Sobotka: "Nach der Wahl braucht es gewisse Toleranz“

Sobotka: "Nach der Wahl braucht es gewisse Toleranz“
Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka hat sich bei der Reihe "Offen gefragt" zum aktuellen Regierungsstreit, künftige Koalitionen und seine Zukunft geäußert.

Es ist wie eine Pressekonferenz – nur anders herum: Nicht der Politiker stellt sich hin und referiert ein Thema, sondern die Journalisten bestimmen mit ihren Fragen das Thema. 

Bei der Reihe „Offen gefragt“ im Presseclub Concordia war am Donnerstag Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) zu Gast – und ihm schien diese Art von Kontrollverlust zu gefallen. Gleich mehrere Themen wurden angeschnitten, die Sobotka gut gelaunt beantwortete.

Sein Temperament machte sich nur beim Thema Korruptionsermittlungen bemerkbar. Dass ihm sein Sager: „Für jedes Inserat gibt es ein Gegengeschäft“ als Geständnis ausgelegt wurde, sei eine „böswillige Unterstellung“ gewesen. Alle Ermittlungen gegen ihn seien eingestellt worden. Worüber er sonst noch sprach:

Koalitionsstreit

Der Alleingang von Klimaministerin Leonore Gewessler beim EU-Renaturierungsgesetz hat die ÖVP erzürnt, Sobotka ist aber erleichtert, dass Kanzler Karl Nehammer die Koalition nicht beendet hat. Ein „freies Spiel“ der Kräfte würde zu Beschlüssen führen, die den Steuerzahler Milliarden kosten. 

Auch Sobotka meint, einen Verfassungsbruch zu erkennen. Immerhin habe sich die Ministerin über eine Einschätzung des Verfassungsdienstes hinweggesetzt.

Künftige Koalitionen

Die Grünen scheinen – aus jetziger Sicht – für die ÖVP als Partner nicht mehr infrage zu kommen, eine FPÖ unter Herbert Kickl auch nicht, und mit der SPÖ liefert sich die ÖVP regelmäßig Wortgefechte. Sobotka beunruhigt das nicht: Im Wahlkampf werde vieles gesagt, nach der Wahl brauche es dann ein „gewisses Maß an Toleranz“, sagte er. „Grundhaltungen sind immer gegeben, aber Demokratie bedeutet Kompromiss.“

Seine Nachfolge

Es ist eine Usance, dass die stimmenstärkste Partei den Nationalratspräsidenten stellt, ein Gesetz sei das nicht, sagte Sobotka auf die Frage, ob ein FPÖ-Mann nach der Wahl seine Nachfolge antreten könnte. Geregelt ist nur, dass die Person im Plenum gewählt wird. Kickl schließt er aus, den „Kollegen Hofer (Norbert Hofer, derzeit Dritter Nationalratspräsident) schließe ich für mich nicht aus“, sagte Sobotka. Das aber nur theoretisch: Er kandidiert bei der Nationalratswahl im Herbst nicht mehr.

Seine Zukunft

„Diese Brücke überquere ich, wenn sie kommt“, sagte Sobotka. Die Entscheidung, sich zurückzuziehen, sei ein Jahr lang in ihm gereift. Und ja, er habe sie zu einem Zeitpunkt öffentlich gemacht, als (ausnahmsweise) nicht gerade irgendjemand seinen Rücktritt forderte.

Seine Amtsführung

Sobotka hat das Amt konfrontativer angelegt als seine Vorgänger – ob er es heute anders machen würde? „Ja, weil ich immer dazulernen und nichts zweimal gleich machen würde“, sagte Sobotka. Das heiße aber nicht, dass er mit seinem Weg unzufrieden sei, betonte er. Die Beurteilung, ob sein Weg der richtige war, überlässt er anderen.

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