift es erst so richtig.
Wird es eine neue Erbschafts- oder Vermögensteuer geben?
Mein Nein zur Erbschaftssteuer steht. Ich sehe nicht ein dass wir Eigentum dermaßen besteuern. Das ist eine Grundsatzfrage. Klar ist: Alle müssen einen Beitrag leisten, auch die Spitzenverdiener.
Wie war das Verhandlungsklima zuletzt?
Sehr schwierig. Ich habe im letzten Ministerrat einen dramatischen Appell gerichtet, dass man nicht alles verwässern kann. Du kannst nicht sagen: Wir machen eine Kleinigkeit dort und eine Kleinigkeit da. Es gehört ordentlich geklotzt. Das hat gefruchtet. Erst danach sind wir in Fahrt gekommen und haben bei den Pensionen den Durchbruch erzielt.
Sehen Sie noch Hindernisse auf den letzten Metern?
Ich hoffe, das Sparpaket hält auch in der SPÖ. Meine große Sorge ist, dass das, was in der Regierung vereinbart wurde, von Arbeiterkammer oder ÖGB gekippt wird. Da hoffe ich sehr, dass man zum Wort steht. Auch die Einschnitte bei den Pensionen und Beamten sind mit dem Bundeskanzler paktiert. Da gibt es auch nichts mehr zu verwässern. Das ist das Herzstück der Reform.
"Keine Null-Runde bei Pensionisten"
Indes sah Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner in der "ORF-Pressestunde" die Verhandlungen zum Sparpaket in den letzten Zügen. Demnach sei nun die SPÖ am Zug "den Sack zuzumachen". Eine vielfach kolportierte Nulllohnrunde für Pensionisten dementierte Mitterlehner jedoch. Eine Erbschafts- und Schenkungssteuer "wird nicht kommen, mit uns zumindest sicher nicht", konstatierte der Minister weiter. Mögliche Koalitionspräferenzen ließ sich Mitterlehner dagegen nicht entlocken, wollte jedoch - trotz gleichzeitiger Kritik - selbst die FPÖ nicht im Vornherein ausschließen.
Bundeskanzler Werner Faymann hat sich am Samstag zurückhaltend zum Sparpaket geäußert: „Es gibt keine abgeschlossenen Vereinbarungen zu Pensionen, Pensionsrecht und Beamten. Ich halte es nicht für zielführend, mit einzelnen Punkten an die Öffentlichkeit zu gehen“, sagte Faymann in Anspielung auf das Interview von Vizekanzler Spindelegger im KURIER. Die Details, die sein Gegenüber nennt, will der SPÖ-Chef vorerst nicht kommentieren. Eine in den Raum gestellte Null-Runde bei Pensionisten komme aber „nicht in Frage“; ebenso wenig Kürzungen bei Pensionen unter 1000 Euro pro Monat.
Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) will außerdem nichts von einer Erhöhung des Antrittsalters bei der Hacklerregelung wissen. Auch bei der Korridorpension stellt Hundstorfer die von Spindelegger verkündete Erhöhung des Antrittsalters von 62 auf 63 Jahre in Abrede. Dies sei „nicht Teil des Pensionspaketes, das von der Regierungskoalition ausverhandelt wird“, hieß es in einer Aussendung des Sozialministers.
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