Spindelegger: "Bei neuen Steuern beißt SPÖ auf Granit"

Spindelegger: "Bei neuen Steuern beißt SPÖ auf Granit"
ÖVP-Chef Michael Spindelegger will nach US-Vorbild Reiche animieren, Geld für die Unis zu spenden. Bei einem Pensions-Plus über der Inflationsrate steht er auf der Bremse.

Der Vizekanzler im KURIER-Sommergespräch über den neuen Kirchenkonflikt, das Beiwagerl-Image der ÖVP, mehr Geld für Pensionisten und seine Strategie für die Nationalratswahl 2013.

KURIER: Herr Vizekanzler, heute ist Sonntag. Gehört der Kirchenbesuch zum Sonntag?
Michael Spindelegger:
Ja, ich gehe mit meinen Kindern und mit meiner Frau regelmäßig in meiner Heimatgemeinde, wenn ich da bin.

Ist Ihr Pfarrer eher in der Fraktion Schüller oder in der von Schönborn?
Ich würde Schüller nicht als eigene Fraktion bezeichnen, aber er ist eher auf der fortschrittlichen Seite.

Wo stehen Sie als Katholik in dem offenbar unauflösbaren Konflikt zwischen den beiden?
Ich traue dem Kardinal zu, dass es ihm gelingt, in bewährter Weise eine Lösung zu finden.

Kommen wir zu den Herausforderungen, die auf Sie warten. Wir haben geschrieben, die ÖVP sei eine "Beiwagerl-Partei", weil sie überall mitmacht, aber nicht die Führung sucht. Dafür haben wir viel Zustimmung bekommen .

Im Gegenteil, wir sind deutlich in den Positionen: Bei neuen Steuern auf Eigentum beißt die SPÖ bei uns auf Granit. Im Bildungsbereich sind wir die Bewahrer des Gymnasiums.

Spindelegger: "Bei neuen Steuern beißt SPÖ auf Granit"

Noch dominiert das Beiwagerl-Image. Beispiel ÖBB: Die ÖVP zieht die Aufsichtsräte zurück, weil sie mit der Führung nicht zufrieden ist. Jetzt schickt sie wieder ein paar Leute hinein.
Die ÖBB müssen ein starkes Unternehmen mit Zukunft werden. Wenn das Konzept künftig stimmt, bringen wir uns ein. Wir werden aber auch weiter etwaige Missstände aufzeigen, wenn es nötig ist.

Beispiel Beiwagerl-Politik im ORF: Fünf Jahre lang schimpfen, ein paar Posten - und schon feiert man mit dem Generaldirektor dessen Wiederwahl.

Weil es keinen ÖVP-Kandidaten gab, haben wir die Entscheidung den Stiftungsräten überlassen. Einige haben ihn gewählt, andere nicht.

Schwer nachvollziehbar ist auch das strikte Nein der ÖVP zu Vermögenssteuern. In den USA sagen selbst Superreiche wie Warren Buffet, er sollte mehr Steuern zahlen.
So, wie Vermögenssteuern derzeit in Österreich diskutiert werden, würde erneut der Mittelstand betroffen sein. Die ÖVP trägt Sorge dafür, dass das nicht passiert.

Superreiche wie Bill Gates geben dem Staat freiwillig Geld, damit er lebenswert bleibt. Ein Vorbild?
So etwas kann ich mir gut vorstellen. Warum kann es an unseren Universitäten, die Geld brauchen, nicht einen Hörsaal geben, der nach einem Menschen benannt ist, der Geld dafür zur Verfügung gestellt hat? Anreize dafür unterstütze ich. Zwang ist der falsche Weg, weil wir wissen, wie schnell Vermögen verschoben werden kann. Dann haben wir nichts davon, und dann muss der Mittelstand bluten, um irgendetwas hereinzukriegen, und das möchte ich vermeiden.

Der Staat selber kann den Unis das dringend notwendige Geld nicht mehr geben?

Mehr Geld allein wird die Probleme nicht lösen. Jetzt sind es 300, in ein paar Jahren sind es dann 600 Millionen mehr, die gefordert werden. Wir brauchen Zugangsregeln und mehr Eigenverantwortung der Studenten. Wer zum Beispiel das Talent hat, Technik zu studieren, sollte es tun. Denn dort haben wir einen Mangel und Chancen auf Arbeitsplätze.

