Sorge um politische Kultur im Nationalrat

Die drei Nationalratspräsidenten Annelies Kitzmüller (), Doris Bures (SPÖ) und Wolfgang Sobotka (ÖVP) (von links) richten einen ernsten Appell an die Abgeordneten.
"Schwerwiegende persönliche Beleidigungen" fielen laut den NR-Präsidenten diese Woche im Parlament. Sie fürchten um die politische Kultur.

"Jetzt siehst du wenigstens einmal, was das für Beidl sind" mit diesem Sager sorgte der blaue Abgeordnete Wolfgang Zanger wieder einmal für Aufsehen während seiner Rede im Nationlrat. Als "Beidl" bezeichnete er dabei Betriebsräte und Gewerkschafter. Unter anderem wegen diesem Sager richten die Nationalratspräsidenten nun eine Ermahnung an die fünf Klubobleute.

Zerstörung der politischen Kultur

Die drei Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka (ÖVP), Doris Bures (SPÖ) und Annelies Kitzmüller (FPÖ) richten einen ernsten Appell an die fünf Klubobleute. Sie mögen "dringend" ihre Abgeordneten an ihre politische Verantwortung erinnern. Denn mit solcher "Eskalation" gehe die Zerstörung der politischen Kultur einher.

Das Verhalten der Abgeordneten "prägt maßgeblich die politische Kultur", stellt das Nationalratspräsidium fest. Mandatare müssten sich, auch wenn Debatten leidenschaftlich geführt werden, "immer dessen bewusst sein, dass sie als gewählte Repräsentanten des Volkes für die Wahrnehmung und Achtung der Demokratie in der Öffentlichkeit verantwortlich sind".

"Schwerwiegende persönliche Beleidigungen"

Themen wie Parteienförderung oder Mindestsicherung wurden Mittwoch und Donnerstag im Nationalratsplenum teils untergriffig diskutiert, es gab einige Ordnungsrufe. "In den Debatten wurden schwerwiegende persönliche Beleidigungen ausgesprochen und die Vorsitzenden mit respektlosem und herabwürdigendem Verhalten einzelner Abgeordneter konfrontiert", stellen Sobotka, Bures und Kitzmüller fest. Solche "Grenzüberschreitungen" könne das Präsidium "nicht hinnehmen".

Denn Basis für eine starke Demokratie sei das Vertrauen der Bevölkerung in ihre gewählten Vertreter sowie die Institution Parlament. "Dieses Vertrauen hängt nicht zuletzt davon ab, ob Debatten sachlich und leidenschaftlich oder persönlich diffamierend und untergriffig geführt werden", äußern Sobotka, Bures und Kitzmüller die "Erwartung, dass dieser Appell nicht ungehört bleibt".

Strache verteidigt Zanger: "Stammtisch-Sprache"

Nicht einfach hinnehmen will auch FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache den obszönen Ausdruck seines Parteikollegen Zangers. "Es wird sicher einen Ordnungsruf geben", kündigte Strache am Freitag Konsequenzen an. Zum Inhalt der Rede meinte er: "Pulitzer-Preisverdächtig war es sicher nicht."

Ein wenig verteidigte Strache aber auch seinen Abgeordneten. Wer Zanger kennt, wisse, dass er Steirer und ein bodenständiger Mensch sei. In seiner Plenarrede habe er "Stammtisch-Sprache" verwendet. Aber natürlich: "So etwas sollte im Hohen Haus nicht vorkommen."

Auch in einem anderen Punkt stellte sich der FPÖ-Chef vor seinen Mandatar. Dass Zanger ausgerechnet bei einer Kundgebung der rechtsextremen Identitären, deren Auflösung gerade geprüft wird, Grußworte abgehalten habe, sei ihm wie jedem Bürger frei gestanden. Derzeit gebe es lediglich Ermittlungen.

SP-Gewerkschafter über Sager verärgert

Der obszöne Ausdruck von Zanger verärgerte die SPÖ-Gewerkschafter. FSG-Bundesgeschäftsführer Willi Mernyi fordert von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache eine Entschuldigung.

Der Ausdruck von Zanger fiel während der Debatte zum vom Rechnungshof vorgelegten Einkommensbericht Mittwochabend. Zanger verteidigte dabei den Familienbonus und warf Betriebsräten und Gewerkschaftern vor, die Menschen dahin gehend nicht richtig informiert zu haben. "Jetzt siehst du wenigstens einmal, was das für Beidl sind", sagte Zanger dabei in deren Richtung. Protestrufe in Richtung Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) kamen unter anderem von der SPÖ.

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