"So wahr mir Gott helfe": Die FPÖ und die Kirche

Strache bei Protesten gegen das Islamische Zentrum in Brigittenau, Mai 2009
Als national-liberale Partei waren die Freiheitlichen zunächst antiklerikal eingestellt. Seit Haider versucht man die Annäherung an wertkonservative Wähler. Seither sind religiöse Anspielungen Usus.

"So wahr mir Gott helfe." Auf Unterstützung von oben - wie im Präsidentschaftswahlkampf - hat die FPÖ nicht immer gebaut. Das Dritte Lager ist traditionell antiklerikal geprägt, Sympathien gibt es für die evangelische Kirche. Als selbst ernannte Retter des Abendlandes inszenieren sich Freiheitliche vermehrt mit christlichen Formeln und Symbolen - wie Heinz-Christian Strache mit Kreuz in der Hand.

Die Wurzeln der FPÖ liegen in der bürgerlichen Revolution von 1848, die von Widerstand gegen absolutistische Tendenzen und Staatskirchentum geprägt war. Liberalismus und Kirche befanden sich seit jeher in einem Verhältnis gegenseitigen Misstrauens. Die gegen Ende des 19. Jahrhunderts vor dem Hintergrund ungelöster Nationalitätenkonflikte entstandene "Los-von-Rom-Bewegung" brachte der evangelischen Kirche bis 1914 einen bedeutenden Zuwachs aus dem nationalen Lager, ebenso der katholisch ausgerichtete Austrofaschismus.

Neuheidentum

Radikalere Deutsch-nationale wandten sich zunehmend dem germanisch geprägtem Neuheidentum zu, was auch von den Nationalsozialisten goutiert wurde. Versuchte die NSDAP zuerst, sich der römisch-katholischen Kirche anzunähern, entstand im Dritten Reich eine zunehmend antiklerikale Politik, welche den Klerus vermehrt bekämpfte. Mit der Einführung der Kirchensteuer meinte man, der Kirche einen "vernichtenden Schlag" zu versetzen.

Der Verband der Unabhängigen (VdU), aus dem später die FPÖ hervorging, setzte in der Zweiten Republik die kirchenkritische bis -ablehnende Tradition fort. Die 1955 gegründete "Freiheitspartei" wandte sich auch in ihrem Parteiprogramm strikt gegen das Konkordat. In Parteiprogrammen war die Kirche peripher vertreten: Das "Salzburger Bekenntnis" von 1964 rief zur "Verteidigung und Entfaltung des Abendlandes" auf und suchte aktiv Katholiken als Wähler. Das "Bad Ischler Programm" von 1968 enthielt wiederum einen Passus zur Trennung von Staat und Kirche. Im Freiheitlichen Manifest zur Gesellschaftspolitik von 1973 war lediglich der Hinweis auf die Freiheit, sich religiösen und anderen Autoritäten unterzuordnen, zu finden.

Haider versuchte Annäherung an die Kirche

Unter Jörg Haider stand die Zeit der FPÖ unter dessen Maxime der Stimmenmaximierung. Nachdem seine Eltern aus der Kirche ausgetreten waren, konnte er zunächst nicht getauft werden, zudem stammte er aus dem mit seinen Toleranzgemeinden national-protestantisch geprägten Salzkammergut. Dennoch bezeichnete sich der FPÖ-Obmann stets bewusst als gläubiger Katholik, suchte die Nähe zum streitbaren, erzkonservativen St. Pöltener Bischof Kurt Krenn, der eine Privataudienz bei Papst Johannes Paul II. für Haider organisierte. Auslöser für die versuchte Annäherung an die Kirche war unter anderem das unter den Erwartungen gebliebene Anti-Ausländer-Volksbegehren der FPÖ, "Österreich zuerst".

"So wahr mir Gott helfe": Die FPÖ und die Kirche
Immer mehr versuchte die FPÖ, wertkonservative Wähler zu gewinnen - an vorderster Front stand dabei der erzkonservativen Kirchenkreisen nahestehende Klubchef Ewald Stadler. Unter dem Titel "Christentum - Fundament Europas" wurde im Parteiprogramm eine vom Antiklerikalismus befreite FPÖ und ein "Christentum, das seine Werte verteidigt" beworben. Auch Stadler unterhielt enge Kontakt zu Bischof Krenn und driftete nach und nach in obskure, radikal-konservative Kreise innerhalb der römisch-katholischen Kirche ab.

Strache als Firmling

Ebenso wie Haider zelebrierte nach der Parteispaltung FPÖ-Obmann Strache seine Religiosität öffentlich. 2009 ließ er sich als Erwachsener firmen. Aber auch bei politischen Veranstaltungen sparte er nicht mit christlich-abendländischen Anspielungen bis hin zu missionarischen Posen: Mit einem hölzernen Kreuz in der Hand demonstrierte Strache gegen den Ausbau eines muslimischen Kulturzentrums in Wien. Nach und nach diente das christliche Bekenntnis zum Mittel im Kampf gegen eine drohende "Islamisierung" Europas.

Nicht zuletzt waren es aber die Slogans - allesamt aus der Feder des freiheitlichen Generalsekretärs und ehemaligen Haider-Intimus Herbert Kickl -, welche Christentum, Kirche und Gott für Wahlkampfzecke instrumentalisierte: "Pummerin statt Muezzin" hieß es etwa bei der Wien-Wahl 2005, "Abendland in Christenhand" bei der EU-Wahl 2009 und "Liebe deine Nächsten - für mich sind das unsere Österreicher" bei der Nationalratswahl 2013. Und 2016 in logischer Folge: "So wahr mir Gott helfe."

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