Braucht Österreich nach Vorbild Deutschlands eine "Schuldenbremse", also eine gesetzliche Obergrenze bei den Staatsschulden?
Es reicht die bestehende Pflicht zur fünfjährigen Budgetplanung. Wir müssen Maßnahmen entwickeln, wie wir Schulden in Zukunft vermeiden. Wir sollten wieder zu einem Primärüberschuss kommen, also mehr einnehmen als ausgeben.

Kommt die Steuerreform mit einer Flat-Tax, also einem flacheren Verlauf der Steuerprogression?
Die Steuerkurve beginnt bei 33 Prozent, da sollten wir uns was überlegen. Entscheidend ist, wie kann ich Leistungsanreize setzen.

Der ÖVP wird vorgeworfen, sich mehr um die Beamten zu kümmern und weniger um die, die im Wettbewerb stehen.
Das wird von unseren Wählern anders gesehen, die vom Generaldirektor bis zum Mindesteinkommensbezieher reichen.

Warum schafft es dann das BZÖ, bei Wirtschaftstreibenden zu punkten?
Das mag für die Wahl 2008 stimmen. Damals hat Haider damit einen Erfolg gelandet. Jetzt spielt das BZÖ in der österreichischen Innenpolitik keine Rolle mehr, wie sämtliche Umfragen bestätigen. Die ÖVP wird den Wählern bis zur nächsten Wahl vermitteln, dass wir als einzige Partei etwas für die Leistungsträger durchsetzen.

Unternehmer fordern die Sonntagsöffnung. Bleibt die ÖVP dagegen?
Ich komme gerade aus dem Urlaub im Salzkammergut, dort gibt es am Sonntag offene Geschäfte. Im Tourismus, auf Bahnhöfen gibt es schon jetzt viele Angebote. Wir brauchen dafür nicht den Sonntag als Familientag über Bord werfen.

Viele Beobachter sagen, Sie gehen generell auf die Dinge viel vorsichtiger als Ihr Vorgänger Josef Pröll zu. Zu Recht?

Ich bin ein ganz anderer Typ als Josef Pröll. In der Sache gibt es keine Unterschiede, ganz im Gegenteil. Nach ein paar Jahren wird man auch Spindelegger richtig beurteilen können, nach ein paar Monaten kann man das nicht sagen.

Die Inflation löst eine neue Debatte über Teuerungsausgleich aus. Soll der Staat bei der gesetzlich gebotenen Pensionserhöhung von 2,7 Prozent etwas drauflegen?
Wir sind noch nicht am Ende dieser Krise angelangt. Da wird jeder seinen Beitrag leisten müssen, da bleibt uns gar nichts anderes übrig. Eine neuerliche Verschuldung, um bessere Pensionen, bessere Unis und und und zu finanzieren, das sehe ich sehr kritisch. Denn dann kommen wir zu einem Schuldenberg, der nicht verantwortbar ist.

Mehr als die Abgeltung der Inflationsrate von 2,7 Prozent ist nicht drin?
Undurchdachte Maßnahmen zu setzen, nur um dem Wähler zu gefallen, wird es mit der ÖVP auch weiterhin nicht geben.

Wird das nicht die beflügeln, die trommeln, für unser Land sei kein Geld da, für Griechenland schon?
Da werden wir noch deutlicher sagen müssen: Die Rückkehr zum Schilling, die Strache vorschlägt, hieße, jeden zweiten Arbeitsplatz in Österreich zu gefährden.

Wird auch die SPÖ den uneingeschränkten Pro-Europa-Kurs bis zur Wahl durchhalten?
Ich habe mit Werner Faymann ein gutes Einvernehmen und ein gemeinsames Programm. Der Wahlkampf wird zeigen, wie er dazu steht.

Können Sie sich eine gemeinsame Regierung unter einem Kanzler Strache vorstellen?
Ich denke nicht im Entferntesten in solchen Szenarien. Ich möchte bei der nächsten Wahl Nummer 1 sein und mir den als Koalitionspartner nehmen, mit dem ich die meiste Übereinstimmung finde.

Das klingt nach derzeitiger Umfrage-Lage nach reiner Träumerei.

Wir liegen derzeit alle sehr stark beieinander. Die SPÖ mit 28, die ÖVP mit 26, die FPÖ mit 25 Prozent. Damit bleibt alles möglich.

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