Sicherheit: Das Ende der Beschaulichkeit

Sicherheit: Das Ende der Beschaulichkeit
Die radikale Veränderung der europäischen Sicherheitsarchitektur wird auch für Österreich nicht folgenlos bleiben.

Es waren beschauliche Zeiten, als die EU im Jahr 2003 die erste Europäische Sicherheitsstrategie (ESS) beschloss. Damals finanzierten die Amerikaner 70 Prozent aller Aufwendungen der NATO und damit die gesamteuropäische Verteidigung. Dann begann aber der militärische Abzug der USA Richtung Pazifik – lange, bevor Donald Trump als NATO-Kritiker auf die Bühne trat. Im militärischen Vakuum machten sich Terrororganisationen breit, der Bürgerkrieg in Syrien brach aus. Ein entfesselter Wladimir Putin erschütterte mit seiner Krim-Annexion den Glauben an die Unverrückbarkeit der europäischen Grenzen. Und das Versagen in der Migrationskrise führte zu einer dramatischen Entsolidarisierung mit dem Brexit als Höhepunkt.

Ein Großteil der bisherigen Strategie-Papiere ist damit Makulatur. Aber nur fünf Tage nach dem britischen Referendum für einen EU-Austritt hat EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini ein neues Konzept einer globalen Strategie für die Sicherheits- und Außenpolitik (EUGS) der EU vorgestellt, das jetzt von den Mitgliedstaaten diskutiert wird.

Die künftige europäische Verteidigung ist erst in groben Konturen erkennbar. Angestrebt wird nach Jahrzehnten der Abrüstung die Wiederherstellung der Verteidigungskapazitäten. Investiert wird wieder in die Hauptwaffensysteme wie Panzer und Artillerie. Und Belgiens Verteidigungsminister Steven Vandeput erklärte zum Nachfolgemodell der derzeit im Einsatz befindlichen F-16 sogar, dass das künftige Flugzeug auch Nuklearwaffen tragen können müsse. Denn man könne noch nicht absehen, welche Partnerkonstellationen in der Zukunft möglich sein werden. Das kostet Geld. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel kündigte an, das Verteidigungsbudget bis 2024 auf zwei Prozent der nationalen Wertschöpfung anzuheben. Auch andere europäische Staaten wollen dem NATO-Ziel von zwei Prozent möglichst nahe kommen.

Im vernetzten internationalen Umfeld muss jetzt auch das neutrale Österreich seine Sicherheitskonzepte anpassen. Das Innenministerium machte einen Anfang mit der „nachgeschärften“ Sicherheitsdoktrin „MEHR FREIHEIT.MEHR SICHERHEIT“.

Bei der Verteidigung warten die Experten gespannt auf die weitere Entwicklung. Sollten die EU-Staaten tatsächlich ihre Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent der nationalen Wertschöpfung heben, dann ist das das Dreifache dessen, was Österreich derzeit bereit ist für die Verteidigung zu leisten.

Diese Analyse lesen Sie in den neuen „Fakten“. Weitere Themen sind die neue, flexible Außenpolitik, die neue Polizeidoktrin, die Reorganisation des Bundesheeres und die Bemühungen nach zusätzlichen, internationalen Vertretungen am Standort Wien.

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