Sebastian Kurz in Salzburg: "EU spielt keine große Rolle"

„Es findet ein Technologiewettkampf zwischen den USA und China statt, bei dem Europa leider keine große Rolle spielt“. Diese Einschätzung teilte Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz bei seinem ersten größeren Auftritt seit dem Ausscheiden aus der Politik im Dezember des Vorjahres beim Salzburg Summit der Industriellenvereinigung. Der Saal war während der knappen halben Stunde, die Kurz von Magenta-Chef Andreas Bierwirth befragt wurde, fast voll. Zeitweise fühlte man sich in die Regierungszeit von Kurz zurückversetzt, denn neben Kurz waren seine ehemaligen Minister Margarethe Schramböck, Elisabeth Köstinger und Gernot Blümel anwesend.
Blümel hat seinen Wohnsitz mittlerweile nach Zürich verlegt und arbeitet dort als Chef des Investmentkonzerns Superfund. Schramböck ist als Beraterin in IT-Fragen tätig. Anmerkungen zur heimischen Innenpolitik sparte sich der frühere Regierungschef.
"Es menschelt überall"
„Auch wenn ich immer Optimist bin“, so Kurz zur aktuellen Situation, „ist es wichtig, dass Europa als Standort attraktiv bleibt. Wir sind nicht deswegen so erfolgreich, weil wir hohe Lohnkosten haben, sondern weil wir diese durch unsere Exporte verdienen konnten.“ Das scheint Kurz in Gefahr zu sehen. „Es geht stark in Richtung Aufteilung der Welt in zwei große Blöcke, nämlich USA und China. Viele blockfreie Regionen profitieren davon. Wir derzeit definitiv nicht“, so Kurz. Seinen Wechsel von der Politik in die internationale "Wirtschaft beschreibt er als Verlassen der Komfortzone. „Ich entdecke viel Neues, das meiste außerhalb Europas“. Der Unterschied zur Politik? „Vieles ist ähnlich, es menschelt überall. In der Wirtschaft geht es aber mehr um das Was. In der Politik auch immer um das Wie. Also ist man gestanden oder gesessen, hat man Krawatte getragen oder nicht.“
Zur aktuellen Situation Europas mit dem Krieg in der Ukraine und der hohen Inflation äußerte sich Kurz zurückhaltend: „Es muss irgendwie gelingen, zu einem Waffenstillstand und zu Friedensverhandlungen zu kommen.“ Wann er einen möglichen Zeitpunkt dafür erachtet, wollte Kurz nicht nennen. Die Inflation müsse man mit Zinserhöhungen bekämpfen. Aber auch hier klang Kurz eher skeptisch: „Die US-Notenbank hat dafür mehr Spielräume, weil die EZB auf einzelne Länder, die unter Druck kommen würden, Rücksicht nehmen muss.“
„Putin-Kontakte richtig“
Schon am Vormittag hat Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel die bisherigen Beziehungen Österreichs mit Russland verteidigt: „Natürlich war es damals richtig, mit Putin zu reden. Und man wird mit Russland auch in Zukunft wieder reden müssen“, so Schüssel. Allerdings hätte man bei heimischen Energiequellen nicht Frackinggas mit einem Tabu belegen dürfen und schneller alternative Energien vorantreiben müssen. „Aber jetzt müsse man die Ukraine mit voller Kraft unterstützen“. Österreich und die EU müssten lernen, auf eigenen Beinen zu stehen. Und dazu „gehört neben der Energie und dem Handel auch das Militärische“.
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