Serie: Machen Handys Kinder dumm und dick?
Kennen Sie Teresa Fidalgo? Nein?
In dem Fall könnte es gut sein, dass Sie bald ein veritables Problem haben.
Zumindest dann, wenn sie Kinder, Neffen, Nichten oder Enkel haben, auf die zweierlei zutrifft: Sie besuchen eine Pflichtschule und sie besitzen ein Smartphone.
Fidalgo terrorisiert vor allem die Kleinsten. Sie droht ihnen mit Tod, raubt ihnen den Schlaf, und das hat etwas mit dem Internet zu tun. „Hallo, ich bin Teresa Fidalgo. Schicke diesen Kettenbrief innerhalb von 20 Minuten an 15 Leute, sonst wird deine Mutter in 5 Jahren am selben Tag ermordet. Wenn du mir nicht glaubst, dass ich tot bin, schau auf Google.“
Es wäre töricht anzunehmen, dass es einen unvorbereiteten Achtjährigen nicht beeindruckt, wenn er auf seinem Handy plötzlich eine derartige Nachricht findet.
Und wenn man weiß, dass laut Studien 29 Prozent der 11-Jährigen ein Smartphone besitzen und dass jedes dritte Kind schon einmal von einem ihm völlig Unbekannten eine Nachricht geschickt bekommen hat (Grafik) , versteht man Eltern, die mit Vehemenz sagen: „Kinder, Hände weg vom Handy!“
Im Spannungsfeld
Nicht von ungefähr hat der KURIER genau diese Aussage in eine Frage umformuliert – und damit eine neue Serie betitelt, die den spannungsgeladenen Themenbereich „Kinder und Smartphones“ intensiv beleuchtet.
Gibt es Richtwerte, wie viel oder wenig Zeit Kinder mit Handys verbringen sollen?
Was sind echte und vermeintliche Gefahren, die mit Smartphones auf Kinder lauern?
Was können Gesellschaft und Politik tun, um gefährliche Entwicklungen abzustellen?
Und vor allem: Was können, ja müssen Eltern tun, damit ihr Kind mit den neuen Herausforderungen zurechtkommt?
All das sind Fragen, auf die Antworten gesucht und gefunden wurden.
So haben KURIER-Redakteure Wiens erste iPad-Schule besucht und sammelten Eindrücke in Schulen, die versucht haben, Smartphones völlig zu verbieten. Sportwissenschafter werden sich dem Thema des Bewegungsmangels widmen. Die provokante Frage dazu: Machen Handys fett?
Und letztlich soll, ja muss die Politik erklären, wie und ob sie auf bemerkbare gesellschaftliche Veränderungen reagiert.
Absolute Verbote bringen wenig
„Es steht außer Zweifel, dass Smartphones bei Kindern ernsten Schaden anrichten können. Gerade unter Volksschülern sind Kettenbriefe ein großes Problem“, sagt Barbara Buchegger.
Wer sich dafür interessiert, was am und im Internet gefährlich ist, der kommt an ihr nur schwer vorbei. Buchegger ist pädagogische Leiterin der Plattform saferinternet.at. Eines von vielen Projekten, die das „Institut für angewandte Telekommunikation“, kurz ÖIAT, am Laufen hält.
2000 Workshops und Vorträge machen die Experten des ÖIAT jedes Jahr. Sie sind in Schulklassen unterwegs, unterrichten Lehrer, klären Eltern auf.
Ein absolutes Handyverbot ist, und damit wird ÖIAT-Chef Bernhard Jungwirth eine der zentralen Botschaften los, zumeist keine Lösung. „Handys, Tablets und das Internet sind Teil unseres Alltags, und sie werden das auch bleiben. Ähnlich wie beim Straßenverkehr müssen wir den Kindern einen verantwortungsvollen Umgang damit beibringen.“
Dazu gehört: Vorbild sein. „Wer als Erwachsener ständig mit dem Smartphone hantiert, sollte sich nicht wundern, wenn die Kinder dieses Verhalten annehmen“, sagt Jungwirth. Und dazu gehört auch, dass in den Familien intensiv über den Gebrauch von Smartphones gesprochen werden soll, was die Kinder auf und mit den Handys tun.
„Eines der größten Probleme ist, dass sich Eltern mit den Kindern nicht mehr auseinandersetzen. Tablet und Smartphone sind bequeme Babysitter“, sagt Expertin Buchegger. Wie Kinder und Eltern einen souveränen Umgang mit den digitalen Geräten lernen, soll in einem späteren Serien-Teil erklärt werden.
Ein Wort noch zu Teresa Fidalgo: Die Dame ist eine Erfindung von David Rebordão. Rebordão ist ein portugiesischer Filmemacher, der auf seiner Homepage einen kurzen Horror-Streifen mit Teresa als Hauptdarstellerin vertreibt. Ob das Kettenmail ein guter Marketing-Gag ist oder nicht, kann nicht zweifelsfrei gesagt werden. Am Ende ist es aber ohnehin egal. Zumindest für ein Kind, mit dem man nie darüber geredet hat.
Lesen Sie morgen: Wie Wiens erste iPad-Schule funktioniert – und was der intensive Einsatz von Tablets mit den Schülern anstellt.
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