So ist es um Österreichs Gemeindefinanzen bestellt
Städtebund und KDZ (Zentrum für Verwaltungsforschung) zeichnen ein dramatisches Bild der Gemeindefinanzen. Ohne entsprechende Reformen werde die Liquidität der Gemeinden und Städte weiter sinken und sich der Anteil an Abgangsgemeinden, also Kommunen ohne positiven Rechnungsabschluss, bis 2028 massiv erhöhen. Zudem drohen Leistungskürzungen, gleichzeitig gehen Spielräume für Investitionen verloren, wie bei einer Pressekonferenz am Donnerstag betont wurde.
Gründe dafür seien die jüngsten Steuerreformen ohne entsprechende Gegenfinanzierung wie die Abschaffung der Kalten Progression oder die Ko-Finanzierungspflichten für Soziales und Gesundheit. "Das Umlagensystem erdrückt die Gemeinden", betonte Matthias Stadler, Bürgermeister der Landeshauptstadt St. Pölten: "Von jedem Euro den wir einnehmen werden 2028 nur noch 40 Cent überbleiben." Der Rest gehe über Sozialhilfe-, Krankenanstalten- und Landesumlage an die Länder. Gleichzeitig würden aber die Einnahmen kaum steigen und die Wirtschaft schwächeln. Vor dem Hintergrund der "miserablen Budgetsituation" seien entscheidende Leistungen wie etwa Kinderbetreuung oder Investitionen in den Klimaschutz gefährdet, warnte Stadler.
Prognose der Gemeindefinanzen zeigt dringenden Handlungsbedarf
Das KDZ hat im Auftrag des Österreichischen Städtebundes eine Prognose zur Entwicklung der Gemeindefinanzen bis zum Jahr 2028 erstellt, die einen dringenden Handlungsbedarf zeigt. Durchgerechnet hat man zwei Szenarien. Das erste ist die Fortführung des Status quo ohne Gegensteuerungsmaßnahmen. Damit würde der Saldo der operativen Gebarung, also jene Mittel die den Städten und Gemeinden nach Deckung des laufenden Betriebs für Investitionen zur Verfügung stehen, bis 2028 auf unter fünf Prozent sinken, so KDZ-Geschäftsführer Peter Biwald. Das wäre der bisher niedrigste Wert, der jemals erreicht wurde. Auf diesem Niveau wäre beinahe jede zweite Gemeinde eine Abgangsgemeinde.
Das zweite Szenario sieht neben der jährlichen Fortführung des einmaligen Bundeszuschusses in Höhe von 220 Mio. Euro die Entlassung der Städte und Gemeinden aus der Mit-Finanzierungsverantwortung bei Sozialem und Gesundheit (Umlagesystem) und eigene Konsolidierungsmaßnahmen in Höhe von rund 1,15 Mrd vor. Mit dem so errechneten Volumen von jährlich 1,8 Mrd. Euro ließe sich der Saldo der operativen Gebarung bis 2028 wieder auf 12,3 Prozent anheben, so Biwald.
KDZ schlägt zur Konsolidierung mehrere Maßnahmen vor
Neben der Entflechtung der Transfers bei Pflege, Sozialhilfe und Gesundheit und der Prolongierung des einmaligen Bundeszuschusses 2025 könnte auch die derzeit diskutierte Anhebung der Grundsteuer durch Erhöhung des Hebesatzes kurzfristig Linderung bringen, erklärte Karoline Mitterer, wissenschaftliche Mitarbeiterin des KDZ. Mittelfristig bräuchte es aber eine Reform der Grundsteuer. Hier gebe es viele innovative Ansätze. Die Einnahmen der Gemeinde könnten auch durch eine bundesweite Leerstands- oder auch eine Zweitwohnsitzabgabe aufgebessert werden.
Nötig sei zudem eine ausgabenseitige Entlastung. Leistungsvorschriften wie Bauvorschriften, Erhaltungsvorgaben der Straßeninfrastruktur oder andere Standards müssten evaluiert und reduziert werden. Auch werde man nicht umhinkommen, Zielkonflikte abzuwägen und Aufgaben zu priorisieren, etwa im Bereich der Kinderbetreuung und der Frage von Betreuungsquote versus Gruppengröße, so Mitterer. Genauso abzuwiegen sei künftig etwa die Priorisierung von Investitionen in den Klimaschutz oder eben den Ausbau der Kinderbetreuung. Neu gedacht werden müssten auch die Möglichkeiten der regionalen Zusammenarbeit und das Verhältnis der Länder zu den Gemeinden.
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